Der erste Gedanke, wenn man Sharon Stone live erlebt: Diese Frau strahlt aus sich heraus. Und ist ebenso lebensklug wie intelligent. Mit einem IQ von 154 zählt der Hollywood-Star zu den fünf Prozent der klügsten Menschen auf dieser Welt. Am Zurich Film Festival erlaubte die charismatische Film-Ikone überraschend private Einblicke in ihr außergewöhnliches Leben vor und hinter der Kamera.
Viele Hollywood-Stars haben Namen, die mit dem Erfolg größer werden als der Mensch dahinter. Umgekehrt gibt es im Filmgeschäft Charakterdarsteller, deren Talent die Bekanntheit ihres Namens übersteigt. Sharon Stone hat über Jahre dafür gekämpft, mehr als nur die schöne Blonde mit den langen Beinen zu sein und als talentierte Schauspielerin anerkannt zu werden.
Sharon Stone wurde diese Tage am 17. Zurich Film Festival für ihre schauspielerische Karriere mit dem renommierten Golden Icon Award geehrt. Dabei gab der Hollywood-Star ausgesuchten Vertretern der Presse zu Fragen über ihre Karriere und zu ihrer Person überraschend freimütig Auskunft.
Sharon Stone:Meine Karriere ist, was sie ist. Ich würde nichts daran ändern wollen! Wir alle haben unsere eigenen Lektionen zu lernen, wir alle haben unser eigenes Schicksal. Jeder Mensch macht seine eigene Reise.
Natürlich gibt es Höhepunkte in meiner Karriere. Großartige, ruhmreiche Momente, an die man sich dann erinnert. Aber so zu tun, als gäbe es keine schrecklichen Momente, wäre falsch! Denn es sind die großen Katastrophen, die uns dazu bringen, zu lernen und anschließend die wunderbarsten Dinge zu machen. Wir können nicht in unsere Größe hineinwachsen, ohne neue Dinge auszuprobieren. Natürlich scheitern wir oft dabei! Aber mit jeder neuen Sache, die wir neu versuchen und bei der wir scheitern, lernen wir erstaunliche und oft sehr subtile Dinge. Diese werden zur Essenz unseres späteren Erfolgs. Darum sind die größten Misserfolge in vielerlei Hinsicht oft auch die wichtigsten Grundlagen für großen Erfolg.
Sharon Stone (63) wurde im Alter von 19 Jahren von der renommierten Eileen-Ford-Modelagentur in New York unter Vertrag genommen. Ihr Bilder auf den Titelseiten von „Vogue“ und „Elle“ ebneten ihr schließlich auch den Weg zum Film.
Berühmtheit erreichte Sharon Stone über Nacht als Filmpartnerin von Michael Douglas in dem erotischen Thriller „Basic Instinct“ (1992). Ihre freizügige, selbstbewusste, laszive und gleichzeitig unterkühlte Darstellung dieser Femme fatale setzte nach Meinung vieler Kritiker neue Maßstäbe für die Grenzen, die im Hollywood-Kino für die Darstellung erotischer Themen galten. Stone rückte damit schlagartig in die Riege der bestbezahlten Filmstars Hollywoods.
Anschließende Versuche, dem Klischee als Hollywoods neue Sexgöttin zu entkommen, scheiterten. Den ersehnten künstlerischen Erfolg, zusammen mit einem Golden Globe und einer Oscar-Nominierung, brachte schließlich Martin Scorseses „Casino“ (1995) an der Seite von Robert De Niro.
Früher habe ich sechs bis zehn oder zwölf Angebote für Rollen pro Woche bekommen. Heute versuche ich viel stärker, mir Zeit bei der Wahl von Projekten zu lassen. Mit Taika Waititi (Anm.d.R.: neuseeländischer Filmregisseur, Drehbuchautor, Schauspieler, Maler und Comedian) würde ich sehr gerne einmal arbeiten. Ich denke, er ist einfach großartig. Ich mag seine Art zu denken. Dann gibt es viele Schauspieler, mit denen ich zusammenarbeiten möchte, und noch viel mehr Schauspielerinnen. Ein Großteil der Dreharbeiten für meine Filme bestand bisher aus mir als Frau mit zweihundertfünfzig Männern am Set. Obwohl ich gelernt habe, ziemlich fließend die Männersprache zu sprechen, würde ich wirklich gerne mehr mit Frauen arbeiten.
Sharon Stone:Aus meiner Sicht ist es nicht so, dass ich mich mehr als andere für Gleichberechtigung engagieren würde. Ich bin einfach überzeugt, dass alle gleich behandelt werden sollen. Alles andere ist totaler Schwachsinn! Warum muss eine homosexuelle Person Auskunft darüber geben, mit wem er schläft und wie er fickt? Niemand sagt zu mir: Oh, wie fickst du eigentlich und wen fickst du? Und liegst du oben oder liegst du unten Ich muss nicht in einen Raum gehen und erklären, wie ich Sex habe. Das sollte man niemandem erklären müssen. Diese Art Information ist unangemessen und entsetzlich, weil sie niemanden etwas angeht. Es ist beleidigend, Menschen nach ihrer Sexualität zu beurteilen.
Ich habe schon lange vor #MeToo über meine Situationen als Frau am Arbeitsplatz und darüber hinaus gesprochen. Es hat nur sehr lange gedauert, bis mir jemand überhaupt zugehört hat. Das ist immer eine sehr heikle Situation, als Frau im Filmbusiness, mit diesen vielen, vielen Männern. Aber Gott sei Dank hatte ich Brüder und einen außerordentlich starken Vater.
Ich habe mich nie als Feministin gesehen, weil mein Vater ein knallharter Feminist war. Er sagte mir als Mädchen: „Weißt du, du bist nur darum nicht besser als die Jungs, weil du willst, dass die Jungs dich mögen. Das ist falsch!“ Also lernte ich, besser als die Jungs zu sein. Und natürlich wollte dann keiner von denen mehr etwas mit mir zu tun haben. Das war früher ein großes Problem in meinem Leben. Ich musste mein Gleichgewicht finden, musste lernen, wie man gewinnt, ohne zu verlieren. Besonders als Frau ist das eine Herausforderung.
Sharon Stone:Mit Martin Scorcese bin ich seit den Dreharbeiten zu „Casino“ im Kontakt geblieben. Es gab auch vor nicht allzu langer Zeit ein Projekt von ihm mit einer Rolle für mich, das dann leider nicht zustande gekommen ist. Ich bewundere Marty, wir sind enge Freunde. Auch mit Joe Pesci bin ich seit Langem befreundet. Und De Niro ist ohnehin unglaublich. Als ich zum ersten Mal in die Schauspielschule ging, fragte mich mein Schauspiellehrer: „Was ist dein Ziel als Schauspielerin?“ Und ich sagte: „Mein Traum ist es, mit Robert De Niro in einem Film zu spielen“.
Ich erinnere mich an den Abend, an dem wir für „Casino“ eine Szene drehten, in der ich von der Flucht mit Jimmy Woods zurückkomme und dieses burgunderrote Kleid trage und wir an diesem u-förmigen Tisch in einem Restaurant sitzen. De Niro begann an einem Punkt der Szene zu improvisieren und hat mich auf diese Weise dazu gezwungen, ebenfalls aus dem Stegreif zu spielen. Nach Drehschluss sagte er mir: „Sharon, du bist eine wirklich gute Schauspielerin!“ Ich erinnere mich, dass ich eine Zigarette rauchte, ihn dabei ansah und dachte: „Ja, jetzt sitze ich wirklich dem Robert gegenüber und der sagt mir, ich bin gut.“
Das war ein toller Moment, aber auch auf unbekannte Weise irritierend, denn wer kann sich schon seine Träume erfüllen? Für etwas gibt es auch noch den Himmel!
Die hier aufgeführten Aussagen von Sharon Stone über ihre Karriere und zu ihrem Leben erfolgten an der Pressekonferenz vom 25. September 2021 anlässlich der Verleihung des Golden Icon Awards am Zurich Film Festival. Sie wurden für diesen Artikel aus der englischen Sprache übersetzt.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 27.09.2021
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