Wiederentdeckt: »Die durch die Hölle gehen« / »The Deer Hunter« von Michael Cimino | Filmkritik

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Robert De Niro in »Die durch die Hölle gehen« | © Filmposter: EMI Films / Universal

Die durch die Hölle gehen ist ein Meisterwerk, das als  »The Deer Hunter« Filmgeschichte geschrieben hat. Der Film war für neun Oscars nominiert. Fünf Academy-Awards hat er gewonnen. Zu Recht: Der Spielfilm von Michael Cimino berührt mit seiner emotionalen Wucht und zugleich feinen Zärtlichkeit.

»Die durch die Hölle gehen« lässt dem Zuschauer zu Beginn Zeit, in die Welt der Filmfiguren einzutauchen. Um ihn dann ganz zu vereinnahmen. Das Drehbuch von Michael Cimino und die starke Besetzung sind Schlüssel zum Erfolg dieses Films. Der Regisseur führt uns durch jede Szene. Jederzeit ist klar, dass er ein klares erzählerisches Ziel verfolgt. Offen. Oder versteckt.

Ciminos filmisches Meisterwerk schafft es, auf dem Grat zwischen dokumentarischem Charakter und Inszenierung zu gehen. Darum entfaltet »The Deer Hunter« heute noch seine unfassbare Wucht. Dies losgelöst vom damaligen gesellschaftlichen Diskurs. Denn der Film thematisiert den Vietnamkrieg. Und damit die amerikanische Gesellschaft der 70er-Jahre. Aber seine Botschaften gehen weit darüber hinaus.

In »Die durch die Hölle gehen« steht für die Menschen viel auf dem Spiel – Leben und Tod. Michael Vronsky, gespielt von Robert De Niro, vertritt im Film eine Weltansicht, die Schwarz-Weiß-Malerei bevorzugt. In seinem Denken ist wenig Raum für Zwischentöne. Love me or hate me (liebe mich oder hasse mich). Amerika halt. Diese Haltung stößt dann aber auf die Realität einer multipolaren Welt, in der Wahrheit relativ ist.

80%
THE DEER HUNTER - Official Trailer - Starring Robert De Niro

Die durch die Hölle gehen

Kriegsfilm von Michael Cimino

Filmtitel
Originaltitel/-sprache
The Deer Hunter / Englisch
Regie
Michael Cimino
Filmdauer
3 Std. 2 Min.
Darsteller:in
Robert De Niro, Christopher Walken, John Cazale, John Savage, Meryl Streep, George Dzundza
Bewertung
★★★★★☆
80 % von 3'787 Menschen lieben diesen Film
Genre
Drama, Kriegsfilm
Box Office vs Budget
Einspielergebnis: 49 Mio. USD (Produktion: 15 Mio. USD)

»The Deer Hunter« ist eine tiefgreifende Erzählung über drei russischstämmige Stahlarbeiter: Michael, Nick und Steven aus Clairton, Pennsylvania. Sie sind Patrioten und ziehen 1968 freiwillig in den Vietnamkrieg. Ihre Verbundenheit wird auf die Probe gestellt, als sie in die Hölle des Krieges eintauchen und in der Fremde ihre Menschlichkeit bewahren müssen.

Ansehen
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★★★★★ = empfehlenswert | ★ = kaum sehenswert
Credits & Filmdaten von | Nutzung erfolgt eigenverantwortlich


»The Deer Hunter«, Michael Ciminos zweiter Film, entstand zu einer Zeit, als in Hollywood das alte Produzentensystem radikal infrage gestellt wurde. Regisseure wie Cimino waren keine Angestellten der Produzenten mehr. Sondern Künstler. Sie erhielten ungeahnte kreative Kontrolle.

 

Seine erste Chance im Filmbusiness in Los Angeles bekam Cimino von Filmstar Clint Eastwood. Vorher drehte er TV-Commercials in New York. Eastwood sagte zum aufstrebenden Regietalent: „Ich schaue mir an, was du die ersten drei Drehtage auf dem Filmset machst. Wenn ich damit nicht zufrieden bin, wirst du gefeuert.“ Cimino beeindruckte seinen Förderer nach eigener Aussage mit angeblich bis zu 84 (!) gedrehten Einstellungen pro Tag. Er durfte bleiben.

 

Als mein Vater herausfand, dass ich ins Filmgeschäft gegangen bin, hat er ein Jahr lang nicht mit mir gesprochen.
Michael Cimino

 

Die Produktion von »The Deer Hunter« zeigte Ciminos Detailverliebtheit, als er das Budget sprengte und Szenen – so wie Stanley Kubrick – bis zur Perfektion wiederholte. Trotz Überschreitungen des Filmbudgets wurde ihm aber aufgrund des Erfolgs des Films sein Perfektionismus verziehen. Der massive, überraschende Erfolg von »Die durch die Hölle gehen« trug das seine dazu bei. Oscars verbergen viele Sünden.

 

 

Mit »Heavens Gate«, seinem dritten Film, geriet Cimino jedoch ins Straucheln. Was seine gesamte Karriere ruinierte. Schon nach fünf Drehtagen lag der Film vier Tage (!) hinter dem Zeitplan. Bald zeigte sich, dass das Budget um ein Vielfaches überzogen würde. Kalkuliert waren 8 bis 9 Millionen. Am Ende wurden es bei »Heavens Gate« nahezu fünfzig Millionen. Diese Budgetüberschreitungen führte das bekannte Hollywood Studio United Artists, zusammen mit dem totalen Scheitern des Films an der Kinokasse, in den Bankrott. »Heavens Gate« war auch eine solche kreative Katastrophe, dass die Produzenten nach der Filmeröffnung in New York die am Folgetag in anderen Städten vorgesehenen Premieren absagten. Der Film wurde aus den Kinos genommen. Neu geschnitten. Vergebens.

 

Die kreative Maßlosigkeit von Cimino war das Ende des New Hollywoods. Sein Scheitern stärkte in der Folge die Position der Produzenten in Hollywood wieder. Regisseure durften sich zwar weiterhin Filmemacher nennen. Aber die Entscheidungsgewalt über die Eckdaten der Filmherstellung wurde ihnen genommen.

 

Dennoch bleibt »The Deer Hunter« von Michael Cimino ein unübertroffenes Werk. »Die durch die Hölle gehen« ist ein Film, der die Kunst des Filmemachens auf eine neue Stufe hob und erzählerische Maßstäbe für künftige Generationen setzte.

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Pavel Sokolov 49 Artikel
Pavel studiert Film Editing. Er mag François Truffaut, Terrence Malick, Dr Pepper, seinen Thermaltake View 71 TG, Musik von Seeed und alle Dinge, die mit der Farbe Rot zusammenhängen, aber keinem Lebewesen Schmerzen bereiten.

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