Wie du ein Video im Filmlook drehst: diese 6 Punkte garantieren das Kino-Feeling

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Wie im Kino: Videoaufnahmen mit echtem Filmlook | © Symbolbild: Pavel Sokolov

Auch in Hollywood ist Video heute das vorherrschende Format für die Aufzeichnung bewegter Bilder. Ausnahmen bestätigen die Regel. In diesem Artikel erklären wir dir, wie du deinen Videoaufnahmen einen Filmlook gibst. Damit deine Videos wie großes Kino aussehen. Und nein, das geht nicht allein mit der Bildbearbeitung! Es gibt weitere Faktoren und Voraussetzungen, die du dazu beachten musst.

Der filmische Look ist ein Code für Qualität. Er ist so was wie ein Versprechen, das besagt: wenn es nach Kino aussieht, muss auch Kino drin sein. Viele Filmemacher und Videoproduzenten streben darum auch heute noch danach, ihren Videos einen täuschend echten Filmlook zu geben. Wer nun aber glaubt, Videoaufnahmen ließen sich in der Postproduktion mit dem richtigen Filter in einen Film verwandeln, täuscht sich! Die filmische Anmutung einer Aufnahme hat mit weit mehr zu tun.

Was macht den Eindruck eines Kinofilms aus?

Ein Filmlook ist ein unverwechselbarer visueller Stil, der mit Filmen in Verbindung gebracht wird. Er zeichnet sich durch bestimmte ästhetische Entscheidungen aus, wie eine geringe Schärfentiefe, gedämpfte Farben und ein hohes Kontrastverhältnis.

Wenn es um filmische Kameraführung geht, gibt es ein paar wichtige Faktoren, die Aufnahmen in Videos von denen in Spielfilmen unterscheiden. In erster Linie haben Spielfilme in der Regel ein höheres Budget als Videos, was bedeutet, dass sie es sich leisten können, ihre Storys sorgfältiger zu inszenieren. Das zeigt sich im Filmbild in erster Linie in der Art der Kameraführung. Filmemacher arbeiten für Kinofilme mit gezielten Bildkompositionen. Diese Faktoren sind dafür mitverantwortlich, dass sich der Wahrnehmungseindruck eines Spielfilms meist von demjenigen eines Video unterscheidet.

  • Technik
  • Kamera-Arbeit
  • Color Grading

Grafik: Faktoren mit Einfluss auf Film Look

Filmlooks werden nebst der Inszenierung durch eine Vielzahl von technischen Mitteln mitbestimmt, z. B. bei den Dreharbeiten durch die Wahl der Filmauflösung und Kameras, Beleuchtungstechniken und die Nachbearbeitung von Videos. Alle diese Faktoren werden oft eingesetzt, um eine bestimmte Stimmung oder Atmosphäre in einem Film zu erzeugen.

Ein digitaler Filmlook kann nachträglich über jede Art von Videobildern gelegt werden, um ein Video filmischer erscheinen zu lassen. Dies gelingt aber nur, wenn du schon vorab dazu Aufnahmen gedreht hast, die sich an einem Minimum der für einen Kinofilm entscheidenden Faktoren orientieren. Dabei helfen dir sechs Punkte.

Filmlook: diese Punkte musst du beachten, damit dein Video wie auf Film gedreht aussieht

Wenn es darum geht, dass ein Video aussieht, als ob es mit Film gedreht worden wäre, liegt meist der Reflex nahe, für das Herstellen des Filmlooks an spezielle Apps und Software für die Filmbearbeitung zu denken. Dies ist nicht falsch. Aber auch nicht ganz richtig. Darum, weil das, was der Zuschauer als filmischer Look wahrnimmt, nicht nur vom Filmmaterial bestimmt wird.

Diese Punkte definieren den Filmlook mit (Auswahl):
  • Eingesetzte Technik für die Aufnahmen (Kamera)
  • Ausleuchtung der Szenen (Filmlicht)
  • Umgang mit Schärfeebenen / Tiefenschärfe bei der Inszenierung
  • Verwendung unterschiedlicher Kameraobjektive, Kamerablenden und Brennweiten
  • Anzahl Bilder (Frames), die pro Sekunde technisch aufgezeichnet werden
  • Verschlusszeit /  Belichtungszeit
  • Bewegungen der Kamera
  • Filmschnitt (Rhythmus, Timing, Pacing)
  • Digitale Nachbearbeitung (Film Grading)

Es sind also hauptsächlich die folgenden Elemente, die einem Video das Aussehen eines großen Hollywood-Films verleihen:

Schärfeebenen und Kameraobjektive

Zu einem wesentlichen Teil wird der Look eines Films naheliegenderweise durch die Qualität der Aufnahmen bestimmt. Damit ist für einmal nicht die technische Qualität gemeint. Sie spielt höchstens mittelbar eine Rolle.

Es geht hier darum, wie der Regisseur und der Kameramann mit der Schärfe und damit mit den Bildebenen umgehen. Eine abfallende Schärfe ist ein typisches filmisches Gestaltungsmittel.

Unser Auge (oder besser: das menschliche Hirn) sucht automatisch die scharfen Bildzonen. Damit lässt sich der Blick des Zuschauers lenken. Große und großartige Spielfilme nutzen dieses Gestaltungsmittel seit jeher. Es ist ein wesentlicher Bestandteil von dem, was wir als Filmlook wahrnehmen.

Je nach Videokamera, die du für deinen Film einsetzt, wird es dir einfacher oder schwerer fallen, mit Schärfeebenen zu arbeiten.

Denn einerseits bestimmt der Sensor der Kamera über die Schärfen mit. Andererseits ist auch die Brennweite deiner Objektive mitbestimmend. Lange Brennweiten führen zu „flacheren“ Bildern. Dasselbe gilt, wenn du mit weit offener Blende drehst.

Anzahl Bilder pro Sekunde bestimmen den Look des Films mit

Filmaufnahmen, die auf tatsächlichem Filmmaterial gedreht wurden, haben immer Mühe, schnelle Bewegungen ohne Verluste bei der Schärfe zu zeigen. Das liegt daran, dass Kinofilme traditionell mit 24 Bildern pro Sekunde gedreht werden. Diesen Wert, der den Filmlook mitbestimmt, bezeichnet man als sogenannte Frame Rate.

Videokameras zeichnen umgekehrt pro Sekunde 25 oder sogar 30 Einzelbilder auf. Dies führt zu schärferen Bildern. Oder eben dem typischen TV-Look.

Bewegungsunschärfe zeigt sich besonders deutlich als Folge einer Frame-Rate von 24/Sekunde bei Actionfilmen. Die Hersteller von TV-Geräten haben darauf mit der Video-Interpolation geantwortet.

Herr-der-Ringe Regisseur Peter Jackson hat seinen Spielfilm-Trilogie „Der Hobbit“ mit 48 Einzelbildern pro Sekunde und mit einer Belichtungszeit von 1/64 gedreht. Die Quittung dafür bekam er postwendend:

Viele Zuschauer lehnten den Film ab, weil der Filmlook für sie nicht nach Kino aussah. Sondern wie ein Fernsehfilm.

Verschlusszeit / Belichtungszeit als Voraussetzung für den Filmlook

Die Belichtungszeit wird bei Videokameras – naheliegenderweise – elektronisch gesteuert. Während die richtige Wahl der Verschlusszeit bei hochprofessionellen Spielfilmen nie ein Problem darstellt, ist das bei Videoproduktionen anders. Erstens, weil oftmals dieser Wert automatisch von der Kamera bestimmt wird. Zweitens, weil möglicherweise das Wissen für das richtige Setzen dieses Parameters fehlt.

Dabei kann man sich die wichtigste Regel für die Belichtungszeit / Verschlusszeit und damit den richtigen Filmlook ganz einfach merken:

Die korrekte Verschlusszeit beträgt immer das Doppelte der Anzahl Bilder pro Sekunde. Drehst du also mit 24 Einzelbildern, ist der Kameraverschluss auf 1/48 zu setzen.

Profis nennen diese Verdoppelung die 180-Grad-Shutter-Regel. Diese besagt nichts anderes, als dass in einer mechanischen Filmkamera während 50 % der Zeit das jeweilige Einzelbild belichtet wird, und in der anderen Hälfte der Zeit durch den mechanischen Sperrgreifer das nächste Einzelbild vor die Linse der analogen Filmkamera transportiert wird.

Wählst du die falsche Verschlusszeit, bekommen deine Aufnahmen kein filmisches Aussehen. Dafür einen Stroboskop-Effekt. Oder sie wirken, wie künstlich beschleunigt.

Art der Bewegung der Kamera

In der Art und Weise, wie die Kamera in einem Video bewegt wird, zeigt sich wie im Film Look bei der Auswahl des Bildausschnitts Talent, Expertise und Meisterschaft.

Grundsätzlich gibt es gleich viele Arten, mit Kamerabewegungen umzugehen, wie es Geschichten gibt. Darum geht es bei diesem Punkt weniger um eine spezifische Art der Bewegung. Wichtiger ist die Frage, warum sich die Kamera bewegt!

Darum lautet die erste, kennzeichnende Regel für Hollywood-Filme, die du auch für deine Videos beachten musst: keine Bewegung ohne erklärbare, durch die Filmhandlung bedingte oder erzählerische Motivation.

Der zweite Punkt, an dem du Hollywood-Filme erkennen kannst, sind die oftmals nahezu kaum erkennbaren, aber konstant in jeder Einstellung vorkommenden subtilen Kamerafahrten. Auch das ist ein Teil des Filmlooks. Diese behutsamen Fahrten der Kamera auf eine Person oder ein Objekt zu oder darum herum, dienen dazu, dem Filmbild mehr räumliche Tiefe zu verleihen. Damit soll ein gesteigerter, realitätsnaher Eindruck beim Kinozuschauer geweckt werden. Ein wenig wird damit auch das 3D-Kino vorweggenommen, in dem Realität und Räumlichkeit im dreidimensionalen Raum eine wichtige Rolle spielen.

Filmlook: Digitale Nachbearbeitung des Bildmaterials

Hast du die vorgehenden Regeln erfolgreich umgesetzt kommt jetzt, erst jetzt!, das Tüpfelchen auf das „i“ für den Film Look: Mittels Software und Color Grading gibst du deinen Aufnahmen nach erfolgter Farbkorrektur einen Filmlook.

Schon bei den Aufnahmen hast du hoffentlich die eiserne Regel der Lichtbestimmung beachtet. Diese lautet: wo keine Bildinformationen sind, können diese auch nachträglich nicht sichtbar gemacht werden. Das betrifft ganz besonders den Einsatz der automatischen Blende bei Videokameras.

Hast du deine Videobilder überbelichtet, etwa weil die Kamera fälschlicherweise einen hohen Kontrastumfang automatisch korrigiert hat, kannst du nicht nur nichts mehr dagegen tun. Sondern du hast auch ein Indiz in deinem Film, welches sofort auf Videoaufnahmen hinweist, statt auf einen hochwertigen Filmlook.

Bei der digitalen Verwandlung von Videoaufnahmen in Filmmaterial wirst du beim Film Look parallel an einer Reihe unterschiedlicher Parameter „schrauben“. Du passt also weit mehr als nur die Farben und Helligkeitsunterschiede innerhalb einer Bildsequenz an (Color Correction).

Mit Software wie DaVinci Resolve gleichst du die Schwarzwerte, Kontrastumfang und Sättigung an den Look eines Spielfilms an.

Mit speziell dazu erhältlichen Plug-ins oder einem Programm wie FilmConvert kannst du anschließend den spezifischen Filmlook fast aller denkbaren Filmträger über dein Video legen. Ob Kodak, Agfa, 35 mm oder 16 mm, der Computer rechnet deinen Aufnahmen automatisch die entsprechenden Werte hinzu, damit deine Bilder aussehen, als hättest du sie mit der jeweiligen Emulsion gedreht.

Fazit

Das musst du wissen

  • Das, was wir als filmisch und einem Hollywood-Film entsprechend wahrnehmen, ist immer eine Kombination unterschiedlicher Faktoren.
  • Einen Filmlook kannst du nicht allein in der digitalen Bildbearbeitung erzeugen.
  • Um deinem Video einen filmischen Look zu geben, musst du darum einige wichtige Punkte schon bei den Dreharbeiten auf Video beachten. Dazu zählen unter anderem Kamera-spezifische Aspekte wie Brennweiten und Verschlusszeiten, aber auch Kamerabewegungen.
  • Die abschließende Angleichung von Videoaufnahmen an Film erfolgt nach dem vollendeten Schnitt mittels spezieller Software.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 10.12.2019

Carlo Olsson 99 Artikel
Carlo Olsson begleitet die Herstellung von Filmen, Videos und TV-Serien im Auftrag von Unternehmen, Agenturen und Produktionsfirmen. In seiner Freizeit spielt er Eishockey und beschäftigt sich mit barocker Klangdramatik.

1 Kommentar

  1. Ich gehe mit bis auf diesen Kram mit den Schärfeebenen. Licht und Sequenzen sind wichtiger für den berüchtigten «cinematischen» Look denn dieser fürchterlich grassierende Umgang mit deutlich zu offenen Blenden. Denn unser Hirn ist hervorragend in der Lage, einer ordentlich eingeführten Handlung folgen zu können. So lässt sich der Zuschauer lenken. Der braucht nicht den Vorschlaghammer für ein «Hier-sollst-du-hingucken-hier-ist-die-Action!» Was nicht heißen soll, dass offene Blenden «falsch» sind ; die können sehr gut als Stilmittel gebraucht werden, aber eben «anders». Und Blende in solchen Beiträgen an erster (oder an letzter) Stelle zu nennen, fördert leider diesen «Trend», weil Mensch sich Sachen aus der Mitte eines Textes oder Vortrages eher schlecht merkt. Da bräuchte er einen Vorschlaghammer.

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