Die Qualität eines guten Films wird zur einen Hälfte durch das Casting und zur anderen durch das Location-Scouting bestimmt. Das mag vielleicht nicht zu 100 % richtig sein. Niemand aber wird bestreiten, dass die Wahl der Drehorte wesentlich zur Attraktivität und Stimmung eines Films beiträgt. Wie eng die Filmqualität mit der Arbeit des Locationscouts verknüpft ist, zeigt diese Checkliste.
In dieser Checkliste für das Locationscouting findest du alle wichtigen Punkte, die bei der Auswahl eines Drehortes wichtig sind und dir bei der Suche nach einer Filmlocation helfen.
Vorbereitung der Suche nach dem perfekten Drehort
Bevor der Locationscout, oder eine andere Person aus dem Produktionsbüro, das Location Scouting beginnt, müssen einige Vorarbeiten und Abklärungen getroffen werden.
Vorbereitung des Location Scoutings:
Studium des Drehbuchs:
das Konzept oder das Drehbuch sind immer und ohne Ausnahme die Basis für die Suche nach dem Drehort. Der Locationscout muss die Funktion der Film Locations und deren Wichtigkeit für die Story verstehen. Der Drehort folgt der Story. Nicht umgekehrt.
Liste der Schauplätze:
Für das Location Scouting wird immer eine Liste der erforderlichen Innen- und Außenräumlichkeiten abgearbeitet. Dieser Auszug aus dem Drehbuch erstellt das Produktionsbüro oder die Regieassistenz. Oftmals sind in dieser Auflistung bereits Symbolbilder enthalten.
Drehlogistik:
für das Location Scouting entscheidend sind nicht nur weit überdurchschnittliche Ortskenntnisse der Person, die mögliche Filmschauplätze recherchiert und evaluiert. Jeder Film und jede Videoproduktion besitzt ein Budget, an dem sich die Drehortsuche ausrichten muss! Das beginnt mit dem für Drehortmiete kalkuliertem Betrag, führt über die Kosten für Transportwege der Filmcrew und den Terminplan hin zum Spesenbudget für die Suche nach Drehorten. Ein Scouting von Locations, das sich nicht an den Möglichkeiten und Parametern einer Produktion orientiert, ist wertlos.
Durchführung des Location Scoutings
Einmal unterwegs, zielt das Scouting nach Drehorten darauf ab, eine vorab festgelegte Auswahl an verfügbaren und vor allem geeigneten Schauplätzen zu sichten und zu dokumentieren.
Konkrete Aufgaben beim Scouting nach Locations vor Ort:
Dokumentationsmittel:
Jeder Drehort wird mit einer Fotokamera oder Videokamera umfassend dokumentiert. Der Umfang, in dem das gemacht wird, hängt davon ab, ob nach der ersten Auswahl in eine zweite Besichtigung des Drehortes in Anwesenheit von Regie, Kameraperson und Produktionsleitung erfolgt. Oder ob aus Budgetgründen auf Grundlage des Bildmaterials bereits ein finaler Entscheid getroffen werden muss.
Licht:
der Scout dokumentiert die Ausrichtung der Lokalitäten, damit das Kamerateam und das Beleuchterteam mögliche nicht Veränderungen durch Bewegungen der Sonne abschätzen und das Filmlicht entsprechend planen können. Dieses Erfordernis besteht für Innenräume wie für außen Drehorte. Ein besonderes Augenmerk legt der erfahrene Locationscout auch auf Mischlicht-Situationen oder Beleuchtungskörper, die mit ihrer Frequenz ein Bildflackern hervorrufen können. Hierzu gibt es hilfreiche Apps für das iPhone oder Android-Geräte.
Raumhall („Echo“):
Jeder Raum klingt anders. Zum Problem wird dies in großen Räumen oder dort, wo Betonwände die Architektur dominieren. Diesfalls muss nach Rücksprache mit dem Tonmeister mit schalldämpfenden Raumelementen wie Schallwänden gearbeitet werden.
Zeitliche Verfügbarkeit:
das Zeitfenster, in dem ein Drehort verfügbar ist, muss zwingend beim Location Scouting abgeklärt werden. Dabei muss eingeplant sein, dass Dreharbeiten wegen Wetteränderungen umdisponiert werden können. Grundsätzlich sollte sich die Zugänglichkeit zu einer Lokalität nach dem Drehplan richten und nicht der Drehplan an der Helligkeit einer Location. Ansonsten wird die Drehplanung zu einem Puzzlespiel, das nahezu unlösbar ist und in der Folge durch eine längere Gesamtdrehzeit Mehrkosten nach sich zieht.
Abgeltung:
Eigentümer der gewünschten Drehorte fordern in der Regel eine Abgeltung für die Zurverfügungstellung ihrer Immobilien. Bei längeren Aufnahmen ist es möglicherweise sogar erforderlich, dass die Bewohner für die Drehzeit in ein Hotel umgesiedelt werden müssen. All diese Dinge sind schon beim Location Scouting abzuklären. Im Idealfall werden sie bereits zu diesem Zeitpunkt in einem kurzen Deal Memo mit dem Besitzer geregelt. Nichts ist ärgerlicher, als wenn der Regisseur sich für einen Drehort begeistert, dieser dann plötzlich aus Gründen, die man schon beim Scouting der Location hätte klären können, nicht mehr verfügbar ist. Oder weil sich der Besitzer in der Zwischenzeit mangels Verbindlichkeit um entschieden hat.
Versicherungen:
das Argument, durch einen umfänglichen Versicherungsschutz gegen allfällige Schäden gedeckt zu sein, gibt vielen Eigentümern diejenige Sicherheit und das Vertrauen, eine Filmcrew auf das eigene Anwesen zu lassen. Oder den Zutritt in die eigenen Wohnräumlichkeiten zu gewähren. Zugleich ist es immer möglich, dass ungewollt ein Scheinwerfer umfällt und den teuren Parkettboden beschädigt oder eine Deckenlampe beim Abmontieren zu Bruch geht.
Energie / Stromanschlüsse:
der Energieverbrauch ist schon bei durchschnittlichen Dreharbeiten nicht mehr nur mit Strom aus der Steckdose zu gewährleisten. Es ist die Aufgabe des Locationscouts, verfügbare Anschlüsse zu dokumentieren und zugleich auch das Einverständnis einzuholen, entweder für die Dauer des Drehs zusätzliche Starkstromanschlüsse durch qualifizierte Experten zu installieren oder Zuleitungen von einem Generator sicherzustellen.
Nachbarschaft und Lärm:
weil Filmdreharbeiten normalerweise nicht in einer von Menschen verlassenen Wüste stattfinden, ist beim Scouting einer Filmlocation auch die Evaluation von möglichen Schwierigkeiten, welche Lärm, Verkehr und Licht der Nachbarschaft bereiten könnten, erforderlich. Dazu gehört auch ein Vermerk zuhanden der Produktion, wenn polizeiliche Bewilligungen für Parkplätze oder die Nutzung des öffentlichen Raums oder für lärmintensive Vorgänge bei Nachtdrehs eingeholt werden müssen.
Präsentation der Drehorte nach der Drehortsuche
Ist das Location Scouting abgeschlossen, erstellt der Locationscout eine Präsentation für Regie und Produktion.
Zu einer professionellen Präsentation der Resultate einer Drehortsuche gehören:
Auswahl aufbereiteter Fotos oder Videosequenzen:
kein Regisseur, kein Regieassistent und kein Produzent mag in der ersten Auswahlrunde stundenlange Aufnahmen und Dutzende Fotos ansehen. Der Locationscout stellt darum die aussagekräftigsten Fotos als Selektion zusammen. Weiteres Material hält er für Nachfragen und als Alternative bereit. Essenziell: Jedes Foto und jede Videosequenz ist direkt im Bild / Videoaufnahme mit dem Namen der Location beschriftet. Wer mit unbeschrifteten Aufnahmen hantiert, setzt sich einer Verwechslungsgefahr aus, die bei größeren Filmproduktionen mit entsprechender Arbeitsteilung nicht nur real ist, sondern die eigene Karriere beenden kann!
Dossier für jede Location:
das visuelle Material wird für jeden präsentierten Drehort ergänzt mit einer Übersicht aller relevanten Eckdaten zum Drehort (Deckblatt) und einer Mappe (Dossier) mit allen weiteren verfügbaren Detailinformationen. Aufgeführt werden muss nicht alles, aber alles, was für die späteren Dreharbeiten von Bedeutung sein kann. Dazu gehören etwa die fehlende Erlaubnis, am Drehort die Toiletten zu nutzen, Räume, die vom Besitzer verschlossen werden oder geplante Umbauarbeiten in der Nachbarschaft.
Datensicherung:
wer nicht schon während dem Location Scouting seine Daten konstant mit einer Cloud synchronisiert, sichert diese jeden Abend auf einer zweiten Harddisk. Nicht nur Zeit ist Geld, beim Scouting von Locations sind auch Informationen und Daten wertvoll.
Gut gesucht und geplant ist halb gewonnen: Je professioneller die Drehortsuche durchgeführt wird, desto einfacher verlaufen die Drehvorbereitung und später die Filmaufnahmen vor Ort.
Ein weiterer Vorteil eines professionellen Locationsuche ist die Möglichkeit, die Arbeitsergebnisse detailliert in eine Datenbank einzuspeisen, womit die eigene Arbeit zukünftig an Effizienz gewinnt. Denn beim Vorhandensein eines umfassenden Registers potenzieller Drehorte reicht in vielen Fällen ein Anruf bei der Kompaktperson für eine Lokalität, um sich zu versichern, ob die eingetragenen Angaben noch immer korrekt sind.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 27.05.2022
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