Im Internet tummeln sich aktuell rund 1’354’000 Unternehmen allein aus Europa, die sich als professionelle Filmproduktionen oder Videoproduktionen bezeichnen. Wie aber kann herausgefunden werden, welches der bestmögliche Partner mit Kompetenz ist?
Die große Anzahl von, zumindest in Theorie, verfügbarer Produktionspartner macht die Wahl einer kompetenten Videoproduktionsfirma oftmals schwierig. Oder sogar zur Qual. Und manchmal sogar zum Blindflug. Das muss nicht sein! Hier findest du eine Liste mit Punkten, anhand derer du die Kompetenz deines Produktionspartners besser einschätzen kannst.
Die kompetente Evaluation eines Produktionsunternehmens
Ganz vorn bei der Evaluation der Kompetenz einer Produktionsfirma steht in der Regel die Visionierung bisheriger Arbeiten (Showreel), meist ergänzt mit einem Blick auf den Werdegang und die Reputation des Unternehmens. Kommt es dann nach der ersten, zahlen-basierten Kick-Out-Runde und auf Basis von Richtofferten zum persönlichen Austausch mit möglichen Kandidaten für eine Zusammenarbeit, wird es für den Auftraggeber anspruchsvoller.
Nicht, weil diese Sitzungen zum gegenseitigen Kennenlernen oftmals unangenehm sind. Sondern, weil viele Producer ungewöhnlich nette und überdurchschnittlich charismatische Menschen mit großen kommunikativen Fähigkeiten sind. Dass dem so ist, hat seine Gründe. „Verkaufen können“ gehört zum Berufsbild des Produzenten im Auftragsfilm. Aber so wie ein gigantisch großer Flachbildschirm-TV ein langweiliges Video nicht attraktiver macht, sind Worte gleichbedeutend mit Kompetenz.
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Wer nicht mit Fachwissen zu überzeugen vermag, produziert mit seiner Firma keine Filme und bleibt nicht lange im Geschäft. Wie aber lassen sich, sinnbildlich gesprochen, nach dem Abarbeiten der Standardliste (Showreel, Recherche, Richtbudget) die weiteren, wirklich erfolgsrelevanten, Kompetenzen beim Erstkontakt erkennen?
Die Kompetenz zur Erkennung von Inkompetenz
Dieser Artikel listet, in nicht gewichteter Reihenfolge und ohne Anspruch auf Vollständigkeit, eine Auswahl weiterer wichtiger Kriterien auf, die auf der Suche nach Filmproduktionsfirmen und Videomachern, ergänzend zu Showreel und Reputation, von Bedeutung sein können.
Impulse und wichtige Hinweise auf Professionalität und Kompetenz findest du auch mit den Fragen und Ergebnissen der Filmpuls-Umfrage: Wie reagiert eine Videofirma bei der Anfrage für eine Offerte?
Problemlösungskompetenz
Jeder Film ist ein Projekt. Jedes Projekt bringt Überraschungen mit sich. Erfreuliche und weniger erfreuliche. Wurden die Projektrisiken schon zum Projektstart, oder noch besser parallel zur Konzeption und mit dem Setzen der Projektparameter, sorgfältig evaluiert und diskutiert, so stehen für jeden Fall (zumindest gedanklich) unterschiedliche Szenarien bereit. Wer wie Filmemacher und Videokünstler im Projektgeschäft wirklich zu Hause ist, beherrscht die Szenario-Technik im Schlaf. Siehe dazu auch: Wie viele Entscheidungen benötigt ein Film oder Video.
Ein Problem lässt sich nie nur auf eine Art lösen. Wer das behauptet, hat entweder keine Optionen geprüft oder ist nicht in der Lage dazu. Argumente wie „So macht man das eben …“ oder „Es geht halt nicht anders“ zeigen keine Kompetenz, sondern sind meist nicht mehr als billige Ausreden. Bei der Filmproduktion und bei der Herstellung von Videos, ungeachtet ob Spielfilm oder Imagevideo, verhält es sich wie im Leben: komplexe Probleme sind selten mit eindimensionalen Lösungen aus der Welt zu schaffen.
Erfahrungskompetenz
Wer in seinem Metier sattelfest ist, scheut sich nicht (oder nur selten) davor, seine Erfahrungen und Kompetenzen mit Berufskollegen und Kunden zu teilen, sondern freut sich größtenteils über jeden Austausch und jede Chance, die eigenen Erfahrungswerte auf den Prüfstand zu stellen. Jeder große Film ist ein Universum und jeder Produktfilm ein maßgeschneiderter Schuh. Jeder Film und jedes Video ist die Summe aus einer Vielzahl von unterschiedlichsten Erfahrungen der Macher. Ob mit Logik und argumentiert oder offen deklariert als Bauchgefühl: Erfahrungen sind eine unbezahlbare Entscheidungshilfe auf allen Stufen der Wertschöpfungskette für die Bewegtbildproduktion.
Einen breiten Erfahrungsschatz zu besitzen bedeutet, viel erlebt zu haben. Wer viel erlebt hat, der besitzt immer auch Erfahrungsmacht. Wer seine Erfahrung jedoch dazu einsetzt, um andere Projektbeteiligte zu verunsichern, schwächt sich. Sei es aus taktischen Gründen bei einer Vertragsverhandlung oder zur Stärkung des Egos und der eigenen Machtposition in einem Filmteam: Filmarbeit ist immer Teamarbeit. Gleichgültig, ob CEO-Videos, ein Imagefilm oder Werbevideos realisiert werden. Jede Erfahrung ist die Summe der Arbeit einer Vielzahl von Personen. Erst durch den Abgleich mit anderen Blickwinkeln wird die eigene Erfahrung von der Subjektivität befreit und richtig wertvoll.
Talent
Talent hat man oder man hat es nicht. Talent hat nichts mit Gerechtigkeit oder Kompetenz im eigentlichen Wortsinn zu tun. Talent lässt sich nicht durch demokratische Abstimmungen bestimmen oder als Ehrenamt vergeben. Eine der tiefgründigsten Definitionen für den Begriff Talent stammt vom alten Goethe: Das Talent des Künstlers, so der Dichterfürst, sei die Macht, «Unaussprechliches» zu schaffen.
Auch wenn Ed Wood und viele krude B-Movies heute Kult sind, unaussprechlich an diesen Werken ist nur eines: die Absenz von künstlerischem Talent. Was bei einem Machwerk wie „Attack of the Lederhosen-Zombies“ als durchgeknallte Unterhaltung durchgehen mag, bewirkt im Genre Auftragsfilm das Gegenteil: Der Zuschauer spürt bei Filmen, die vom Regisseur „zusammengenagelt“ und vom Editor im Schnitt zu einer Handlung verschraubt wurden, sofort die Intention des Absenders. Und quittiert den talentfreien Angriff auf seine Geldbörse und seine Intelligenz mit dem stärksten möglichen Mittel des Konsumenten: der Verweigerung.
Know-how
Je kontrollierter ein Kommunikationswunsch transportiert werden soll, desto größer ist die Zahl der dazu notwendigen Spezialisten. Ein Spezialist, der Name sagt es, kann kein Generalist sein. Der Generalist, der (theoretisch) alles wissen würde, wäre kein Generalist mehr, sondern ein Spezialist. Ungeachtet ob Spezialist oder Generalist bleibt sich bei professionellen Exponenten beider Gattungen eines gleich: das Bewusstsein, dass man nicht alles wissen kann. Erst die Fähigkeit zum Eingeständnis vor sich selbst und der Welt, dass man nicht Superman, sondern auch nur ein Mensch ist, zeigt den professionellen Umgang mit Fachwissen und Kompetenzen. Denn: Wissenslücken, die aktiv benannt werden, können gefüllt werden.
Zeigt sich Unwille, etwas Neues zu lernen (oder noch schlimmer: dominiert die Unfähigkeit, seinen Wissensstand auf den neuesten Stand bringen) wird es schwierig. Technische Revolutionen haben die Branche seit jeher wie Tsunamis überrollt (vom Stummfilm zum Tonfilm, vom Analogfilm zum Video zum Digitalvideo). Die Disruption ist längst noch nicht abgeschlossen. Sich konstant neues Fachwissen zu erarbeiten, wird auch in der Bewegtbildkommunikation zum überlebenswichtigen Erfolgsrezept. Wer anderes behauptet kann entweder Hellsehen oder hat wenig Verstand. Im Autorenfilm wurde lange Jahre über die von einem Journalisten aufgestellte Behauptung „arm filmt gut“ gestritten. Unstrittig ist: Dumm filmt nicht gut, sondern nach dem Zufallsprinzip. Und dafür sind die meisten Filme zu teuer.
Technikkompetenz
So faszinierend und erstaunlich die Innovationen sein mögen: Technik ist im Film, wie der Text in der Sprache, immer nur das Mittel zum Zweck. Ohne Zweifel benötigt Technik ein gerütteltes Maß an Kompetenz. Allerdings: Die Technik dient zuerst einmal zum Transport von Informationen und Emotionen. Für den Einsatz eines technischen Produktionsmittels gibt es bei guten Produzenten und Produktionsfirmen daher immer einen erklärbaren, nachvollziehbaren Grund.
Wer nur über Kompetenz im technischen Bereich und über die Möglichkeiten der Technik spricht, fokussiert als Produzent auf die falschen Schwerpunkte. Zugegeben: Es gibt Videos und Wirkungsziele, die nur dank der Technik umsetzbar werden. Fundiertes Wissen in diesem Bereich ist erwünscht, erforderlich und notwendig. Schließlich müssen Bilder und Ton nach der Bearbeitung digital bearbeitet werden, von den Möglichkeiten der 2D- und 3D-Animation gar nicht zu sprechen. Wer aber als Produzent sein Technikwissen zu sehr in den Vordergrund stellt, der riskiert schnell einmal den Verdacht, dass er dahinter fehlendes inhaltliches oder dramaturgisches Wissen verbergen will. Netflix-Kameramann Adrian Teijido erklärt in einem lesenswerten Interview: „Der beste Rat, den ich einem jungen Kameramann geben kann, ist: Versuche dich von der Technik zu befreien und denke als Storyteller.“
Fairerweise muss allerdings auch gesagt werden: nicht nur im Bereich der Filmformat und Videoformate herrscht ein babylonisches Kunterbunt an Begrifflichkeiten. Insofern gilt nicht nur für den Film an sich, sondern auch für die mit der Herstellung verbundenen Prozesse und Wörter: Nachfragen und genau hinsehen verhindert Missverständnisse.
Zusammengefasst
Das musst du wissen
- Es liegt im Berufsbild eines Producers, überzeugen zu können. Wer es nicht kann, bleibt nicht lange im Geschäft. Weil aber Führen und Verführen nahe beieinander liegen, ist die Wahl allein über die Person gefährlich.
- Auch das Ansehen von Showreels ist nur eine bedingte Hilfe. Damit abschätzen, ob ein Video unter reibungslosen Bedingungen entstanden ist, lässt sich nicht. Gute Kapitäne erkennt man nicht anhand einer Schönwetterfahrt.
- Es empfiehlt sich darum, auf folgende Aspekte ebenfalls sein Augenmerk zu legen: Die Fähigkeiten zur Problemlösung, die Erfahrung mit vergleichbaren Aufgaben, den Umfang des Fachwissens, die technische Kompetenz und nicht zuletzt auf das Talent der Beteiligten, die beim geplanten Projekt eine künstlerische Schlüsselrolle einnehmen.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 24.01.2017
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