Warum das Film Treatment bei der Stoff­ent­wicklung eine Haup­trolle spielt

Film Treatment Serien Synopsis schreiben
Das Treatment ist die Brücke zwischen der Ideenskizze (Exposé) und dem Drehbuch | © Illustration: Pavel Sokolov

Ob ein Autor eine Geschichte für Film, Fernsehen oder eine TV-Serie schreiben und erzählen kann, zeigt sich beim Treatment. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.  Die Synopsis ist das Scharnier zwischen Exposé und Drehbuch. Trotzdem ist es oftmals ein wenig geliebtes Stiefkind der Stoffentwicklung. Dennoch ist seine Funktion enorm wichtig. Dieser Artikel erklärt, warum.

Ein Treatment bietet eine Übersicht über die Filmhandlung. Es wird auch als Synopsis eines Kinofilms bezeichnet. Anders als das Exposé ist es mehr als nur eine Zusammenfassung. Als ausgeschriebene Kurzgeschichte gießt es das Storyforming in Storytelling. Nicht mehr nur, was erzählt wird, ist entscheidend. Auch wie es erzählt wird, spielt in dieser Kurzform eines Drehbuchs eine wichtige Rolle.

Was bedeutet Film Treatment?

In einem Treatment präsentiert seinem Leser alle wichtigen Elemente des späteren Spielfilms. Dazu zählen die Hauptfiguren, der Verlauf der Handlung, die Wendepunkt (Turning Points), die Schlüsselszenen der Story und die wichtigsten Schauplätze. Im Unterschied zum Drehbuch fehlen die Dialoge. Es ist allerdings möglich, dass einzelne Filmszenen als Muster bereits als Anlage in Drehbuchform der Synopsis beiliegen.

Das Filmtreatment ist die zweite Phase von insgesamt drei Stufen der professionellen Drehbuchentwicklung:

  • Exposé
  • Treatment
  • Drehbuch

Grafik 1: die drei Stufen des Film-Developments

Die gestaffelte Vorgehensweise in drei Phasen stellt in der professionellen Filmstoffentwicklung sicher, dass bei einer Richtungsänderung – oder schlimmer: bei einer Absage oder Einstellung des Projekts – das Risiko überschaubar bleibt. Erst nach Freigabe einer Phase wird der nächste Schritt vom Autor an die Hand genommen.

Ein Film Treatment hat vier wichtige Funktionen. Diese sind:

  1.  Standortbestimmung:

    Das Treatment ist eine wertvolle Standortbestimmung für den Autor selbst. Es verschafft ihm – anders – als das Exposé, erstmals eine Übersicht über die gesamte Filmerzählung. Damit werden auch Stärken und Schwächen der Handlung sichtbar. Möglicherweise zeigt sich, dass an diesem Punkt der Stoffentwicklung ein Script Doctor oder Dramaturgie aus Außensicht eine entscheidende Hilfe zur Qualitätssteigerung bieten kann. Auch wenn es ungewöhnlich klingen mag: Eine Synopsis kann auch auf Basis eines schon bestehenden Drehbuchs verfasst werden. Dann bekommt es die Funktion eines Tools zur Analyse. Denn durch die rückwärtige Reduktion wird klar, wo allfällige Mängel liegen und was in einem nächsten Schritt verbessert werden muss.

  2. Diskussion mit Produzenten, Produktionsfirmen, Regie und Stars

    Die Synopsis ermöglicht eine fundierte Diskussion über den geplanten späteren Kinofilm. Sei es mit Produzenten als Auftraggeber für das Drehbuch und zum Verkauf der Filmrechte an der Story, mit Schauspielerin, die frühzeitig in das Projekt eingebunden werden müssen, oder mit der Regie als Sparringpartner beim Autorenfilm.

  3. Als Werkzeug für einen Pitch

    Nicht nur Produktionsfirmen entscheiden sich auf Basis eines Treatments, die Rechte an einer Filmidee zu erwerben oder ein Drehbuch in Auftrag zu geben. Wo die Frage einer Drehbuchfinanzierung durch öffentliche Förderstellen im Raum steht, bietet die Synopsis als Dokument für den Filmförderer eine wertvolle Orientierungshilfe über das spätere Filmvorhaben

  4. Als Basis für das Drehbuch:

    Sind sich alle Beteiligten über die Ausgestaltung des vorliegenden Treatments einig, bildet diese eine verbindliche Grundlage für die Drehbucharbeit. In einem Autorenvertrag als Basis für das Drehbuch festgelegt, besitzt die Synopsis für den Autor auch eine Absicherungsfunktion. Damit sind grundlegende Irrtümer über den Verlauf und die Gestaltung der Filmstory ausgeschlossen.

Gelesen wird eine Synopsis in der Regel von erfahrenen Fachpersonen. Aus der Unterhaltungsindustrie. Das sind Produzenten, Regisseure, Filmförderer, Filmverleiher oder Schauspieler. Bei diesen Parteien wird ein Interesse für eine Zusammenarbeit abgefragt.

Meistens bekommst du zuerst einen Auftrag für ein Exposé. Oder du schreibst dieses auf eigenes Risiko. Überzeugt deine Filmidee als grobe Skizze, bekommst du in der Regel als Nächstes den Auftrag für ein Treatment. Erst wenn dieses für gut befunden wird, erhältst du den Auftrag für das Drehbuch.

Wie lange muss ein Film Treatment sein?

Es gibt keine zwingende Länge für ein Film-Treatment.

Wenn du ein Treatment ohne Auftrag schreibst, willst du es kurz halten. Die richtige Länge dafür sind ungefähr zehn Seiten. Dazu wählst du einen normalen Zeilenabstand, dieser ist 1 PT, nicht 1.5.

Schreibst du im Auftrag für eine Produktionsfirma oder sogar einen TV-Sender, der ein TV Movie will, gibt es nur einen richtigen Weg zur Bestimmung der Länge: Du fragst nach, wie viele Seiten von dir als Synopsis erwartet werden. Dasselbe gilt, wenn du das Treatment für eine Förderung oder einen Drehbuchwettbewerb eingegeben werden soll.

Zusammengefasst, gilt für die Länge eines Treatments:

  • Eine Länge von 1–10 Seiten ist ideal für einen ersten Eindruck.
  • 10–20 Seiten reichen für ein detaillierte, professionelle Synopsis.
  • Alles, was mehr als 20 Seiten ist, gilt als extrem detailliert. Hier musst du gut überlegen, ob du diesen Reichtum an Details dem Empfänger zumuten willst.

James Cameron, Regisseur von Blockbustern wie Avatar und Titanic, verfasst seine Treatment normalerweise mit einer Länge von 70 Seiten.

Wie schreibe ich ein Film Treatment?

Nebst den Herausforderungen, welche jede Entwicklung einer Story mit sich bringt, besitzt das Schreiben eines Film Treatments noch eine zusätzliche Herausforderung. Es gilt, für die infrage stehende Geschichte den richtigen, ganz individuellen Mix zwischen Ausführlichkeit und Kurzform zu finden. Ist die Synopsis zu kurz, werden die Eigenheiten der Handlung nicht eindrücklich und prägnant genug transportiert. Übersteigt umgekehrt der Seitenumfang ein gewisses Maß, wird das Treatment nicht zu Ende gelesen, langweilt durch Verzettelung oder entspricht nicht den Eingaben einer Förderstelle.

Was gehört zum Inhalt einer Film-Synopsis?

  • Zeitform:

    Du musst immer im Präsens schreiben. Alle anderen Zeitformen kennzeichnen Anfänger, die ihre Hausaufgaben vernachlässigt haben und Amateure, welche das Autorenhandwerk nicht kennen.

  • Kurzgeschichte

    Stell dir vor, dein Film ist eine Kurzgeschichte und du erzählst sie jemandem. Was du mündlich erzählen kannst, ohne zu langweilen, überzeugt auch auf Papier.

  • Dramaturgie:

    Das Treatment muss bereits den Rhythmus, der durch den Aufbau von sich überlappenden Spannungsbögen entsteht, aufzeigen. Das bedeutet, dass auch die wichtigsten Szenen und deren Gewicht bereits mit der späteren Länge angedeutet sind.

  •  Turning Points:

    Damit deine Geschichte funktioniert, wirst du logischerweise nicht nur alle Filmfiguren (Charaktere), sondern auch alle Wendungen in der Handlung erwähnen.

  • Erzählperspektive:

    Ebenso wirst du deine Erzählerstimme so wählen, dass sie die Stimmung deiner Geschichte perfekt wiedergibt. Nichts anderes tust du beim Schreiben des Treatments.

  •  Nebenstränge:

    Damit man das Potenzial deiner Erzählung einfach erfassen kann, lässt du in der Synopsis die Nebenstränge der Handlung weg. Oder du vereinfachst sie zumindest, wenn es ohne sie nicht geht.

  •  Charaktere:

    Was du unbedingt im Treatment zeigen willst, ist die Entwicklung deiner Hauptfigur, die Handlungsbögen und die Herausforderungen, welche deine Figuren auf dem Weg an ihr Ziel überwinden müssen.

  •  Leserführung:

    Hervorragend ist ein Treatment immer dann, wenn der Leser die Geschichte schon ab dem ersten Satz vor seinem geistigen Auge sieht. Dabei hilft das Vermeiden von Klischees oder Floskeln. Besser ist es, ganz bewusst mit der Sprache zu arbeiten. Auch bewusst gesetzte Lücken, Absätze und Sprünge können sich zu inneren Bildern zusammenfügen.

  •  Tabus:

    Nicht in eine Film-Synopsis gehören zu ausführliche Beschreibungen der Charaktere, zu detaillierte Erläuterung der Drehorte und generell alle Dinge, die zu sehr von der Geschichte ablenken. Verboten ist die Verwendung von Dialog. Allenfalls darfst du eine Dialogzeile „anreisen“. Dazu nutzt du dann am besten die indirekte Rede.

Als Faustregel gilt: Es gehört grundsätzlich alles in ein Treatment, was an Informationen erforderlich ist, um die Filmstory zu verstehen und die Figuren im Film lieben oder hassen zu können. Wie immer im Film-Development zeigt sich die Meisterschaft in der verdichteten Kombination von Lebenssachverhalten in Form von Fakten und Emotionen.

Formale Gestaltung einer Synopsis

Der Umfang eines Treatment ist ähnlich frei bestimmbar wie die Länge. Üblich ist es, dass du folgende Punkte aufführst:

  • im oberen Drittel der Titelseite
    • Titel oder Arbeitstitel der Story
    • Untertitel (sogenannte Tagline), der die Geschichte in einem oder zwei Sätzen exakt auf den Punkt bringt.
    • Hinweis „Treatment“
    • Datum
  • Unten auf dem Titelblatt:
    • Vorname, Name
    • Kontaktadresse mit E-Mail, inklusive Telefon-Nummer
  • Freiwillig als Anlagen
    • Anmerkungen zu Genre und Umsetzung
    • Beispiel für eine ausgeschriebene Schlüsselszene mit Dialog.

Bilder oder weitere Maßnahmen zum grafischen Aufhübschen des Inhalts, etwa die Verwendung unterschiedlicher Text-Fonts, haben in einer Synopsis nichts verloren. Auch Textwüsten ohne klare Gliederung durch Absätze sind ein Indiz für Möchtegern-Autoren.

Abgrenzung zur Story Outline

Oftmals werden Story Outline und Synopsis verwechselt. Die haben aber gänzlich unterschiedliche Funktionen. Eine Outline dient im Rahmen der Schreibarbeit und Stoffentwicklung zur Ordnung der kreativen Ideen. Ihre Aufgabe ist es, die Einfälle in den Rahmen der Geschichte und in die richtige Reihenfolge zu bringen.

Der Unterschied zum Exposé

Das Exposé beschreibt „nur“ den Grundriss einer Geschichte, deren Länge, und das Genre. Seine Aufgabe ist es, eine Skizze davon zu vermitteln, wie der Film oder die Serie umgesetzt werden könnte.

Beispiele für Treatments

Das Treatment «ID Theft» des Autors Craig Mazin wurde später als Drehbuch unter dem Titel »Identity Thief / Voll abgezockt« verfilmt. Der Spielfilm war mit einem Einspielergebnis von rund 157 Mio. € weltweit ein Erfolg.

Das zweite Muster für ein Treatment stammt von den beiden Autoren Ted Elliott und Terry Rossio. Ihre Filmidee für «Sindbad» wurde nicht verfilmt.

Warum Produzenten, Agenten und Förderstellen Treatment lieben

Wer von Berufs wegen täglich oder wöchentlich Filmstoffe lesen muss, ist froh um jede Seite, die er nicht lesen muss. Da kommt ein Treatment mit zehn oder 20 Seiten besser an als ein Drehbuch mit 90 Seiten oder mehr.

Denn was will der Leser in einem solchen Fall?

  • Erstens möglichst schnell abschätzen können, ob der Stoff interessiert und geeignet ist.
  • Zweitens nicht erst nach einer Stunde Lesen herausfinden, dass der Autor kein überzeugendes Ende für seine Handlung vorlegen kann.
  • Drittens – sofern der Aufwand für das Treatment abgegolten wird – möglichst wenig Geld in etwas investieren, dessen Qualität man vorab nicht abschätzen kann. Denn auch wenn die Arbeit an einer Synopsis ähnlich aufwendig wie diejenige für ein Drehbuch ist, sind die marktüblichen Abgeltungen dafür markant tiefer.

Gerade weil du es mit vielen Exponenten aus der Filmbranche zu tun haben wirst, ergibt es Sinn, den Fokus auf den Text zu legen.

Ein Treatment soll man gerne, ja sogar mit Freude lesen. Dabei helfen Rhythmus und Perspektivenwechsel in der Schreibe, viel Herzblut, ein ganz persönlicher Blickwinkel auf das, was den späteren Film auszeichnen soll und deine Persönlichkeit als Autor definiert.

Nachteile des Film Treatments

Das Treatment legt als Vorstufe des Drehbuchs die Fahrbahn für die spätere Erzählung. Erarbeitet ein Autor das Drehbuch auf Basis eines freigegebenen Treatment, ist er zu einem gewissen Maß an dessen Inhalt gebunden.

Diese Verbindlichkeit kann Verbesserungen erschweren, weil man den Deal nicht verlieren will. Oder weil etwa die Figuren nicht mehr ohne Rücksprache mit allen Beteiligten ausgetauscht werden können. Darum gibt es Autoren, die empfinden diesen Fakt als störend. Oder sogar als einschränkend.

Fazit

Das Treatment ist ein essenzieller Schritt. Weil du hier erstmals die ganze Filmhandlung vom Anfang bis zum Ende in einem filmischen Rhythmus erzählst. Es ist der Punkt, an dem du deinen Plot offen auf den Tisch legst. Und anders als beim Exposé kannst du bei einem Treatment nicht mehr behaupten, Probleme mit der Geschichte würden in einer späteren Phase gelöst.

Das musst du wissen

  • Das Ziel eines Treatment ist es, die Handlung eines Films oder einer Serie zu definieren.
  • Auch Story-Treatment oder Synopsis genannt, ist es eine Zusammenfassung deines Films und eine Vorstufe zum späteren Drehbuch.
  • Es enthält alle wichtigen Szenen und die Handlungsverläufe, welche deinem Film ihre Form geben und deine Figuren auszeichnen.
  • Was in einer Synopsis nicht enthalten sein darf, sind die Dialoge und die spezifische Form, in der ein Drehbuch geschrieben wird. Die Aufteilung der Handlung in Szenen muss aber schon vorhanden. Ebenso Rhythmus und Handlungsstränge.
  • Geschrieben ist das Treatment wie eine Erzählung, also in Prosa und im Präsens.

Das Treatment ist, was es ist. Es ist der Moment der Wahrheit. Was dein Können als Autor angeht. Aber auch für deine Filmgeschichte, die mit diesem Dokument möglicherweise den nächsten Schritt zu einer Verfilmung schafft.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 24.09.2019

Gabriela Weingartner 24 Artikel
Gabriela Weingartner ist überzeugt, dass der Autor Patrick Süskind recht hat, wenn er sagt: »Man muss gescheit sein, um in der dummen Sprache des Films eine Geschichte klug erzählen zu können.«

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