Liebe, Intrigen und ein Hauch von Eleganz – das GZSZ-Special in Paris | Interview mit Annette Herre

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Ein schlechter Tag in Paris ist immer noch ein Tag in Paris. | © RTL, Pascal Bünning

Liebe auf den ersten Blick, dunkle Geheimnisse und der Scheinwerferlicht-Glanz der Mode. Die Kult-Serie »Gute Zeiten, schlechte Zeiten« entführt die Zuschauer mit einem Special in das Herz von Paris. Im Auftrag von RTL dafür mitverantwortlich: Annette Herre. FILMPULS hat der Produzentin einige nicht ganz alltägliche Fragen zur Erfolgsserie und zu ihrem Leben als TV-Produzentin gestellt.

Dort, wo Romantik auf Realität trifft, erzählen die zwei Produzentinnen Annette Herre und Annica Heine von UFA Serial Drama für RTL im GZSZ-Special Paris von den emotionalen Wendepunkten in Lauras und Johns Beziehung und von Emilys Karriereambitionen. Im exklusiven Interview enthüllt Annette, wie es zum Special in Spielfilmlänge in der Stadt der Liebe gekommen ist.

Filmpuls:Annette, wie ist es zur Idee für das Paris-Special gekommen? Erzähl bitte vom allerersten Moment, an dem dieses Special ein Thema war: Wo warst du da gerade? Was ist dir dabei (alles) durch den Kopf gegangen?

Annette Herre:Ganz simpel: ich saß vor meinem Rechner und habe mit meinem Kollegen, Tobias Krisa-Yamamoto, unserem Produktionsleiter, ein Brainstorming gemacht, welche besonderen Drehorte für ein GZSZ Special in diesem Jahr in Frage kommen. Obwohl uns klar war, dass eine Stadt wie Paris drehtechnisch eine Herausforderung sein wird, habe ich mich schnell in die Idee „verliebt“, dass wir Paris in den Mittelpunkt stellen. Ich liebe die Stadt auch privat sehr und ich habe mich von meinem Gefühl leiten lassen.

Was unser Paris-Special angeht: Gerade hier bin ich besonders zufrieden, dass wir Paris so toll ins Bild bekommen haben.
Annette Herre

Filmpuls:Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung, hauptsächlich beim Dreh in Paris?

Annette Herre:Uns war von Anfang an klar, dass ein Auslandsdreh in einer der meistbesuchten Städte der Welt nicht ohne Hindernisse umsetzbar sein wird. Allerdings haben wir erst nachdem unser Buch praktisch fertig war erfahren, dass in diesem Jahr Drehteams aus aller Welt noch „schnell“ in Paris abdrehen müssen, da es im nächsten Jahr, 2024, wegen der Olympischen Spiele keine Drehgenehmigungen mehr geben wird. Das hat sich natürlich auf die Kosten, die Timeslots zum Drehen und die Drehorte insgesamt ausgewirkt. Dank unserer kompetenten Länderkoordinatorin, die natürlich „Native Speakerin“ ist, haben sich glücklicherweise viele Sorgen der Vorbereitung beim Dreh in Luft aufgelöst.

GZSZ-Special Paris
„Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ in Paris
am 23. November 2023 ab 19:40 Uhr in Spielfilmlänge im TV: Drama pur

Filmpuls:Gab es beim Dreh Momente, in denen du persönlich gezweifelt hast, ob die Vision, die sich der/die Drehbuchautoren ausgemalt haben, in die Realität umgesetzt werden kann.

Annette Herre:Nein, daran habe ich keine Sekunde gezweifelt. Nachdem wir unser allererstes Bild sehr früh morgens – vor dem Touristenstrom – erfolgreich abgedreht hatten, war mir klar, dass wir jedes Hindernis in den Griff bekommen: das erste Bild (im Dreh …) spielt in einem berühmten Café an einem belebten Platz: während unseres Drehs zwischen 7:00 und 9:00 morgens fuhren bestimmt 10 Lieferwagen, 3 verschiedene Mülllastwagen und diverse andere Fahrzeuge durch unser Motiv … im fertigen Bild sieht man davon nichts.

© Foto: Matthias Marx
annette herre interview

Seit 2020 wirkt Annette Herre als Produzentin im Development bei der UFA und hat seit 2021 den „GZSZ“-Serienkosmos durch zwei Spin-offs und ein internationales Special bereichert.

Annette hat ein Studium der Theater-, Film- und Fernsehwissenschaften an der Universität Erlangen absolviert. Ihre Karriere begann mit diversen Engagements in Theater und Fernsehen, bis sie 1997 ihre Leidenschaft für die Produktion fiktionaler Serien entdeckte.

Ab 2001 war Annette Herre als Regisseurin tätig. Sie hat in dieser Funktion eine Vielzahl von Episoden bekannter Serien wie „Verbotene Liebe“, „Unter uns“ und „Alisa – Folge deinem Herzen“ umgesetzt.

2012 war sie maßgeblich an der thematischen Neuausrichtung der RTL-Serie „Alles was zählt“  beteiligt und führte als Producerin technische Innovationen ein, die die Serie kreativ vorantrieben. Zwischen 2017 und 2020 setzte sie als ausführende Produzentin zwei Staffeln der Primetime-Serie „Nachtschwestern“ für den Sender RTL um.

Für ihre Schlüsselrolle bei der Neukonzeption der Serie „Verbotene Liebe“, wo sie als Producerin sowohl den Inhalt als auch die Produktionsprozesse erneuerte, erhielt sie mit ihrem Team die Auszeichnung „Rose d’Or“ für die weltweit beste Soap-Opera.

Filmpuls:Wie handhabt man beim Paris-Special von GZSZ dramaturgisch den Balanceakt zwischen Drama und Romantik?

Annette Herre:Also das ist eine Frage, über die ich ein ganzes Essay schreiben müsste … das Besondere im Format Daily Drama ist, dass man verschiedene Genres wie Drama, Romantik, Crime, Action, Liebe und vieles mehr erzählen kann und darf. Auch die Verknüpfung kann auf unterschiedliche Art passieren. Wichtig ist doch vor allem, dass wir die Zuschauer:innen nicht „von der Leine lassen“, das heißt, dass sie im besten Fall so involviert sind, dass sie keine Minute verpassen wollen.

Filmpuls:Was dürfen die Fans von den Entwicklungen der Charaktere Laura, John und Emily im Special erwarten?

Annette Herre:Laura und John haben ja insgesamt ein sehr dramatisches und emotionales Jahr hinter sich. Die beiden Charaktere haben gerade – endlich – geheiratet und sind in Paris auf „zweiter Hochzeitsreise“. Während John sich unbeschwerte Tage mit seiner großen Liebe Laura erhofft, hat Laura noch eine zweite Agenda, die die Beziehung der beiden auf eine echte Probe stellen wird.Emily hingegen steht beruflich kurz vor dem Höhepunkt ihrer Karriere als Taschendesignerin; kann diesen Erfolg aber fast nicht genießen, weil sie durch die Trennung von Sascha doch emotional angeschlagener ist, als sie sich erst eingestanden hat. Doch wie es der Zufall will, trifft sie auf zwei Männer in Paris: Beide Begegnungen helfen ihr wieder nach vorn zu schauen.

Filmpuls:Was steckt hinter den Geldscheinen, die auf dem Key Visual zu sehen sind? Sag nicht, du darfst es nicht verraten (oder wenn das so ist, gib uns die Antwort wenigstens in Form eines Rätsels)

Annette Herre:Okay – ein Rätsel: Wozu braucht man eigentlich „Notfallgeld“? a) Für ein tolles Paar Designer-Schuhe? Oder b) Um ein Leben zu retten?

Filmpuls:Welche Überlegungen spielten bei der Entscheidung, ein Special für GZSZ in Paris zu drehen, eine Rolle, in einer Zeit, in der die Umweltauswirkungen von Produktionen zunehmend in den Fokus rücken?

Annette Herre:Die UFA hat in den letzten Jahren schon über 20 Kolleg:innen zu „Green Consultants“ ausgebildet. Das bedeutet, dass wir uns Standards gesetzt haben, wie wir negative Umweltauswirkungen reduzieren wollen. Gerade Paris ist ein gutes Beispiel: hier konnten wir unser komplettes Team per Zug reisen lassen und konnten so weit wie möglich aufs Fliegen verzichten.

„Skandale und Schockmomente“ als Begrifflichkeiten reduzieren unsere Geschichten unangemessen.
Annette Herre

Filmpuls:Was kannst du uns über deine Erfahrungen mit der Entwicklung von Spin-offs und Auslandsspecials erzählen?

Annette Herre:Die Entwicklung von Spin-offs bietet vor allem neue Welten, die so im täglichen Seriengeschehen erst mal nicht unbedingt möglich sind. Diese neuen Welten zu erfinden und sie mit der Realität zu „synchronisieren“, ist eine der schönsten Aufgaben. Für das Spin-off „Leon – Glaub nicht alles, was du siehst“ haben wir einen fiktiven Ort an der Ostsee erfunden: „Engelshoop“. Den zu bebildern und für uns und die Zuschauer:innen zu einem „Ganzen“ zusammenzubauen, war eine Herausforderung. Aber wenn am Schluss Regisseur und Ausstattung einen Ortsplan von Engelshoop kreieren und im Set an die Wand hängen, weiß ich, dass es uns gelungen ist.

Filmpuls:Wie reagierst du auf Stimmen, die sagen, dass die RTL-Serie wegen der Quote zu sehr auf Skandale und Schockmomente setzt, anstatt auf tiefgründige Charakterentwicklungen?

Annette Herre:Da würde ich sagen, dass diese Stimmen aber schon lange nicht mehr in GZSZ oder die anderen Dailys der UFA Serial Drama geschaut haben. „Skandale und Schockmomente“ kommen mir als Begrifflichkeiten doch sehr retro vor. Und reduzieren unsere Geschichten unangemessen. Im Daily Drama geht es vor allem um nachvollziehbare Emotionen; weniger um „Skandale“.

Filmpuls:Du hast beruflich schon beide Rollen erfolgreich gelebt, Regisseurin und Produzentin. Wie alle wirst du nun antworten wollen, das ist ein Vorteil. Ich aber möchte wissen: Was ist der Nachteil, wenn man beide Jobs gemacht hat.

Annette Herre:Hier muss ich passen: Ich sehe wirklich keinen einzigen Nachteil. Wenn ich als Regisseurin unterwegs bin, kann ich es genießen, dass ich mich „nur“ aufs Drehen konzentrieren darf. Und als Produzentin schätze ich es einfach, dass ich alle Fäden in der Hand halte; aber auch immer die Perspektive des Sets einnehmen und verstehen kann.

RTL UFA gute zeiten schlechte zeiten
V.l.: Anne Menden, Produzentin Annica Heine, Felix von Jascheroff, Produzentin Annette Herre, Chryssanthi Kavazi | © RTL, Anna Riedel

Filmpuls:Bist du eine Strategin? Von Geburt an? Oder gezwungenermaßen?

Annette Herre:Ich bin sowohl sehr strategisch als auch chaotisch kreativ. Ich denke, dass man in meinem Beruf – als Regisseurin und als Produzentin – im besten Fall beides ist.

Filmpuls:Welchen Einfluss hat das zunehmende Streaming-Angebot auf die Planung und Produktion traditioneller TV-Formate wie GZSZ?

Annette Herre:Durch das wahnsinnig große Streaming-Angebot haben die Zuschauer:innen eine wirklich komplexe Seherfahrung. Das bedeutet, dass auch unsere Serien hochwertig, modern und heutig rüberkommen müssen. „Weiterentwicklung“ von Serien sehen wir als eine unserer Kern-Aufgaben. Weiterentwicklung, ohne unseren Markenkern der jeweiligen Serie aus den Augen zu verlieren. Interessant für uns ist die Tatsache, dass unsere Formate sowohl im Streaming auf RTL+ als auch linear stark nachgefragt werden.

Filmpuls:Hand aufs Herz: Magst du unseren Leser:innen als erfolgreiche TV-Macherin dein Erfolgsgeheimnis verraten?

Annette Herre:Hand aufs Herz: ich plaudere doch hier nicht aus unserem „Nähkästchen“. 😉 Serien und Filme sind immer Teamarbeit. Einerseits eine gute Vorbereitung bei der Auswahl der Motive; andererseits gelingt das natürlich mit einer hervorragenden Regie und einem tollen DOP, die zusammen die Entscheidungen über die Blickrichtungen, Hintergründe, Lichtstimmungen und Einstellungen treffen. Und wir– die Produzent:innen der UFA Serial Drama – produzieren immer ein Mühchen preiswerter als andere Produktionen; das gehört zu unserer Kernkompetenz. Aus all diesen Gründen sieht man im GZSZ Special eben keine „Kompromisse“: Gerade hier bin ich besonders zufrieden, dass wir Paris so toll ins Bild bekommen haben!

Das Interview mit UFA-Produzentin Annette Herre zum Special auf RTL der Serie „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ wurde aus Zeitgründen in schriftlicher Form geführt. Die Publikation dieses Artikels erfolgt unentgeltlich und wird unter der alleinigen redaktionellen Verantwortung von Filmpuls veröffentlicht. Die Fragen stellte Kristian Widmer.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 22.11.2023

Kristian Widmer 15 Artikel
Kristian Widmer ist Mitglied der Schweizer Filmakademie und der Schweizerischen Management Gesellschaft SMG. Der promovierte Jurist und Inhaber eines MBA der Universität St. Gallen HSG war langjähriger CEO der 1947 gegründeten und mit einem Academy Award™ ausgezeichneten Condor Films AG.

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