Einstieg in die Videoproduktion: Notwendiges Equipment und Tipps zur Wahl der Videoausrüstung

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Welche Ausrüstung benötigt eine Videoproduktionsfirma? | © Illustration: Pavel Sokolov

Wer Eigenproduktionen drehen und zu einem zusammenhängenden Werk schneiden möchte, ist mit einer Kamera allein längst nicht ausreichend bedient. Was in der Praxis alles für den Einstieg in die Videoproduktion benötigt wird, verrät dieser Artikel.

„Klappe, die vierte … Action!“ Dieser Satz wird wahrlich nicht nur in den großen Studios dieser Welt gesprochen. Im Gegenteil, hauptsächlich durch die breite Verfügbarkeit von digitaler Ausrüstung sind in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen auf den Geschmack gekommen. Sie drehen hochwertig anmutende private Clips, Kurzfilme, Werbe- und Imagefilme oder sind als Blaulichtreporter wichtige Lieferanten für Nachrichtensendungen im Netz und Linear-TV. Das Feld der Videoproduktion ist ein sehr vielfältiges Betätigungsfeld.

Doch so zugänglich die nötige Technik mittlerweile auch für Privatleute und semiprofessionelle Videofilmer ist, so sehr ist es deshalb nötig geworden, für den Einstieg in die Videoproduktion ein den eigenen Ansprüchen gerechtes Equipment zu wählen. Dieses muss aus der Vielfalt des Angebots ausgewählt, getestet, beschaffen – und dem Erwerb natürlich auch mühelos bedient werden können.

Einstieg in die Videoproduktion: Finanzierung

Ungeachtet, ob zum privaten Vergnügen oder um damit Geld zu verdienen: Videoproduktion ist im Höchstmaß davon gekennzeichnet, dass es nötig ist, nicht nur insgesamt viel Geld auszugeben, sondern dies auch auf einen Schlag. Denn im Gegensatz zu anderen Hobbys bzw. Berufen gibt es hier kaum Ausrüstungsgegenstände, die erst später erworben werden können – zumindest nicht die preislich besonders hochstehenden Basiselemente, ohne die Videoproduktionen schlichtweg nicht funktionieren.

Das bedeutet im Klartext, bevor das erste Ausrüstungsstück gekauft wird, sollte das Geld für Einstieg in die Videoproduktion bereits vorhanden sein; wir sprechen hier von Summen, die je nach angepeiltem Produktionsniveau problemlos fünfstellig sein können.

Tipps für den Erwerb von Film-/Videoequipment:
  1. Möglichst viel Eigenkapital zusammentragen. Nicht nur, weil es den Kauf generell unkomplizierter macht, sondern auch bei Finanzierungen eine Menge Kostenvorteile liefert – mehr Eigenkapital gleich bessere Absicherung gleich geringere Kreditsumme gleich günstigere Konditionen.
  2. Nach Möglichkeit nicht auf Händlerkredite setzen, zumindest nicht großflächig. Nicht alles kann bei einem Unternehmen erworben werden. In der Praxis entsteht deshalb rasch eine Kaskade verschiedener Kredite. Schlecht nicht nur für den eigenen Schufa-Score, sondern auch den Überblick bei der Abtragung.

Dabei ist es natürlich zwingend nötig, eine Gesamtsumme zu kennen, also nicht „ins Blaue hinein“ Geld zu leihen. Die richtige Vorgehensweise lautet deshalb, zunächst zu eruieren, welche exakten Modelle es sein sollen. Dann deren Preise bei den Händlern herauszufinden, alles zusammenzurechnen und das Geld zu leihen – gegebenenfalls mit einer Reserve in Höhe einiger weniger Prozente, um Unwägbarkeiten, Liefergebühren und dergleichen abfedern zu können.

Die Kamera beim Einstieg in die Videoproduktion

Natürlich, ohne Kamera gibt es keinerlei Aufnahmen und darum keinen Einstieg in die Videoproduktion. Und fraglos ist dieses Gerät auch für viele der teuerste Einzelposten auf der Ausgabenliste. Hier gibt es letztlich nur zwei Optionen:

  • Der Camcorder als „richtige“ Videokamera, wie die PXW-Z90 von Sony.
  • Die digitale Spiegelreflexkamera (DSLR) und die sich aktuell immer stärker verbreitende spiegellose MILC bzw. DSLM – letzteres ist die gängigere Abkürzung. Also Fotokameras, welche als (sehr fähige) Filmkamera eingesetzt werden.

Schon in den 2010ern wurden DSLRs auch zudem in vielen hochkarätigen Produktionen eingesetzt; heute ist die Verteilung je nach Branche sogar gut gemischt. Beide Bauformen haben ihre eigenen Vor- und Nachteile, die jedoch vielfach subjektiver Natur sind. So benötigt die DSLR/DSLM zwar mehr externes Zubehör (etwa Schulterstative), kann dadurch aber auch flexibler auf dem Filmset eingesetzt werden. Umgekehrt liefern Camcorder alles in einem Paket, haben aber häufiger proprietäre Zubehörteile.

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Kamera, Ton-Ausrüstung und etwas Licht reichen für den Start | © Illustration: Pavel Sokolov

Wichtig ist jedoch, sich beide Bauformen objektiv im Detail anzuschauen. Auch, weil beide erwähnten Systeme sich preislich nicht sonderlich unterscheiden. Zudem sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass auch der Camcorder ein Modell mit Wechselobjektiv ist – sonst limitiert man sich unnötigerweise. Entsprechend sollte zu Anfang eine grundständige Auswahl von Objektiven bereitstehen – die einen Bereich von ca. 16 bis 200 Millimeter Brennweite abdecken.

Die SD-Karten

Man muss beim Einstieg in die Videoproduktion nicht zwingend in 4k filmen, um binnen kürzester Zeit enorme Datenmengen anzuhäufen. Von zentraler Wichtigkeit ist deshalb eine ausreichende Anzahl an SD-Karten. 64 GB sollte die Mindestkapazität sein, noch wichtiger ist jedoch die Speichergeschwindigkeit. Sie sollte 90 MB/s deutlich überschreiten – je mehr, desto besser.

Wie viele Filmminuten auf eine Karte passen, hängt natürlich von der Bildqualität, der Anzahl von Frames pro Sekunde und dem Codec ab – genaueres steht in der Kamera-Anleitung. Wichtig ist jedoch, auch hier nicht zu knapp zu kalkulieren und bei den SD-Karten niemals falsch sparsam zu sein.

Die Stabilisierung

Es gibt Situationen, in denen die händisch gehaltene Kamera das Bildoptimum darstellt. Vielfach ist es jedoch nötig, stabilere Verhältnisse zu schaffen.

Die drei wichtigsten Techniken zur Stabilisierung von Kameras:
  • Das Stativ mit einem (hydraulisch) gedämpften Stativkopf. Ein Must-have, welches unbedingt vorhanden sein sollte. Unbedingt mit Schnellverschluss, um die Kamera zügig aufnehmen und absetzen zu können.
  • Das Rig, welches ein komfortables Aufnehmen von der Schulter ermöglicht. Für DSLRs/DSLMs und die meisten kompakten Camcorder ist es ebenfalls nahezu zwingend. Darum, weil diese Geräte bei Weitem zu kompakt sind, um ohne Rig auf der Schulter getragen werden zu können.
  • Der Gimbal, ein kardanisch aufgehängter Stabilisator, welcher freihändige und dennoch enorm ruhige Aufnahmen ermöglicht. Zwar optional, aber sehr wirkungsvoll.

Systeme zur Stabilisation der Videokamera garantieren nicht nur professionelle Aufnahmen – sind erhöhen auch den Komfort für den Bediener.

Der Ton

Zwar sind heute alle Kameras mit halbwegs tauglichen Mikrofonen ausgestattet, für echte Videoproduktionen (auch im Amateurbereich) und einen professionellen Einstieg in die Videoproduktion sind diese jedoch selten ausreichend. Vor allem, um unerwünschte Geräusche auszublenden und den gewünschten Ton kristallklar einzufangen.

Bei der Gründung einer Videoproduktionsfirma erforderliches Ton-Equipment

  • Klemmmikrofone (Ansteckmikrofon) für Gesprächssituationen. Dieses können bei Interviews oder für Spielszenen unauffällig direkt an der Person befestigt werden.
  • Ein Richtmikrofon zur Montage auf der Kamera.
  • Ein weiteres (Richt-)Mikrofon mit Supernieren- oder Keulen-Charakteristik zur Montage an einer Tonangel. Beachte, dass zu deren Einsatz eine weitere Person auf dem Filmset erforderlich ist. Eine Tonangel mit einem Mikrofon am Ende so zu führen, dass sie genügend nah an der Tonquelle ist, aber nicht im Filmbild sichtbar, erfordert Erfahrung und ist auf Dauer physisch anstrengend.
  • Eine Funkstrecke, um die Signale kabellos direkt in die Kamera übertragen zu können.

Ob auch ein Mischgerät vorhanden sein muss, hängt vom Produktionsniveau ab. Vorteilhaft ist es jedoch, wenn es vorhanden ist und von einem Helfer bedient wird, welcher während der Aufnahme nachregeln kann.

Einstieg in die Videoproduktion: Die Beleuchtung

Abermals gilt, dass es Situationen gibt, in denen es vollkommen genügt, auf vorhandenes natürliches Licht zu vertrauen. Sobald jedoch die Sonneneinstrahlung und Wolkenbedeckung nicht dieses Optimum ermöglichen, muss Licht gesteuert werden – also wahlweise abgemildert oder hinzugefügt werden.

Bei der Wahl des für die Beleuchtung erforderlichen Equipments gilt:
  • Grundsätzlich sollte eine große LED-Tageslichtleuchte zur Montage auf der Kamera vorhanden sein.
  • Besser ist es jedoch, wenn diese Leuchte in zweifacher Ausführung vorhanden ist und um ein Leuchtstativ ergänzt wird. Das erleichtert die Lichtsteuerung. Hierbei sollte unbedingt auf große Flächen geachtet werden.
  • Je größer die Leuchten, desto optimaler ist die Lichtausbeute.
  • Gern können auch solche LED-Panels gewählt werden, die ein Einstellen der Lichtfarbe ermöglichen, wodurch diese situationsabhängiger justiert werden kann. Natürlich: Ersatz-Akkus nicht vergessen.
  • Ebenfalls vorhanden sein sollten auch Softboxen oder Diffusoren, welche das Licht der Tageslichtleuchte sanfter machen.

Ferner können verschiedenfarbige Reflektoren dabei helfen, vorhandenes Licht besser zu steuern – oder es, falls gewünscht, auch abzuschwächen.

Die Audio- und Videobearbeitung

Was während der Aufnahmen auf den SD-Karten landet, ist zunächst nur „Rohmat“, unbearbeitetes Rohmaterial – das meist nicht einmal in der korrekten Reihenfolge aufgenommen wurde und umfassend geschnitten werden muss.

Was du dir beim Einstieg in die Videoproduktion für Nachbearbeitung (Postproduktion) anschaffen solltest:
  • Das Mindestmaß dessen, was vorhanden sein sollte, ist eine anständige Videoschnitt- bzw. Bearbeitungs-Software. Diese muss nicht unbedingt teuer sein.
  • Unter anderem mit der Software „Blender“ und „Shortcut“ stehen gleich mehrere leistungsfähige, aber quelloffene Programme zur Verfügung.
  • Wenn der Ton bei der Aufnahme sorgsam eingepegelt wurde, dann genügt in der Regel die Video-Software, um die nötigen Justierungen vornehmen zu können.
  • Mitunter kann es jedoch besser, einfacher oder auch notwendig (beispielsweise bei Voice-overs) sein, den Ton getrennt zu behandeln. In dem Fall ist auch eine Sound-Software nötig.
  • Mit „Audacity“ gibt es eine kostenlose Open-Source-Lösung, die dennoch sehr leistungsfähig ist.
  • Natürlich muss dies alles auch auf einem Rechner installiert sein, der nicht nur die nötige Leistungsfähigkeit für das Rendern der fertigen Szenen liefert, sondern auch die notwendige große Speicherkapazität besitzt.

Je nachdem, wie die Videoproduktionen im Detail aussehen, ist es deshalb sinnvoll, den Computer um eine NAS oder ein ähnliches Server-System zu erweitern, auf dem das Rohmaterial wie die fertigen Filme dauerhaft gespeichert werden können.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 11.05.2021

Carlo Olsson 99 Artikel
Carlo Olsson begleitet die Herstellung von Filmen, Videos und TV-Serien im Auftrag von Unternehmen, Agenturen und Produktionsfirmen. In seiner Freizeit spielt er Eishockey und beschäftigt sich mit barocker Klangdramatik.

2 Kommentare

  1. Was, wenn der Schauspieler einen Drogensüchtigen spielt und sich in der Nahaufnahme Drogen injiziert…. Wo kann man solche „fake“-Spritzen kaufen?

  2. Thomas Rüd -> Danke für diese Frage, die für Einsteiger in die Videoproduktion eher unüblich ist.  Du findest solche Utensilien im Internet unter dem Suchbegriff  »Einziehbare Stuntspritze (10cc)« oder »FX Spritzen« (das FX steht für die englische Abkürzung „Special Effect“) oder »NewRuleFX Brand 5ml Retractable Hypo Syringe Prop« (Prop = Requisite in englischer Sprache). Bitte auf keinen Fall mit gebrauchten, alten Spritzen versuchen ⛔ oder selbst mit neuen, echten Spritzen ⛔etwas basteln – damit riskiert man, wenn was schiefgeht, Haftungsklagen und begeht im schlimmsten Fall sogar ein Strafdelikt! 👍 Tipp: Im Videoschnitt lässt sich so etwas übrigens mit der richtigen Wahl der Einstellungen einfach und gleichermaßen emotional erzählen, ohne dass du dazu Equipment kaufen musst.

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