
Wigald Boning ist Musiker, Schriftsteller, Comedian, zuweilen Schauspieler und leidenschaftlicher Einkaufszettel-Sammler. In seiner neuen Serie „Rock the Classic“ greift der bekannte TV-Moderator immer wieder spontan selbst zur Querflöte und improvisiert mit Top-Acts wie der Folk-Metal-Band Eluveitie live vor der Kamera.
Filmpuls wollte von Wirbelwind Wigald im Interview wissen, was er über Kreativität und über Psychopathen denkt.
Filmpuls:Wigald, wer bist du?
Wigald Boning:Ich bin ein gedrungen gebauter, robuster, kurzsichtiger Allrounder, der von sich gerne behauptet, im vorigen Leben ein Shetland-Pony gewesen zu sein. Gerne wird mir ein gewisser Witz unterstellt, meine Kinder jedoch nennen mich aus Überzeugung „Mr. Humorlos“.
Filmpuls:Was ist Kreativität?
Wigald Boning:Kreativität ist wohl die Fähigkeit, Ideen zu entwickeln und zu verknüpfen, sodass Probleme einer neuartigen Lösung zugeführt werden können. Ein Kennzeichen des Menschen, aber auch mancher Tierarten.
Die Behauptung, kreative Menschen seien Psychopathen, wird verdächtig oft von weniger kreativen Menschen aufgestellt.
Wigald Boning
Filmpuls:Würdest du dich selbst als kreativ bezeichnen?
Wigald Boning:Durchaus. Ideenverknüpfung macht mir Spaß; je weniger das Ideenausgangsmaterial ursprünglich miteinander zu tun hat, desto erfrischender die Lösung (wobei nicht jede Ideenverknüpfung Probleme löst, leider).
Filmpuls:Kann man Kreativität lernen oder sogar weitergeben?
Wigald Boning:Bestimmt gibt es gewisse kreativitätsförderliche Anlagen, die vererbt werden können, aber ganz sicher gibt es auch Muster, Strukturen, Methoden, die erlernt werden können – etwa im kindlichen Spiel, aber auch später. Die Behauptung, kreative Menschen seien Psychopathen, wird verdächtig oft von weniger kreativen Menschen aufgestellt.
Filmpuls:Kreativität ist angeblich ansteckend. Aber nur wenige wissen, dass sie auch anstrengend ist. Korrekt?
Wigald Boning:Ich glaube weder, dass Kreativität ansteckend ist (leider), noch empfinde ich sie als Anstrengung (glücklicherweise). Ich habe zweierlei beobachtet: Zum einen wird die Behauptung, kreative Menschen seien Psychopathen, verdächtig oft von weniger kreativen Menschen aufgestellt. Zum anderen habe ich Menschen erlebt, die zwar nicht die Kreativität selbst, aber doch die Fähigkeit, ein kreatives Unterfangen zu realisieren, gewissen geistigen Eigentümlichkeiten verdankten, etwa einer milden Form von Autismus (ich bin kein Psychologe oder Neurologe und spreche als Laie).
Filmpuls:Was ist deiner Meinung nach der absolute Unterdrücker von Kreativität?
Wigald Boning:Unfreiheit. Echte Kreativität gedeiht nur bei völliger geistiger Freiheit! Mein Vorbild ist das kindliche Spiel.
Filmpuls:Schon mal eine Kreativitätsblockade gehabt?
Wigald Boning:Eine Kreativitätsblockade äußert sich bei mir im Unwillen, mich mit X zu beschäftigen. Ich gehe dann einmal um den Pudding und wende mich Y zu. Kreativität geht auf das lateinische Wort creare zurück, was so viel bedeutet wie „etwas neu schöpfen, etwas erzeugen, herstellen“.
Filmpuls:Gibt es etwas von dir „Geschöpftes“, auf das du besonders stolz bist?
Wigald Boning:Stolz ist eine Todsünde. Ich bin eher dankbar, dass ich bisher so ein schönes Leben führen durfte und einen Großteil meiner Zeit spielen darf wie ein Kind. Paradiesisch.
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Filmpuls:Woher holst du dir deine Ideen?
Wigald Boning:Ich „hole“ mir gar keine Ideen. Sie entstehen auf eine Weise, auf die ich selbst wenig Einfluss habe. Organisierten „Brainstormings“ stehe ich skeptisch gegenüber. Hilfreich ist allerdings, wenn man mit Freunden gemeinsam „spielen“ darf – also bewusst ohne Ziel (wenigstens im eigentlichen Entwicklungsstadium). Inspiration durch Zoobesuch & Co kann natürlich auch nicht schaden. Ich schätze u. a. Mozart, Picasso und Robert Walser.
Filmpuls:Wenn Kreativität ein Musikstück wäre, wie würde es klingen?
Wigald Boning:Beides wären eklektizistische Collagen. Oder?
Filmpuls:Wie empfindest du deine neue TV-Serie „Rock the Classic“ in Bezug auf Kreativität?
Wigald Boning:Herrlich. Ich empfinde es als Privileg, dem Wegfindungsprozess kreativer Menschen beiwohnen zu dürfen. Das Ergebnis war bisher immer unterhaltsam – und der Weg dorthin mitunter noch unterhaltsamer.
Filmpuls:Was ist dein nächstes kreatives Projekt?
Wigald Boning:Seit August 2015 verbringe ich alle meine Nächte an der frischen Luft und mindestens bis März 2016 werde ich noch weiter so verfahren. Ort, Nacht & Schlaf lassen sich auf diese Weise neu kennenlernen. Hierüber zu schreiben, macht mir Spaß, und im September 2016 erscheint dann das dazugehörige Tagebuch.
Filmpuls:Danke dir, Wigald. Wir freuen uns auf die nächste Staffel von „Rock the Classic“ mit dir!
Das Interview wurde schriftlich geführt | Wigald Boning online: facebook.com/wigald.boning
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 12.01.2016

Einige Menschen glauben Kreativität, lasse sich studieren. Ich bin in einer Zeit aufgewachsen, wo ICH nicht studieren durfte.., habe trotzdem meinen Weg gefunden, glücklicher Weise. Meinen Beruf könnte ich in Zukunft nicht mehr erlernen, da es Menschen gibt, die der Meinung sind, dies in Zukunft verhindern zu müssen. Picasso hat ja auch nicht studiert, warum werden wir so beschnitten? Lasst uns unsere künstlerische, kreative Freiheit!