Die Kraft des Sounddesigns: Was gehört zu einer professionellen Klanggestaltung in Filmen und Videos? 

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Klangkünstler an der Arbeit | © Symbolbild: Pavel Sokolov

Sounddesign kann Atmosphäre schaffen, die Spannung erhöhen oder eine Filmszene realistischer oder abstrakter machen. Eine Sequenz, in der eine Figur durch einen Wald geht, ist viel weniger intensiv, wenn es keine Geräuscheffekte gäbe, wie das Knirschen von Blättern unter den Füßen oder das Singen von Vögeln im Hintergrund. Sounds sind ein wesentlicher Bestandteil jeder Form von Medien, die ihr Publikum auf einer emotionalen Ebene ansprechen wollen. Hier erklären wir dir drei Strategien, wie du als Sound Designer für dein Video ebenso starke wie Klangbilder gestaltest.

Der Audiotrack eines Videos beeinflusst die Erfahrung des Zuschauers beim Ansehen eines Films stärker, als das Filmpublikum denkt. Sound Design ist ein wichtiges Instrument, mit dem Filmemacher/innen die Wahrnehmung einer Szene ganz gezielt steuern können. Dabei hilft es, sich als Sound Designer über die drei in diesem Artikel erklärten grundsätzlichen Anwendungsarten von Audiosounds in Kombination bewusst zu sein.

Strategie 1: Begleitung der visuellen Ebene mittels Sound Design

Vielfach besteht leider die einzige Aufgabe des Sounddesigns darin, die Wahrnehmung des Filmbildes nicht zu stören. So überspitzt diese Formulierung scheinen mag, 80 % aller Videos folgen dieser Strategie.

Sound Design als Bildbegleitung besitzt 3 Kennzeichen:

  • Realitätsnähe:

    Der Ton soll sich für den Zuschauer möglichst echt anfühlen. Aufgabe der Tongestaltung ist es, für Authentizität zu sorgen. Ist der Ton aus technischen Gründen zu leise, wird der Pegel erhöht, fehlt ein Geräusch, wird es hinzufügt, damit keine Lücke entsteht. Solange der Zuschauer keine „Fehler“ wahrnimmt, ist alles gut.

  • Parallelität:

    Die visuellen Inhalte werden mit Audio begleitet oder ergänzt. Der Ton ist immer durch die Bildinhalte oder das Szenenbild begründet.

  • Zweitrangigkeit:

    Die Bildebene dominiert das Storytelling. Der Audiotrack und damit auch die Geräusche fügen keine neuen Aussagen zur Story hinzu, die das Bild mit Zusatzinformationen ergänzen.

Strategie 2: Hinzufügen neuer Bedeutungsebenen durch kreative Klanggestaltung

Darf der Ton als gleichwertiges Instrument wie das Bild verstanden werden, lassen sich Wirkung und Attraktivität von Bewegtbild enorm steigern. Im Zentrum steht dabei weiterhin das Storytelling oder die Botschaft eines Videos. Das Sound-Design ist nun aber nicht nur Garnitur oder Sahnehäubchen, sondern dramaturgisches Transportmittel.

Kreatives Sound Design:

  • Variation der Lautstärke (Pegel):

    Töne können bewusst anders, lauter oder leiser, als sie in Realität wären, gemischt werden. Damit lenkt das Sound-Design die Aufmerksamkeit des Zuschauers. Oder führt mit Absicht in die Irre und sorgt damit für Kontrast oder Überraschung.

  • Reduktion oder Erweiterung Klangbilder durch Selektion / Fokus:

    Die Realität ist der rote Faden und Orientierungsmaßstab. Sie darf aber durch das Verstärken oder Auslassen von Sounds erweitert und umfassender interpretiert werden, wenn damit das Storytelling besser zur Geltung kommt.

  • Neue Bedeutung durch Filter und Effekte:

    gedämpft, klar, verzögert etc. Die Tonspur kann bewusst für eine Szene – oder den gesamten Film – eine eigene Charakteristik erhalten. Diese prägt, vergleich mit dem Color Grading beim Bild, die Filmwahrnehmung.

  • Interpretation der visuellen Ebene durch neue, unerwartete Sounds:

    Die Bildinhalte dürfen mit „artfremden“ Sounds ergänzt werden. Der Ton interpretiert damit die Filmhandlung mit den ihm eigenen Gestaltungsmitteln um.

Strategie 3: Kein Sound Design

Wo das Budget nicht vorhanden ist, um einen guten Film zu machen, macht man oftmals besser keinen Film. Dasselbe gilt auch für das Sound Design. Fehlen Zeit oder Mittel, oder bewegt man sich im Genre Dokumentarfilm, ist die Beibehaltung der originalen Tonaufnahme eine ernsthafte Option. Vielfach ist man dann besser damit bedient, statt auf Klanggestaltung und (schlechte) Musik zu setzen.

Zusammenspiel von Sound Design und Musik

Sounddesign und Musikkomposition sind zwei wesentliche Bestandteile vieler Film-, Fernseh-, Videospiel- und anderer Medienformen. Obwohl sie oft als getrennte Disziplinen angesehen werden, ergänzen sie sich in vielerlei Hinsicht.

Wir hören mit unseren Augen genauso viel, wie wir mit unseren Ohren sehen.
Akira Kurosawa

Ein/e Sounddesigner/in kreiert Foley-Effekte und arbeitet mit Geräuschen, die dazu dienen, das Geschehen auf dem Bildschirm besser zu visualisieren. Das kann ein kleines Detail sein, wie das Knirschen von Blättern unter den Füßen, oder ein wichtigeres Element, wie die Explosion eines Raumschiffs.

Ein Komponist oder eine Komponistin kann diese Geräusche dann in ein orchestriertes Musikstück einbauen und so dazu beitragen, dass der Zuhörer oder die Zuhörerin in das Geschehen eintauchen und es emotional miterleben kann.

Idealerweise arbeiten Sounddesign und Musikkomposition Hand in Hand, und schaffen so ein stärkeres und fesselnderes Filmerlebnis.

Praxistipp: Wie das 3er-Prinzip bei der Tongestaltung für mehr Kreativität sorgt

Zuerst einmal die Hand aufs Herz: Sound Design bedeutet, Dinge auszuprobieren. Hinter jedem Soundeffekt und jeder Tonmischung steckt eine Vision. Während einige visuelle Trigger für Toneffekte dich sofort inspirieren, gibt es immer auch Aufgaben, die du nur durch hartnäckige Tüftelei und mit Testen optimal lösen kannst. Sprichst du mit einem professionellen Sound Designer, wird er dir diese Arbeitsweise bestätigen.

Sounddesign macht 50 % des Kinoerlebnisses aus.
George Lucas

Um trotzdem Systematik in den Arbeitsablauf zu bringen, arbeiten viele Profis nach dem 3er-Prinzip. Was bedeutet das? Ganz einfach: Für jeden Sound werden drei komplett unterschiedliche Ansätze erstellt und ausprobiert. Der beste Effekt wird dann im Film verwendet. Oftmals wirst du dazu auch mit Layers arbeiten: Du legst verschiedene Töne übereinander. Wie das geht, zeigt dieses Video.

Layering - the most important tool for a sound designer

5 häufige Fehler bei der kreativen Tonbearbeitung

Die größten Fehler beim Sounddesign für Filme sind:
  • Sound Design um des Effektes willen: vermeide, Geräusche einzusetzen, ohne dass du ihre dramaturgische Notwendigkeit begründen kannst. Der Zuschauer deines Videos erwartet attraktives Storytelling, keine coolen Sounds, die nichts zur Story beitragen.
  • Nicht den gesamten verfügbaren Frequenzbereich nutzen: passe die Pegel der verschiedenen Frequenzen mit EQ (Equalizer) an.
  • Die Wahrnehmung von Zeit und Raum durch das Publikum nicht berücksichtigen: das Gefühl für Zeit und Raum kannst du durch die Dauer, Platzierung und Länge von Geräuschen bestimmen. Denke dabei auch die Möglichkeiten der 3D-Audioproduktion!
  • Nicht genug Abwechslung in die Geräusche bringen: greife auf verschiedene Arten von Sounds und Quellen von Geräuschen zurück.
  • Nicht genug Sorgfalt und Detailgenauigkeit im Sounddesign-Prozess anwenden: Stelle sicher, dass alle Geräusche von hoher Qualität sind und nahtlos zusammenpassen.

Jeder dieser Punkte kann zu einem suboptimalen Erlebnis für das Publikum führen. Aber wenn du diese vier Fehler vermeidest, kannst du das Sounddesign deines Films auf die nächste Stufe heben.

Filme, die mit Sound Design Filmgeschichte schrieben

Wenn du erleben willst, was hochwertiges, professionelles Sound Design für das Storytelling leisten kann, schaue dir die folgenden Filme einmal oder mehrfach an und achte dabei auf die Tongestaltung:

Empfehlungen für Spielfilme mit lobenswerter Tonebene:
  • Der Einsatz von Sound Design bei „Raging Bull“ ist mit einer der Gründe, warum dieser Kinofilm von Martin Scorcese weithin als einer der besten Filme aller Zeiten, und der Einsatz von Sound Design ist ein wesentlicher Faktor für seinen Erfolg.
  • „The Shawshank Redemption“ (Die Verurteilten) ist ein weiterer Filmklassiker, der den Ton sehr wirkungsvoll einsetzt, um den Zuschauern ein intensives und emotionales Erlebnis zu bieten.
  • „Das Schweigen der Lämmer“ von Jonathan Demme mit Jodie Forster und Anthony Hopkins ist ein Thriller, der sich stark auf das Sounddesign verlässt, um eine spannungsgeladene Atmosphäre zu schaffen.
  • „Schindlers Liste“ ist ein kraftvolles Drama, das den Schrecken und die Ungeheuerlichkeit des Holocausts mithilfe von Ton vermittelt.
  • „Der Herr der Ringe: Die Gefährten des Rings“ ist ein episches Fantasy-Abenteuer, das sich durch ein verblüffend realistisches Sounddesign auszeichnet.

„Raging Bull“, „The Shawshank Redemption“, „Das Schweigen der Lämmer“, „Schindlers Liste“ und „Der Herr der Ringe: Die Gefährten des Rings“ habe alle einen Oscar für den besten Ton gewonnen.

Vor dem Start: Bibliothek mit Audio-Sounds und Software

Um Sound zu designen, musst du über verschiedene Klangquellen verfügen. Dazu zählen natürlich der Originalton des Videos und am Drehort aufgezeichnete, „saubere“ (frei von Störungen) Geräusche. Meist wirst du dazu auch eine online Sound Library benötigen. Lizenzfreie Sounds bekommst du beispielsweise bei der Plattform epidemicsound.com, artlist.io oder boomlibrary.com.

Professionelle Software für die professionelle Tonbearbeitung beim Film gibt es wie Sand am Meer. Von Profis oft für Film-Audiotracks eingesetzte Programme sind Pro Tools (Avid), Logic Pro (Apple) und Ableton Live. Mit diesen Programmen kannst du Audiospuren für deine Projekte bearbeiten, mischen und mastern. Filmton lässt sich auch in vielen Schnittprogrammen bearbeiten. Der Funktionsumfang und damit die Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei mehrheitlich kleiner als bei Software, die nur auf die Tonpostproduktion fokussiert.

Deine Erfahrungen?

Welche Erfahrungen hast du mit dem Sounddesign im Film gemacht? Empfandest du es als hilfreich, um die Geschichte oder die Atmosphäre des Films zu verstärken? Welche Tipps würdest du anderen Filmemachern geben, die ein tolles Sounddesign für ihre eigenen Filme entwickeln wollen? Lasst uns diskutieren!

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 29.06.2022

Carlo Olsson 99 Artikel
Carlo Olsson begleitet die Herstellung von Filmen, Videos und TV-Serien im Auftrag von Unternehmen, Agenturen und Produktionsfirmen. In seiner Freizeit spielt er Eishockey und beschäftigt sich mit barocker Klangdramatik.

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