Wenn du nicht gerade als Einzelkämpfer deinen eigenen Dokumentarfilm im Dschungel drehst, kommst du an einer Tagesdisposition (oft auch Dispositionsplan, oder auch nur «Tagesdispo» genannt oder englisch Callsheet) nicht vorbei.
Die Tagesdispo bricht für Dreharbeiten die Planung auf Einzeltage herunter. Damit gibt sie den Takt für die konkrete Umsetzung auf dem Filmset vor. Dieser Artikel erklärt anhand von Beispielen, woran du beim Erstellen eines Callsheets alles denken musst.
Zuständigkeit für die Tagesdispo
Abhängig von der Größe einer Filmproduktion und der Länge der Dreharbeiten wird die Tagesdispostion von unterschiedlichen Mitarbeitern auf dem Filmset erstellt. Bei Drehs von Werbespots, welche nur 1 oder 2 Tage dauern, kann dies durch die Aufnahmeleitung oder Produktionsleitung geschehen.
Beim Spielfilm ist je nach vorheriger Absprache der 1. Regie-Assistent oder der Produktionsleiter für die Qualität der Call Sheets letztlich verantwortlich. Dabei werden die Dispos von der 1. Aufnahmeleitung erarbeitet.
Die perfekte Tagesdisposition erstellen
Jede Tagesdispo umfasst immer die 4 berühmten «W’s»: «Wer», «Was», «Wo» und «Wann». Nicht in das Callsheet gehören das «Wie» und «Warum». Denn wie und warum eine Aufgabe auf eine spezifische Weise gelöst wird, ist schon vorab zum Dreh im Detail im Dialog mit allen Spezialisten zu klären.
Schauen wir uns das im Detail an:
Wer: Personen, Kontaktangaben in der Tagesdisposition
Auf jedem professionellen Filmset sind Menschen mit den unterschiedlichsten Funktionen im Einsatz. Aber nicht jede Person wird bei längeren Drehs jeden Tag am Drehort benötigt. Das gilt für Schauspieler genauso wie für die Anzahl Beleuchter, Stuntleute oder etwa Betreuer von Tieren.
Um die Übersichtlichkeit zusätzlich zu erhöhen, fasst das Callsheet die Beteiligten in der Darstellung häufig zu Gruppen zusammen. Es gibt die Crew, die Haupt- und Nebendarsteller, Statisten, Fahrer und bei Auftragsproduktionen zusätzlich auch Kunden und Werbeagentur. Auch Produzent, Presse und Besucher sind oftmals in einer eigenen Sektion zusammengefasst.
Weil Kommunikation nicht alles, aber ohne Kommunikation alles nichts ist, enthalten die meisten Callsheets auch Kontaktdaten wie Mobiltelefon oder E-Mail. Aber aufgepasst bei berühmten Mitwirkenden! Hier dürfen Telefonnummern nur mit ausdrücklicher Zustimmung zugänglich gemacht werden.
Was: Szenen, Inhalte, Vordispo im Dispositionsplan
Eine Filmcrew ist wie ein Orchester. Nur wenn jedes Mitglied weiß, was gerade gespielt wird, fügen sich die einzelnen Instrumente zu einer vielstimmigen Melodie zusammen. Darum nennt die Tagesdisposition immer auch alle Szenen und Einstellungen, die an einem Drehtag aufgenommen werden.
Die Herausforderung liegt nicht darin, in einem Callsheet die jeweiligen Inhalte aufzuführen. Sondern festzulegen, welches Pensum von der Filmcrew pro Tag bewältigt werden kann. Dazu ist enorme Erfahrung erforderlich. Die Größe der Crew, die Rollenbilder, Erfahrungen und Befindlichkeiten der jeweiligen Schauspieler, die Anzahl unterschiedlicher Drehorte (Stichwort Ortswechsel innerhalb desselben Tages) kann ebenso wie der Drehort oder sogar das Wetter ein wichtiges Wörtchen mitsprechen.
Eine Besonderheit des «Was» ist die sogenannte Vordispo. Diese ist nichts anderes, als eine kurze Vorabinformation zum nächstfolgenden Drehtag. Vielfach sind dies der Drehort, die Start- und Schlusszeiten sowie die für die Folgetage geplanten Szenen.
Wo: Drehort, Räumlichkeiten, Parkplätze in der Tagesdisposition
Das Beteiligen an einer Filmproduktion müssen nicht nur wissen, was sie am Drehort machen müssen, sondern auch wo und wann sie on location erwartet werden. Nicht alle Drehorte sind auf Anhieb und mühelos zu finden. Verspätungen kosten immer auch Zeit und damit Geld. Für Fahrer, Personenfahrzeuge und Lastwagen gilt es Parkplätze zu organisieren und zu kommunizieren.
Trotz GPS und digitalen Koordinaten werden sicherheitshalber auf der Tagesdisposition manchmal auch kleine Kartenausschnitte oder Fotos der jeweiligen, gezielt für den Filmdreh reservierten Parkplätze einkopiert. Auch Informationen über Lokalitäten zur Verpflegung, Räume für die Maske und Kostümproben oder Materiallager für das Equipment sind hier aufgeführt.
Wann: Arbeitszeiten, Pausen im Callsheet
Es ist nicht nur wichtig zu wissen, wer an welchem Tag auf dem Set ist, sondern auch, ab wann er anwesend sein muss. Erstens, weil ein Filmset aufgebaut und Darsteller im Voraus zum Dreh in die Maske müssen. Zweitens, weil die gesetzlichen Vorschriften für maximale Arbeitszeiten auch für Filmemacher gelten.
In der Regel unterschreibt der Produktionsleiter oder sogar der Produzent handschriftlich jede Tagesdisposition. Damit anerkennt er auch alle Haftungsansprüche, die aus einer falsch kalkulierten Arbeitszeit entstehen. Für Personentransporte oder das Verschieben von Equipment gelten wie überall auf der Straße strenge Vorschriften. Werden Ruhezeiten überschritten oder ist ein Fahrer übermüdet, drohen bei Unfällen strafrechtliche Konsequenzen und im Extremfall sogar Gefängnisstrafen für den Personenkreis, der in der planerischen Endverantwortung steht.
Nur indirekt zum «Wann» gehört die Frage, bis zu welchem Zeitpunkt ein Call Sheet erstellt und verteilt werden muss. In der Regel erfolgt die Zustellung dann direkt am Vorabend vor dem Dreh, bei mehrtägigen Drehs immer direkt am Drehort. Bei kurzfristigen, unvorhersehbaren Ereignissen kann die Zustellung auch zu später Stunde erfolgen.
Weil E-Mails auch von Spamfiltern gefressen werden können, lohnt sich die telefonische Nachfrage, ob die Tagesdisposition beim Empfänger angekommen ist und – wichtiger – alle Informationen verstanden wurden. Diese Nachfragen bei nicht persönlicher Zustellung eines Callsheets bedeutet für das Produktionsbüro einiges an Aufwand. Die Kosten dafür liegen aber immer tiefer, als wenn eine gesamte Crew einsatzbereit auf einen Statisten warten muss, der nicht oder am falschen Tag am Drehort erscheint.
Wie viele Details benötigt ein Callsheet?
Der Umfang der Details hängt immer direkt und nur von der Komplexität der Aufgabe ab. Eine zu umfangreiche Tagesdispo macht für kleine Drehs so wenig Sinn wie nur rudimentäre Angaben für eine hundertköpfige Spielfilmcrew.
Ähnliches gilt für Angaben zur Wetterlage. Für einen Außendreh, besonders in den Alpen, ist eine Wetterangabe zwingend. Oftmals wird diese sogar mit Vorgaben für Bekleidung verbunden, die dann in fetten Buchstaben zuoberst auf dem Callsheet steht. Umgekehrt ergibt es aber wenig Sinn, für Innenaufnahmen das Callsheet mit Angaben zum Sonnenuntergang zuzumüllen. Einerseits gehört es zur Aufgabe von Kameramann und Chefbeleuchter, die Grundlagen der Lichtsituation schon in der Vorbereitung zum Dreh zu berücksichtigen. Andererseits droht jede unnütze Zusatzinformation immer auch den Blick auf das Wesentliche zu verwässern.
Es gilt also, den richtigen Mix zwischen zu viel und zu wenig Informationen zu finden. Als Grundregel sollten sich die jeweiligen Verfasser immer und bei jeder einzelnen Tagesdisposition zu fragen, ob diese für ihre Leser verständlich und wirklich komplett unmissverständlich ist.
Bonus: Filmpuls-Vorlage für eine Tagesdispo (Gratis-Download)
Mit Mausklick auf das Symbol kannst du eine einfache Excel-Vorlage für eine Tagesdisposition herunterladen.
Nach erfolgtem Download darfst du das Formular völlig kostenlos und frei verwenden und für deinen eigenen Filmdreh anpassen. Warum Filmpuls dir diese zur Verfügung stellen? Weil wir wollen, dass du bessere Filme und Videos machst! Dazu musst du sauber planen können.
Natürlich kannst du auch auf Word eine Muster-Dispo erstellen. Weil aber Daten und Uhrzeiten in einem Callsheet eine wichtige Rolle spielen und sich nur Excelsheets untereinander verknüpfen lassen, empfehlen wir dir kein reines Schreibprogramm dafür.
Tagesdispositionen lassen sich mit einem spezialisierten Softwarepaket auch mehrheitlich automatisiert erstellen. Möglich ist dies beispielsweise mit der All-in-One-Filmproduktionssoftware des deutschen Anbieters PreProducer aus Berlin oder mit der in den USA weitverbreiteten Software Movie Magic Scheduling.
Zusammengefasst
Das musst du wissen
- Unter einer Tagedisposition (auch „Call Sheet“ genannt) versteht man den Drehplan, heruntergebrochen auf einen einzelnen Drehtag.
- Eine gute Dispo folgt dem 4-W-Prinzip: wer? Was? Wo? Wann? Sie gibt Antworten auf diese Fragen. Alles andere ergibt sich aus dem Drehbuch oder den aufgabenspezifischen Briefings und ist nicht Teil der Tagesdispo.
- Der Detailgrad einer Dispo ist abhängig von der Größe eines Projekts und dem Genre.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 15.05.2018
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