In der guten alten Zeit gab es nur den Werbespot für die Produktwerbung im Kino und im TV, den Imagefilm und den Produktfilm als Alternative für alle anderen Zwecke. Bis YouTube und soziale Medien, die über Jahrzehnte bewährten Formen des Konsums von Film und Video über Nacht alt aussehen ließen.
In einer non-linearen Welt hat der herkömmlich gebaute Unternehmensfilm nichts mehr zu melden. Es gibt bessere und effizientere Alternativen, um mit Bewegtbild Wirkung zu erzielen!
Ein Greis aus der vordigitalen Zeit
Ändert der Fluss das Flussbett? Oder zwingt dieses dem Fluss den Weg auf? Niemand wird bestreiten wollen, dass beide Elemente, Fluss und Flussbett, sich wechselseitig beeinflussen. Für Bewegtbild und Distributionskanäle gilt das ebenso. Darum müssen Imagevideos abgeschafft werden! Der Imagefilm ist ein debiler Greis aus der vordigitalen Zeit.
Das Problem des alten Kriegers Imagefilm beginnt damit, dass die Wahrnehmung einer Sache nicht statisch, sondern dynamisch ist. Diese Dynamik hat durch die Digitalisierung und nicht zuletzt dank Social Media markant zugenommen. Bewegte Bilder, Informationen und Emotionen sind ubiquitär geworden.
Aber damit nicht genug.
Noch immer setzt sich das «Image», ob auf Stufe Marke, Produkt oder Unternehmen, aus der Summe einzelner Ansichten zusammen. Die Anzahl dieser Einzelteile, die Ende den „Ruf“ begründen, ist mit den Neuen Medien geradezu explodiert. Gleichzeitig haben das Tempo und die Frequenz, in dem sich positive wie negative Wahrnehmung verbreiten, radikal zugenommen. Imagefilme haben sich diesen neuen Ansprüchen zu stellen.
Der Kaiser aus dem Märchen von Hans Christian Andersen kauft seine neuen Kleider auch schon wieder nicht mehr bei H&M. Er lässt sie sich von Zalando liefern und wird sie morgen im eigenen 3D-Printer selbst herstellen. Alles bleibt anders.
Kann und darf man vor dieser Dynamik ein, in seinen Gelenken schon etwas steif geworfenes, Streitross in den Kampf werfen, um die Schlacht um Aufmerksamkeit zu gewinnen?
Der Imagefilm
Das klassische Imagevideo einer Filmproduktion hat zwei Aufgaben: Er soll, wie der Name es besagt, ein Image verstärken, ändern oder aufbauen und – mit einer geschickten Strategie zur Distribution – diese Wahrnehmung bekannt machen. Beide Faktoren, Image und Bekanntheit, sind für den Absatz von Produkten oder Dienstleistungen unverzichtbar.
Der Auftragsfilm alter Schule muss aus diesem Grund ein Alleskönner sein. Er erklärt die Essenz und geht in die Tiefe, um gleichzeitig auch in großen Bögen zu denken. Und muss, weil die Einstellung (gemeint ist damit der psychologische Begriff, nicht die filmtechnische Einstellung) zu einem mehrheitlichen Teil auf Emotionen beruht, mit Fakten und Gefühlen jonglieren können.
Die Komplexität dieses Mix gelingt nur mit enorm viel Fachwissen, Erfahrung und Talent. Einfach mal abfilmen genügt beim Imagefilm erstellen nicht. Imagefilme gehören nicht in die Hände von Jungfilmer und unerfahren Anbietern. Dieses No-Go hat diese Art Video immer schon teuer gemacht. Aber selbst wenn in Zeiten restriktiver Mittel das Budget für einen „schönen“ Film vorhanden ist, kann dieser im aktuellen Medienumfeld seinen Zweck noch erfüllen?
Ja, er kann. Aber nur, wenn der Imagefilm schärfer definiert und in einer präziseren und modernen Form gedacht und gestaltet wird.
Eine Alternative ergibt dann Sinn, wenn sie die gleichen Ziele in der Kommunikation besser erfüllen kann. Besser heißt: näher am Zuschauer, günstiger, flexibler, was zukünftige Updates betrifft oder authentischer.
Aktuell gibt es dafür 5 Alternativen:
Alternative 1 zum Imagefilm: Corporate Kurzfilm
Viele Imagefilme versuchen sich hinter einer Geschichte zu verstecken. So ganz traut man dem sorgsam erarbeiteten Katalog aus Schlagwörtern für Film-Briefing (Nachhaltigkeit, Kundenorientiertheit, Innovationskraft etc.) dann doch nicht. Videos dieser Bauart haben eine Gemeinsamkeit: man spürt als Zuschauer die Absicht und ist … – verstimmt!
Erfolgversprechender ist es, von Beginn weg auf das Erzählen einer Geschichte zu fokussieren und den Imagefilm offen als Kurzfilm anzulegen. Ob real oder fiktional, jede Geschichte fußt in einem weit größeren Umfang, als dies der Laie vermuten mag, auf Werten und dem Erreichen von Zielen.
Ein kurzes Filmformat bietet für Bewegtbild-Content im Web vielfältige Möglichkeiten: Die Herstellung kann mit Fotos und Videoclips begleitet werden. Serielle, kurze Interviews mit Protagonisten, Machern und Auftraggeber, Trailer und Making-of können über Wochen das Interesse am Kurzfilm wachhalten und gleichzeitig wertvolle Zusatzinformationen kommunizieren.
Alternative 2: Corporate Reportage-Video
Jeder Film hat eine Erzählperspektive. Allein der Blickwinkel, sowohl derjenige des Autors wie später des Regisseurs und Kameramanns, sind gewählt und damit immer subjektiv.
Die Reportage macht die Wahl des Blickwinkels zum Prinzip. Sie fragt („will ich wissen“) und deklariert den Gegenstand ihrer Neugierde offen als Prämisse.
Reportagen sind redaktionell eine anspruchsvolle Sache. Ihre Umsetzung ist dafür weit weniger aufwendig als beim traditionellen Dinosaurier Imagefilm oder beim Kurzfilm. Das erlaubt es, auch bei überblickbaren finanziellen Mittel die notwendigen Ressourcen auf die sorgfältige Erarbeitung der mit Film oder Video zu transportierenden Emotionen und Informationen zu legen.
Für soziale Kanäle kann eine Reportage unterschiedlich angegangen werden. Mehrteilige Reportagen zu einem Thema (monothematisch) sind ebenso möglich wie eine Serie mit Reports zu unterschiedlichen Themen.
Alternative 3: Corporate Video-Dokumentation
Die Dokumentation verfolgt einen objektiveren Ansatz. Anders die Reportage, die einer Frage oder Themenfeld nachspürt und dabei Gefühle des Erzählers sichtbar werden lassen darf.
Die Dokumentation beobachtet. Sie sieht hin und zeigt, was ist. Emotionen entstehen dabei nicht beim Erzähler, sondern beim Betrachter. Die Unternehmens-Dokumentation ist eine der authentischsten Formen, um einem Unternehmen ein Gesicht zu geben.
In der Aufbereitung für Neue Medien stehen der Dokumentation die gleichen Möglichkeiten wie der Reportage offen.
Alternative 4: modulares Corporate Video
Seriell und modular können nicht nur Reportage und Dokumente sein, sondern grundsätzlich jede Art von Videos. Immer vorausgesetzt, bei Corporate Videos werden zwei Bedingungen werden berücksichtigt.
- Inhalte müssen sich für eine natürliche Aufbereitung in Kapiteln eignen. Einzelne Segmente müssen als solche konsumierbar sein, ohne an Attraktivität einzubüßen.
- Oder der als Einzelstrang zu erzählendem Inhalt lässt sich mit Cliffhanger in einzelne Module trennen.
Als Cliffhanger wird der dramaturgische Kniff bezeichnet, der am Ende des Moduls eine Frage stellt oder dem Zuschauer eine Situation präsentiert, zu deren Lösung er die nächste Folge ansehen muss.
Alternative 5: 360-Imagefilm
Virtuelle Realität (VR) lässt sich auch zu Imagezwecken nutzen. Dabei geht die als Trend geltende Technologie mit dem Inhalt im besten Fall synergetisch Hand in Hand. 360-Imagevideos können zudem, ohne an Interaktivität zu verlieren, auf allen an Reichweite starken Plattformen eingesetzt werden. Darauf setzten auch die ganzen Großen im Videogeschäft: mit der YI HALO 360-Grad-Kamera von Google mischt im 360-Film nun verstärkt auch das Tochterunternehmen der Alphabet Inc., Google, die Karten neu.
360-Imagefilme wirken wie alle Videofilme immer dann am stärksten, wenn sie Situationen akzeptieren und nicht zu einer Geschichte umbiegen wollen. Es gibt keinen Zwang zum Corporate Storytelling. Auch ein einziger interaktiver Blick kann durch Einsichten vorbestehende Ansichten zu einer Sache ändern. Wo interessante und visuell reizvolle Dinge zu entdecken sind, kann die Rundum-Sicht, ob als Livestream in Echtzeit im Internet zugänglich oder ob als gut gemachtes 360-Video, in Bezug auf Wirkung und Authentizität unschlagbar sein.
Fazit zum Imagefilm
Das Internet macht Videos nicht besser oder schlechter. Nur anders. Davon ist auch der klassische Imagefilm betroffen.
- Imagefilme beruhen auf dem Irrtum einer statischen Weltsicht. Sie besagt, dass ein Unternehmen alle paar Jahre mit Bewegtbild das eigene Firmenimage kommunizieren sollte.
- Statt erhebliche Mittel in einen Imagefilm zu investieren, empfiehlt es sich, auf serielle Videos zu setzen. Diese können ebenso Werte transportieren, aber als modulare Maßnahme fortlaufend an die Realität angepasst werden.
- Der Imagefilm hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Er soll Gefühle mit einer Marke verbinden, darf aber oftmals nicht auf Emotionen setzen.
- Es gibt viele Videoformate, welche Informationen und Identifikationsflächen eleganter verknüpfen und damit Botschaften effizienter transportieren.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 21.03.2017
Sehe ich exakt so! Allerdings mit dem Unterschied, dass auch Imagefilme genau das können. Gerade bei sehr hochpreisigen Produkten oder Leistungen, kann ein authentisches Image sehr wichtig sein. Vor allem in Branchen, wo von Kundenseite kein sonderlich großes Interesse besteht, seriell immer und immer wieder dieselben Informationen zu bekommen. Da kann ein glaubwürdiger Imagefilm über einen langen Zeitraum, sehr gut Vertrauen zu den Ansprechpartnern und Mitarbeitern im Unternehmen aufbauen. Der Vertrieb kann dann ja immer noch zusätzlich kurze Videoclips zur Verkaufsförderung verstärken.
Interessante Behauptung, dass der Imagefilm die schlechtere Alternative sei. Dass diese aus der vordigitalen Zeit seien, finde ich ein wenig überholt. Imagevideos haben ihre Daseinsberechtigung und sind heutzutage gerade für Unternehmen sehr vorteilhaft.