Wie Taylor Swift mit ihrem Konzertfilm »The Eras Tour« im Alleingang den Kinoherbst rettet

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Sorgt für gute Zahlen an den Kinokassen: Taylor Swift: The Eras Tour (2023) | © Filmstill: AMC

Taylor Swift ist eine der mächtigsten Frauen der globalen Musikindustrie. Und gerade dabei, die Welt der Kinos auf den Kopf zu stellen: die amerikanische Sängerin und Gitarristin zeigt Hollywood und der Welt diese Tage als Produzentin mit ihrem neuen Musikfilm »The Eras Tour«, wie man Kinosäle mit Publikum füllt und die Kassen klingeln lässt.

Nachdem Barbie und Oppenheimer, flankiert von Mission: Impossible und Indiana Jones, den Verkauf von Kinotickets im Sommer kurzfristig in die Höhe haben schnellen lassen, versprach sich der Box Office für diesen Herbst wieder einzutrüben wie saurer Apfelmost. In künstlerischer Hinsicht als auch mit Bezug auf das Volumen verkaufter Kinotickets. Holzige Perspektiven für das Kinogeschäft.

Auftritt Taylor Swift: Die erfolgreiche Welttournee der Sängerin war noch kaum beendet, da überraschte Swift mit der Ankündigung, ihre globalen Live-Auftritte als Konzertdokumentation weltweit in die halb leeren Kinos zu bringen. Innerhalb von sechs Wochen. Der Film mit dem Titel »The Eras Tour« sorgt aktuell nahezu im Alleingang dafür, dass sich die Kinobetreiber nicht mehr den Angstschweiß von der Stirne tupfen. Sondern Champagnerflaschen öffnen.

Einerseits lässt sich der Erfolg von »The Eras Tour« mit dem phänomenalen Ruhm von Taylor Swift erklären. Als menschlicher Starkstrom-Magnet und Projektionsfläche für Träume funktioniert ihr Charisma auch auf der Kinoleinwand mit einem Konzertfilm.

Andererseits aber steckt hinter dem Kinoerfolg von Taylor Swifts Konzertdokumentation »The Eras Tour« (Regie: Sam Wrench) eine Strategie, welche die Studios in Hollywood komplett auf dem falschen Fuß erwischt hat – und Zeichen setzt. Dies erst noch zum Zeitpunkt, in dem wegen der anhaltenden Streiks die Filmindustrie an allen Ecken und Enden lahmt.

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TAYLOR SWIFT | THE ERAS TOUR Concert Film Official Trailer

TAYLOR SWIFT | THE ERAS TOUR

Deutscher Titel
Regie
Sam Wrench
Filmdauer
3 Std. 0 Min.
Darsteller:in
Taylor Swift, Mike Meadows, Max Bernstein, Paul Sidoti, Amos Heller, Matt Billingslea
Bewertung
★★★★★☆
83 % von 316 Menschen lieben diesen Film
Genre
Musik
Box Office vs Budget
Einspielergebnis: 262 Mio. USD (Produktion: 15 Mio. USD)

„The Eras Tour“ ist eine musikalische Reise der amerikanischen Singer-Songwriterin Taylor Swift (33). Die Tour umfasste insgesamt 146 Live-Shows in Musikstadions auf fünf Kontinenten. Im Zentrum der Tour steht die musikalische Karriere von Swift, wobei jede Ära (engl. = Era) einem bestimmten Album aus ihrem Repertoire entspricht.

 

Der Musikfilm „Taylor Swift: The Eras Tour“ dokumentiert die Tournee im Zeitraum 2023 bis 2024. Er bietet eine visuelle Hommage an Swifts musikalische Evolution im Laufe der Jahre​​.

Ansehen
Nur im Kino
★★★★★ = empfehlenswert | ★ = kaum sehenswert
Credits & Filmdaten von | Nutzung erfolgt eigenverantwortlich

Taylor Swift hat mit ihrem Musikfilm »The Eras Tour« insbesondere zwei Regeln, die bislang im Kinogeschäft galten, auf den Mond geschossen.

 

Normalerweise dauert es 2–5 Jahre, bis ein Kinofilm alle Stufen von der Idee bis zu den Dreharbeiten durchlaufen hat. Anschließend übernimmt ein Hollywood-Studio den Vertrieb (Distribution). Dazu gehören Marketingkampagnen und Deals mit Kinoketten.

 

Das Management von Taylor Swift hat rund sechs Wochen vor dem Kinostart beschlossen, den Konzertfilm diesen Herbst in den Kinos zu starten. Für Hollywood, trotz der sozialen Medien, ein unvorstellbarer – lächerlich kurzer – Vorlauf, an dem jeder Kinofilm scheitern muss.

 

Entsprechend irritiert und belustigt nahm die Filmindustrie den Entscheid von Taylor Swift zur Kenntnis, »The Eras Tour« nicht mithilfe eines Studios in die Kinos dieser Welt zu bringen. Stattdessen verhandelte man direkt mit den Kinos selbst.

 

Das Überspringen eines Distributors (Studios) in der Wertschöpfungskette bedeutet für die Produzenten einen markant höheren Gewinnanteil am Box-Office. Die Faustregel besagt, dass im klassischen Hollywood ein Filmstudio mit 30 % am Kinoumsatz beteiligt ist.

 

Weil Taylor Swift durch die direkte „Rückkoppelung“ von Hersteller (Produzent) und Verkäufer (Kinos) nicht auf der zwischengeschaltete Partner (Studio) Rücksicht nehmen musste, konnte das Team von Swift für die Konzertdokumentation »The Eras Tour« zwei bemerkenswerte Punkte für die Kinoauswertung ihres Konzertfilms festlegen:

 

Erstens wurden die Ticketpreise höher als üblich festgelegt. Mit der Begründung, die Interessenten am Film würden die Eintrittspreise nicht mit einem Blockbuster vergleichen. Die Referenz für die Kinotickets war der weitaus höhere Preis für ein Konzertticket. Und siehe da: Wer das Konzert verpasste oder sich nicht leisten konnte, zahlte begeistert für das unüblich teure Kinobillett.

 

Unerhört und für viele Kinos bahnbrechend war auch die zweite Entscheidung von Taylor Swift, in den Deals mit den Kinos das sonst übliche, rigide Verbot von Smartphones außer Kraft zu setzen. Fotografieren und Videoclips zu erstellen, wurde während der Kinovorstellung ausdrücklich gestattet. In der Folge wurde das Internet mit Clips und Selfies der Fans geflutet und der Musikfilm »The Eras Tour« mit dem Wunderkind Taylor Swift nochmals stärker als Event im Bewusstsein der Zielgruppen verankert.

 

So geht Filmmarketing und Kino heute.


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Zachery Z. 51 Artikel
Zachery Zelluloid war in der Unterhaltungsindustrie tätig. Er schreibt unter Pseudonym, weil er weder vertraglichen Schweigepflichten verletzen, noch das wirtschaftliche Fortkommen der Berufsgattung Anwalt fördern oder Freunde brüskieren will. Sein richtiger Name ist der Redaktion bekannt.

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