Was ist ein Video? Wann spricht man von Film? Entscheidet dabei die Aufnahmetechnik? Das technische Endformat? Oder die Qualität? Dieser Artikel beleuchtet Unterschiede, Herkunft und Begrifflichkeiten. Er erklärt, wie die beiden Bezeichnungen heute richtig angewendet werden. Und zeigt, warum die Definition für Videos bei Wikipedia ein Unfug ist.
Das Wort Video ist lateinisch. Es heißt: Ich sehe. Das englische Wort Film (deutsch: Beschichtung) stammt aus der Zeit der Gründerjahre des Kinos, als erstmals Filmnegative aus Nitrozellulose mit einer lichtempfindlichen Foto-Emulsion beschichtet werden konnten.
Im einen Fall diente das Trägermaterial (Film) zur Benennung des Mediums. Im anderen die Art, wie man die Informationen konsumiert (durch Sehen). Die technische Entwicklung seit den Achtzigerjahren hat diese klare Abgrenzung zwischen Film und Video kräftig durchgeschüttelt.
Dieser Artikel erklärt, worin heute die Unterschiede zwischen Film und Video bestehen.
Der Unterschied von Film zu Video
Mit der Erfindung von Video entstand erstmals beim Filme machen eine technische Alternative zur Aufzeichnung bewegter Bilder auf Negativmaterial. Die Entwicklung der Filme im Labor wurde überflüssig. Damit verschoben sich die Grenzen zwischen den beiden Begriffsdefinitionen.
Filme haben Vergangenheit. Videos haben Zukunft.
Ralph H. Baer, 1994
Im Auftragsfilm konnte sich Video aufgrund tieferer Produktionskosten im Vergleich zu Dreharbeiten mit Film als Bildträger rasch seinen Platz erobern. Videofilme wurde darum auch schnell einmal zum Synonym für Auftragsfilme. Nur beim Spielfilm galt die technische Qualität einer Videoproduktion weiterhin als ungenügend für großes Kino.
Beim Imagefilm zeigte sich ein differenzierteres Bild. Dort etablierte sich bei der Frage, „Was ist ein Video?“ in der Praxis von Kommunikation, PR und Marketing eine Zweiteilung. Auftragsfilme für Imagewerbung mit hohem qualitativem Anspruch wurden weiterhin als Imagefilm bezeichnet. Schließlich wurden diese auf demselben Niveau und mit vergleichbaren Mitteln wie Spielfilme und Werbefilme produziert. Einfachere Werke mit tieferem technischen und inhaltlichen Anspruch nannte man im Unterschied dazu Imagevideo.
Damit wurde es üblich, qualitativ hochwertige Werke als „Film“ und mit tieferem Budget hergestellte Videoproduktionen als „Videos“ zu bezeichnen. Zugleich etablierte sich aber für einige Genres auf breiter Linie der Konsens, immer nur von Video zu sprechen: so bei Testimonial-Videos oder CEO-Statements.
Technische Qualität als Unterscheidungsmerkmal
Bis spät in die späten Neunzigerjahre galt: Wer es sich leisten kann, der produziert auf 35MM Film. Nicht auf minderwertigem Magnetband. Videokameras lieferten damals einen bis zu Faktor 40 (!) tieferen Kontrastumfang im Vergleich zu Aufnahmen, die auf beschichtetes Filmmaterial gedreht wurden. Der Qualitätsunterschied zwischen Video und Film war sofort erkennbar.
Darum wurden den Videoproduzenten in der Hackordnung der Filmbranche eine tiefere Wertigkeit als den Filmproduzenten zugesprochen. Mit dem Wechsel von analogem Video zu digitalem Video änderte sich diese Wahrnehmung.
Einerseits verschwand der physische Film definitiv aus dem Herstellungsprozess. Bis vor wenigen Jahren war es üblich, Werke, welche höchsten Ansprüchen genügen mussten, auf beschichtetem Polyester zu drehen. Und dann, nach der Entwicklung, für die weitere Bearbeitung zu digitalisieren. Für die Projektion in den Kinos – die anders als heute noch immer klassisch über einen Filmprojektor erfolgte – wurde anschließend das Magnetband im Labor mit einem Filmbelichter wieder auf physischen Bildträger ausbelichtet.
Andererseits zwangen immer leistungsfähigere Chips in den Videokameras auch etablierte Hersteller von Kameras wie ARRI, komplett auf die neuen, besseren Technologien umzuschwenken. Dies zusammen mit neuen Playern im Bereich der Kamera-Hardware, beispielsweise RED. Kinofilme konnten nun plötzlich komplett digital hergestellt werden.
Die Spielfilme im Kino wurden damit in technischer Hinsicht zu Videofilmen. Die Verwendung der zwei Wörter zur Unterscheidung der Strahlkraft und zum Aspekt „was ist ein Video?“ war damit, ebenso wie die Aufrufe zur Differenzierung, sinnlos geworden. Beides war plötzlich dasselbe.
Medienmassen statt Massenmedien
Interessanterweise werden die Begriffe Film und Video seit etwa 2014 wieder verstärkt unterschieden. Diesmal aber nicht mehr wegen der technischen Spezifikation. Sondern wieder angetrieben durch inhaltlichen Qualität. Dies wegen der immer größeren und immer einfacheren Verfügbarkeit von immer mehr Bewegtbild.
Massenmedien sind Medienmassen gewichen. Auf Smartphones, Tablets, am POS und im Internet wird der Konsument von Bewegtbild richtiggehend geflutet. Damit wird es für Filmemacher und Videoproducer immer wichtiger, auf Qualität zu setzen – und damit hochwertiges Bewegtbild wieder mit dem Zusatz „Film“ oder „Filmproduktion“ von Massenware abzugrenzen.
- Videofilme werden auf die Schnelle abgefilmt.
- Echte Filme dagegen sind aufwendig inszeniert. Sie haben das Potenzial zur Kunst.
- Videoproduktionen werden von kleinen Crews mit tiefer Arbeitsteilung hergestellt. Deren Realisatoren sind Bewegtbild-Handwerker – und oftmals auch Kameramann und Produzent in Personalunion.
- Filmregisseure – umgekehrt – sind Talente, die mit einer vielköpfigen Crew einen Kinofilm einzigartig und unverwechselbar machen.
- Was nichts kostet, ist nichts wert: Videos sind auf YouTube millionenfach gratis verfügbar.
- Spielfilme sind nicht kostenlos zu haben, weil sie „etwas wert sind“. Um sie zu sehen, muss ich ein Ticket kaufen. Oder ich muss auf Abonnenten-Plattformen wie Netflix, Zulu, iTunes oder Google Play zahlen.
Was ist ein Video?
Wikipedia 1 definiert Video als Film, der auf ein Magnetband oder Datenträger geladen wurde.
Nach dieser Definition wäre alles, was auf YouTube Kanäle geladen ist, ungeachtet der Dauer, losgelöst ob VLog oder mit fiktivem Charakter, ein Film. Und zugleich ein Video. Das ist Unfug! Korrekt ist, die Art der Verbreitung aus der Definition wegzulassen. Auf Dauer ignorieren darf man auch den Aspekt, wie eine Bewegtbildproduktion technisch verarbeitet ist.
Was ist ein Video?
- Beide Begriffe werden heute einzig zur Unterscheidung der inhaltlichen Attraktivität verwendet. Die Bezeichnung ist nur noch ein Hinweis auf die Wertigkeit.
- Die Frage, was ein Video ist, war früher grundlegend. Bedingt durch die technische Entwicklung unterscheiden sich die Begriffe im Sprachgebrauch immer weniger.
- In der Bezeichnung Film schwingt bis heute noch etwas von Hollywood und der glamourösen Spielfilmwelt mit. So werden Kinofilme als Filme betitelt. Film ist ein wertvollerer Begriff. Eine mit höherem Wert aufgeladene Marke. Wer möchte schon im Kino ein „Video“ ansehen und dafür ein Ticket bezahlen?
- Umgekehrt werden Videos im Internet eher selten als Filme bezeichnet. Die Ausnahme, welche diese Regel bestätigt, sind etwa aufwendig produzierte Imagevideos, die begrifflich zum Imagefilm aufgewertet werden.
- Aus technischer Sicht sind die Begriffe nicht mehr an eine Produktionsart gekoppelt, sondern Synonyme.
- Hohe Production Valus werden, selbst unter Profis, trotzdem instinktiv der Gattung Film zugeschrieben.
- Umgekehrt spricht man im Zusammenhang mit YouTube fast immer von Katzenvideos, nicht von Katzenfilmen. Andere Genre bedienen sich bei beiden Bezeichnungen, ohne dass darunter das Ansehen leidet. Ist ein Hochzeitsvideo qualitativ besser als ein Hochzeitsfilm? Wahrscheinlich eher nicht.
1 Abfrage: 12. April 2016
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 12.04.2016
Cooler Artikel 🙂 Interessant. Ja, es gab damals himmelweite Unterschiede, zwischen den Videokameras zu Hause und den beim Fernsehen.
Hey, danke für den interessanten Beitrag. Heutzutage ist tatsächlich kaum ein Unterschied zwischen den hochwertigen Videos und Filmen zu sehen. Wie du schon beschreibst, kommt es auch aus meiner Sicht nur noch auf die Wertigkeit im Sprachgebrauch an. Beste Grüße – Resit
Bin mir ziemlich sicher, auch heute noch einen Unterschied zwischen hochwertigen Videos einerseits und professionellen Filmaufnahmen andererseits wahrnehmen zu können. Unterschiede zwischen Kameras zu Hause und denen am Filmset bzw. dem Fernsehen sind nun mal immer noch vorhanden.