Die Macht der Kommunikation: Wie Text, Stimme und Körpersprache in Videos zusammenwirken

Text Stimme Körpersprache
Filter und Verstärker: das menschliche Hirn | © Illustration: Pavel Sokolov

Die Kraft der bewegten Bilder entsteht aus ihrer Abbildung der Realität. Wesentliche Stichworte sind Lebensnähe und insbesondere die Kombination von Menschen, Informationen und Emotionen. Wie aber spielen diese Faktoren (Person, Text, Stimme und Körpersprache, also die Art, wie etwas transportiert wird) zusammen?

Um es gleich vorwegzuschicken: Film und Video sind genauso wenig eine präzise Wissenschaft wie die Kommunikation. So ist eine der wichtigsten Erkenntnisse, was Kommunikation erfolgreich macht, nahezu immer ein Missverständnis statt a gmahte Wiesn.

Aber der Reihe nach:

Albert Mehrabian, ein US-amerikanischer Wissenschaftler mit persischen Wurzeln, hat schon in den Sechzigerjahren untersucht, was es mit den Bestandteilen unserer Kommunikation auf sich hat.

Entstanden ist daraus die berühmte 7-38-55 Regel. Sie wird mehrheitlich als Beleg dafür genommen, welchen Anteil Worte, die Art und Weise, wie man etwas kommuniziert und die Körpersprache am Erfolg einer Informationsübermittlung besitzen.

Die Mehrabian-Regel betont die Wichtigkeit der Körpersprache

Text oder Worte besitzen nach der Regel von Mehrabian und weitverbreiteter Meinung nur einen Anteil von 7 % an der Wirkung von dem, was Kommunikation transportiert.

Die restlichen 93 % beinhalten das Wesentliche: wie wir etwas sagen, d. h. in welche Stimmlage und mit welcher Körpersprache.

Dr. Albert Mehrabian
© Foto: UCLA
Wer ist

Der Vater der nonverbalen Kommunikation

Albert Mehrabian ist ein US-amerikanischer Psychologie-Professor, der sich auf die Entwicklung von psychologischen Skalen und theoretischen Modellen zur Messung von komplexen psychologischen Phänomenen spezialisiert hat. Bekannt ist er für seine Pionierarbeit auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation und die Entwicklung eines mathematischen Modells zur Messung von Emotionen. Seine Skalen werden noch heute dazu verwendet, um Personen mit hohem Erfolgspotenzial und starken sozialen Fähigkeiten zu identifizieren.

Als Pionier auf dem Gebiet der nonverbalen Kommunikation hat Mehrabian wesentlich dazu beigetragen, die Bedeutung nonverbaler Signale in zwischenmenschlichen Beziehungen, Führungsstilen und politischen Kampagnen zu erkennen.

Die Körpersprache, Gesten, Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Bewegungen etc. schlägt dabei mit 55 % zu Buche. Zugleich, das ist gerade bei Video noch gewichtiger als die Tatsache, dass es sich hier um mehr als die Hälfte handelt, ist der Umstand, dass Menschen genau aus diesen Faktoren auch die Art und Weise ableiten, was sie fühlen.

38 % Gewicht kommt der Stimme respektive der Stimmlage zu.

Zusammengefasst:

Gute Kommunikation wird in erster Linie immer geprägt durch die Art und Weise, wie etwas gesagt, und ausgedrückt wird. So seltsam es klingt: die eigentliche Botschaft (Worte oder Text) spielen mit mickrigen 7 % eine absolut untergeordnete Rolle.

Text, Interpretation und Körpersprache in Videos

Für Filmemacher und Videokünstler beweisen die einst als bahnbrechend geltenden Erkenntnisse von Albert Mehrabian, dass das Medium bewegte Bild geradezu für Kommunikation bestimmt ist. Oh, wie praktisch.

Der Drehbuchautor schreibt, der Sprecher transportiert den Off-Kommentar im Dokumentarfilm und der Schauspieler ist durch seine professionelle Ausbildung in der Lage, auf der Klaviatur von Ausdrucksweise und Körpersprache virtuos zu spielen. Weil Videos und Filme, anders als eine Live-Show, mit höchster Präzision geplant und umgesetzt werden, spielt auch die Tagesform eine kleinere Rolle als bei Theaterschauspielern oder Zirkusartisten.

Text und Worte

Wer als Autor Konzepte oder als Sprecher-Texte für Auftragsfilme schreibt, oder sogar ganze Drehbücher für Spielfilme, wählt seine Worte und Sätze ganz gezielt. Die 7-38-55 Regel mag für Außenstehende ein Indiz sein, diesen wesentlichen Teil der Filmarbeit, gerade wenn es um Maßnahmen im Bereich Marketing und Kommunikation geht, frohgemut auf die leichte Schulter zu nehmen.

Falsch ist das aus zwei Gründen: erstens wird die Textarbeit beim Film (mit Ausnahme von Serien, bei denen oft ein sogenannter Writers Room, als er ein ganzes Autorenteam eingesetzt wird) in der Regel von nur einer Person geleistet. Entsprechend tief sind die Kosten im Vergleich zum üblichen Produktionsaufwand. Zweitens ist das Wort (man kann dem auch Konzept sagen) nichts anderes als das Fundament, auf dem alles andere aufgebaut wird. Kurz gesagt: ohne ein gutes Konzept kann man genauso gut versuchen, aus einem Kaktus Wasser zu pressen.

Stimme, Stimmlage und Tonfall

In der Welt der Imagefilme und Auftragsvideos gehört eine begleitende Kommentarstimme zum Standard. Und bei 38 %, da muss man schon ganz schön blind sein, um nicht zu erkennen, wie wichtig das richtige Sprecher-Casting für solche Audio-Aufnahmen ist.

Doch da gibt es noch mehr zu beachten, denn das Angebot an Sprechern ist so breit gefächert wie der sprichwörtliche Wiener Schnitzelteig – und die Konkurrenz mindestens genauso stark. Zum Glück sind die Tarife durch die Sprecherverbände meist mehr als fair geregelt. Doch wer sich als Experte offenbaren möchte, sollte seine Sprecherwahl überaus sorgfältig treffen – denn Ruckzuck zackzack ist hier definitiv der falsche Weg.

Mimik, Gestik, Körpersprache

Naja, man kann’s durchaus auch mal zynisch betrachten: Ganze 55 %, also mehr als die halbe Miete, hängen allein davon ab, wer da vor der Kamera steht – und das ungeachtet dessen, was aus dem Mund kommt oder wie die Stimme klingt. Hier kann man sich merken, was einen Schauspieler von einem guten Schauspieler unterscheidet: Der gute Darsteller spielt die Rolle nicht, er ist sie, lebt sie und verkörpert sie mit Haut und Haar. Das nötige Quäntchen an Talent vorausgesetzt, fügt sie oder er dem Text nochmals eine komplett neue Dimension hinzu.

Wer mehr über die Transformation von Text indirekt Bild und die damit verbundenen Chancen und Risiken verstehen will, sollte sich mit der Äquivalenz-Theorie vertieft auseinandersetzen.

Wo der Hund begraben liegt

Die sogenannte 7-38-55 Regel, wie sie in der breiten Öffentlichkeit und von vielen Filmemachern verstanden wird, zeigt in meinen Augen überdeutlich, wo der Hase im Pfeffer liegt.

Man könnte meinen, dass es sich hierbei um eine bewährte Theorie handelt. Doch nur wenige wissen, dass Albert Mehrabian – ein renommierter Psychologie-Professor aus den USA – über Jahre vehement betont hat, dass seine Forschung niemals den Anteil der Elemente Worte, Stimme/Tonfall und Körpersprache an der Kommunikation untersucht hat.

Seine Forschung und die damit verbundenen Tests waren alle daraufhin konzipiert, herauszufinden, was geschieht, wenn sich diese drei Faktoren widersprechen. Und nur in diesem Zusammenhang lässt sich streng wissenschaftlich belegen, dass im Widerspruch die Interpretation wichtiger als der Ton und dieser wiederum wichtiger als die eigentliche Botschaft sind. Allerdings muss hierbei erwähnt werden, dass diese Ergebnisse bereits mehr als 50 Jahre alt sind und nicht mehr den aktuellen Stand der Forschung widerspiegeln.

Trotzdem sollte sich kein seriöser Videoproduzent erlauben, sich nicht auf die eine oder andere Weise mit der 7-38-55 Regel auseinanderzusetzen. Denn in der Wissenschaft wie auch in der Videoproduktionen und Unternehmenskommunikation gilt: Profis erkennt man sofort.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 11.05.2023

Volker Reimann 22 Artikel
Mag. Volker Reimann ist TrendScout für virtuelle Realität, Games und interaktives Bewegtbild. Er ist überzeugt davon, dass bald schon über gezielte Nervenstimulation realitätsnahe Projektionen direkt in das menschliche Hirn möglich sind.

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