Filmkosten und Kalkulationen im Hand­um­drehen analysieren und verstehen

Filmkosten Video Kalkulationen analysieren Muster Anleitung
Ein belastbares Filmbudget entsteht nie nur in einem Durchgang | © 3D-Kalkulator: Pavel Sokolov

In Teil 2 zu Voodoo-Accounting und Kostenwahrheit tauchen wir tiefer in die Materie der Filmkosten und Kalkulationen ein.

Teil 1 der Artikelserie zum Filmbudget und zur Darstellung von Handlungskosten (HU) und Gewinn hat sich mit der Art der Darstellung von Kosten in Budgets und Filmkalkulationen befasst. Richtwerte mit konkreten Filmkosten finden sich bei Filmpuls im Artikel Was kostet ein Film. Wir stellen uns die Frage, wie man ein Budget mühelos verstehen kann. Und wie mit Zahlen bei Anpassungen der Qualität korrekt umgegangen wird.

Das musst du wissen

  • Eine Analyse der Filmkosten beginnt nicht mit der Kostenanalyse. Zuerst ist es erforderlich, einen Katalog mit den wichtigsten Vorgaben zu erstellen, die das zukünftige Video erfüllen muss. Dazu gehören Wirkungsziele, Production Values, aber auch technische Vorgaben.
  • Im Rahmen der Kostenanalyse gilt es zu bedenken, dass Termine, Qualität und Budget einen Dreiklang bilden. Wird einer dieser Faktoren abgeändert, hat dies auf die restlichen zwei Komponenten eine Auswirkung.
  • In den Filmkosten können nebst den Kosten für die Infrastruktur und Gewinn auch Prämien für mögliche Risiken (Wetter, Versicherungen o. ä.) einkalkuliert sein.
  • Es gilt zu beachten, ob die Kosten für einen Film als Pauschale, oder zuzüglich Handlungskosten / Gewinn oder als Markup ausgewiesen sind. Je nach Art der Darstellung ist die Analyse mehr oder weniger aufwendig.

Die Analyse der Filmkosten

Der Preis für eine Marketing-Maßnahme mit Bewegtbild ist im Total der Videokalkulation einfach festzustellen, solange man über eine solche verfügt. Anspruchsvoller wird es, wenn man ein Budget nicht als notwendiges Übel und als simplen Kostenfaktor, sondern als Bauplan versteht – und als Bauherr hinter die Kulissen blicken möchte.

Was kosten Filme? Die korrekte Analyse einer Filmkalkulation beginnt nicht damit, das Kalkulationsschema in die Hand zu nehmen und zu studieren.

Die Analyse startet mit der Frage, welche Punkte für den geplanten Film relevant sind. Dazu muss man das Filmkonzept kennen. Wer nicht weiß, wonach er sucht, der stößt entweder zufällig auf Fundstücke beliebiger Art (oder schlimmer: Bruchstücke) oder findet gar nichts.

Darum sollte der Leser eines Filmbudgets, ungeachtet ob für einen Imagefilm, ein CEO Video oder sonst eine Filmart, sich folgende Fragen vorab stellen und sich – sei es allein oder mit fachkundiger Unterstützung durch einen Experten – die dazugehörigen Antworten eigenständig erarbeiten. Im Idealfall ist das keine große Arbeit, weil sich die Filmkosten bereits aus dem Briefing des Auftraggebers und dem Rebriefing oder der Offerte des Auftragnehmers herausziehen lassen.

Bewegtbild-Content

So erstaunlich es ist, wir erleben immer wieder Fälle, in denen ein Budget losgelöst vom herzustellenden Inhalt beurteilt wird. Wer den mit filmischen Mitteln umzusetzenden Aussagewunsch oder das zu verfilmende Storyboard nicht kennt, verwechselt die Produktion eines Filmes mit der Herstellung von Schrauben. Zugegeben, diese lassen sich nach Deutscher Industrien-Norm (kurz DIN) herstellen. Filme und Videos nicht.

Budget-Allokation

Die sogenannten Production Value im Film sind eines der größten Mysterien im Auftragsfilm. Sowenig sie bei Filmproduktionen einer einheitlichen Definition folgen, so häufig werden sie als Argument in Budgetdiskussionen gebraucht und als Filmkosten missbraucht. Wir verwenden den Begriff in diesem Artikel und im Zusammenhang mit Filmkalkulationen als Teil der Produktqualität:

Production Values sind diejenigen Treiber, mit denen das angestrebte Qualitätsziel einer Bewegtbild-Kommunikationsmaßnahme mit optimalem Einsatz der Ressourcen erreicht wird.
Kristian Widmer

Mit anderen Worten: es geht um Budget-Allokation.

  • Wo setzen wir (immer mit Blick auf das vorgegebene Filmkonzept) welche Mittel mit welchem Effekt ein?
  • Ist es sinnvoll, in die Darsteller zu investieren?
  • Oder in digitale Effekte? Oder besser in den Soundtrack?

Im Idealfall sind für alle wichtigen Positionen genügend Ressourcen da.

Leider gibt es den Idealfall nur im Film, nicht beim Film. Wer lange genug in der Filmbranche tätig ist, weiß, was auch Exponenten im Spielfilm kolportieren: Kein Budget ist hoch genug, um alle Wünsche des Regisseurs zu erfüllen.

Wer seine zu kommunizierenden Inhalte kennt, sollte über die Allokation der Mittel nachdenken. Welche Schwerpunkte sind in der Kalkulation zu setzen, damit man die Qualitätsvorgaben erreicht?

Qualitätsvorgaben entstehen meist aus einem Benchmarking. Welche Qualitätsstufe nutzt der Mitbewerber und welche geschätzte oder bekannte Wirkung erreicht er damit? Anders als die Zuordnung der Ressourcen innerhalb eines Budgets betrifft die Qualitätsvorgabe die Kalkulation als Ganzes. Sie bestimmt, auf welcher Stufe ein Video angesiedelt wird. Sie besagt, ob High End oder Low-Budget.

Termine

Die Herstellung von Bewegtbild-Content orientiert sich nicht nur an Qualitätsvorgaben und Budgetwerten, sondern auch an Terminen. Sportliche Terminvorgaben werden mit tieferer Qualität oder, wenn die Qualitätsvorgabe sakrosankt ist, mit höheren Filmkosten kompensiert. Darum gehört immer auch ein Terminlayout zur Budgetanalyse.

Risiken

Filme sind Projekte. Alle Arten, ob CEO-Videos, Imagefilme, Werbevideos oder Produktfilme. Projekte haben ein anderes Potenzial zur Generierung von Risiken als standardisierte, von der Industrie seriell herstellbare Produkte. Vor dem Studium der Zahlen sind die Risiken in Worte und Zahlen zu fassen. Nur so kann man feststellen, ob überhaupt an kritische Erfolgsfaktoren gedacht wurde und wie und wo diese in der Kalkulation eingespeist sind. Klar muss sein: realisiert sich ein Risiko, muss es jemand tragen. Ob budgetiert oder nicht.

Für die Filmkosten ist die Drehzeit ein wesentlicher Faktor |  Dreharbeiten Werbefilm
Dreh-Probe im Studio. Auch die Vorbereitungszeit mit Regie und Darsteller schlägt sich auf die Filmkosten nieder. | Dreharbeiten Werbefilm, © Foto: zVg

Was in den Filmkosten enthalten sein muss

Die Antwort auf die Frage, welchen Detaillierungsgrad ein Budget ausweisen sollte, ist so vielfältig wie die Art der Filmprojekte. Die einzige korrekte Antwort lautet: Es kommt darauf an.

Kennzeichnend sind nicht nur die Größe und das Genre des Filmvorhabens und die allenfalls schon im Rahmen des Briefings kommunizierten Vorgaben, sondern auch die Art der Beauftragung. Wer mit Pauschalbudget arbeitet, erwartet nicht zwingend die gleichen Informationen wie bei einer Projektabwicklung im Markup-Modus.

Wie Notenlesen

Die Budgetanalyse gleicht dem Lesen einer Musik-Partitur für ein klassisches Orchester-Stück. Du hast das angestrebte Publikum vor Augen, weißt um die Fähigkeiten eines professionellen Orchesters und seiner Solisten, erkennst das Thema, die Variationen und freust dich über geniale Lösungen. Aber was tut der Mensch, der nicht einmal einen Notenschlüssel aus dem Gedächtnis zeichnen kann? Diesem geht es ähnlich wie dem Empfänger eines Filmbudgets, der von keinerlei Erfahrungswerten profitieren kann!

Zwei Tricks bringen dich trotzdem ans Ziel:

Nutze die vorgehend unter Punkt 1 aufgeführten Erläuterungen zur Formulierung entsprechender Fragen und lasse dich sich vom Anbieter durch die Kalkulation führen.

Oder aber bitte den Ersteller der Kalkulation nicht um Auskunft zu einzelnen Werten, sondern um Erläuterung und Darstellung der sich wechselseitigen bedingenden Abhängigkeiten der einzelnen Budgetposten. Du erkennst damit schnell auch die Kompetenz, die in der Kalkulation und hinter der Kalkulation steckt.

Filmkosten Online bestimmen

Mit dem Online-Rechner von Filmpuls lassen sich Richtwerte für die Preise für ein Video einfach bestimmen. Länge und Genre eingeben und der Rechner zeigt sowohl einen Richtwert für die Kosten, als auch den für die Produktion erforderlichen Zeitraum. Dies rückwärts gerechnet ab dem Zeitpunkt, auf den das filmische Werk fertiggestellt sein muss.

Jedes Budget und jeder Budgetposten muss erklärbar sein. Unaussprechliches zu schaffen gehört nicht in das Aufgabenfeld des Herstellungsleiters und Produktionsleiters, sondern ist das Privileg des Regisseurs, dessen künstlerisches Bestreben es sein darf oder sogar sein muss, mit seinem Talent mehr als die Summe der Einzelteile entstehen zu lassen.

Zielkosten-Budgetierung

Die in einem anderen Beitrag erwähnte „Rückwärts-Kalkulation“ (englisch als Reverse Budgeting bekannt) verhindert auf elegante Weise die vorgenannten drei Effekte in der Budgetanalyse. Zugleich, und fast wichtiger, lenkt diese Art des Umgangs mit einem Filmbudget (und ebenso bei der Diskussion von Filmkalkulationen für Bewegtbild) den Fokus auf Qualität und die dazugehörige Allokation der Produktionsmittel.

Filmkosten: Zusammengefasst

Abschließend ist auf das Fazit von Teil 1 dieser Serie zum Thema Handlungskosten, Gewinn und Markup zurückzukommen: Dort wurde die Meinung vertreten, dass wer seine Budgets durch den Fleischwolf drehe, folgerichtig auch Würste zu erwarten habe. Während sich an diesem Umstand grundsätzlich nichts ändert, gilt es der guten Ordnung halber ergänzend beizufügen, dass auch Würste in allerhöchster Qualität hergestellt werden können, und dazu zwingend ein Fleischwolf notwendig ist.

Würste und Filmkalkulationen haben insofern eine große Gemeinsamkeit in fast schon philosophisch anmutender Dimension: wo die Erwartung von Beginn weg (durch den Kunden) zusammen mit den Filmkosten (hier steht der Produzent in der Pflicht) offen kommuniziert wird, ist (fast) alles möglich.

Abgeschlossen wird die Serie zur Budgetierung mit Teil 3 und Praxis-Beispielen (Link: Videokalkulation) zu drei mühelos vermeidbaren Stolpersteinen in der Adaption von Kalkulationen. Zur Definition «Was ist ein Video?» gibt es bei Filmpuls einen eigenen Artikel. Dieser erläutert die Unterschiede und Geschichte hinter diesen beiden Begriffen.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 23.02.2016

Maurus Eugster 4 Artikel
Maurus Eugster ist Leiter Finanzen und Mitglied der Geschäftsleitung der Condor Films AG.

1 Kommentar

  1. Sehr cool: „Schwierig wird es aber, wenn man ein Budget nicht als notwendiges Übel versteht…“ – direkt auf den Punkt!!

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