Pro Kalenderjahr werden durchschnittlich 2500 Filme und rund 1000 Serien weltweit produziert. Vergegenwärtigt man sich, dass in Deutschland 0.46 Kinobesuche pro Jahr die Regel sind, aber jeder vierte Deutsche in Serienjunkie ist, ist sofort klar: Jeder Spielfilm muss um jeden einzelnen Zuschauer kämpfen. Das Filmmarketing spielt dabei eine wesentliche Rolle.
Weil es mehr Filme (und Serien) denn je gibt, reicht es nicht mehr, als Regisseur oder Produzent nur einen Grund nennen zu können, warum der eigene Film oder Serie besonders ist. Zuerst gilt es, mittels Marketing – oftmals kombiniert mit weiteren Disziplinen der Kommunikation wie der Öffentlichkeitsarbeit – Aufmerksamkeit und Neugierde zu wecken.
Filmmarketers: Professionelles Marketing für Filme und Serien
Das Filmmarketing umfasst alle Maßnahmen, die dazu beitragen, dass ein Film oder eine Serie bekannt gemacht wird. Dazu gehören bei Filmen insbesondere die Kinoauswertung mit Erstellung von Plakaten und Trailer, die Veröffentlichung von Pressemitteilungen und die Zusammenarbeit mit Filmfestivals und Kinoketten. Auch die Einbindung von Social Media und anderen Online-Plattformen zur Verbreitung von Informationen über den Film gehört zum Filmmarketing. Eine erfolgreiche Marketingkampagne kann entscheidend dafür sein, ob ein Film erfolgreich wird oder nicht.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, um sich im Bereich Filmmarketing auszubilden. Eine Option ist es, ein entsprechendes Studium an einer Hochschule oder Universität zu absolvieren. Ein weiterer Weg besteht darin, eine Weiterbildung oder einen Kurs im Bereich Filmmarketing zu absolvieren. Schließlich kann man auch durch Praktika und Arbeitserfahrung im Bereich Filmmarketing lernen. Viele Verleiher bieten Praktikumsplätze an, die erlauben, Einblicke in die Arbeit im Marketingbereich zu gewinnen und erste, praktische Erfahrungen zu sammeln.
Voraussetzungen für Filmmarketing und -Werbung
Wer von Filmmarketing spricht, denkt gerne an Strategie, Kommunikationskanäle und die Antworten auf die Frage, wie man beim Zuschauer (im Marketing spricht man dabei von Zielgruppe) eine möglichst große Vorfreude auf die Serie oder einen Film hervorrufen kann.
Leicht geht vergessen, dass es dazu eine wichtige Voraussetzung gibt, ohne die beim Filmmarketing selten etwas Kluges einstellen kann: der Glaube. Dies verstanden im Sinn einer felsenfesten Überzeugung, dass sich mit der Serie oder dem Film, die vermarktet werden soll, Geld verdienen lässt.
Denn bei der Vermarktung von Spielfilmen und Serien verhält es sich genauso wie bei der Finanzierung der Herstellung. Es fallen Kosten an, die bezahlt werden wollen. Je höher die Überzeugung, dass ein Film an der Kinokasse „funktioniert“, desto höher ist die Bereitschaft, für das Marketing zusätzlich zur Herstellung nochmals Geld zu investieren.
Zwei Modelle der Vermarktung von Filmen
Oft lassen sich mit Bezug auf die Bekanntmachung von Filmen zwei Modelle unterscheiden. Entweder der Produzent plant von Beginn weg ein Marketingbudget ein, oder die Vermarktung wirken Kinoverleiher übernommen.
Zwar gilt die Faustregel, dass das Budget für das Marketing die gleiche Höhe haben muss, wie der Aufwand für die gesamte Filmproduktion nicht mehr so absolut wie früher. Hollywood hatte über Jahrzehnte erfolgreich mit dieser Formel gearbeitet. Und tut das heute noch.
Die Möglichkeiten der sozialen Medien bieten nun auch für Filmemacher mit kleinem Geld neue Wege. »Saltburn« (2023) von Emerald Fennell zeigt, wie sich ein Hype, verbunden mit einem kurzen Kinostart, für Streaming nutzen lässt.
Trotzdem muss man sich bewusst sein, dass auch hier in 99 % aller Fälle mit bezahlten Anzeigen gearbeitet werden muss. Kostenlos mit viralem Marketing einen Film zum Erfolg zu führen ist weniger wahrscheinlich, als dass du in diesem Leben noch auf dem Mars fliegen wirst.
Wie bewerbe ich einen Film?
Einer Zielgruppe die gewünschte Botschaft zu vermitteln, gleicht einer Wirkungskette aus unterschiedlichen Komponenten. Es geht dabei um Wahrnehmung, verbunden mit dem Erzielen von Aufmerksamkeit, wodurch ein Interesse an einem Film oder an einer neuen Serie beim Zielpublikum geweckt werden soll. In einer perfekten Welt entsteht so ein Bedürfnis, welches das gewünschte Verhalten (Kinobesuch, Abonnement bei Serien) nach sich zieht.
Eine erfolgreiche Stimulation beruht immer auf einem Konzept, das die Basis für die darauf aufgebaute Kommunikationsstrategie bildet
Die wichtigsten Komponenten bei der Erarbeitung einer Vermarktungsstrategie für Filme
- Analyse
- Zielgruppen
- Absicht
- Botschaft
- Maßnahme
Grafik: Wirkungskette im Filmmarketing
Die vier Elemente zur Vermarktung von Bewegtbild werden nacheinander erarbeitet. Weil aber Marketing keine exakte Wissenschaft ist, ergibt es Sinn, nach jedem abgeschlossenen Schritt die vorgelagerte und nachfolgende Phase einem Realität-check zu unterziehen.
Die Umsetzung von Film-Marketing in der Praxis, Schritt für Schritt erklärt:
Analyse des Films:
als Erstes wird eine kommunikative Filmanalyse erstellt. Dabei geht es nicht in erster Linie darum, wie der zu vermarktende Film funktioniert oder auf welcher Qualitätsstufe das Werk einzuordnen ist. Im Zentrum des ersten Schritts steht die Frage, welches die grundlegenden Ziele der Vermarktung sind. Meistens werden dazu zwei oder drei Aspekte definiert. Beispiel einer Kurzanalyse für einen erfundenen italienischen Autorenfilm mit dem Titel „Liebe ist kein Parmesan“: Der Film dreht sich um die Frage, welchen Preis wir für die perfekte Liebesbeziehung zu bezahlen bereit sind. Die Antwort darauf berührt sowohl Singles wie Menschen in erfolgreichen oder gescheiterten Paarbeziehungen.
Zielpublikum für das Filmmarketing:
meist ist die Zielgruppe eines Films schon auf Stufe Drehbuch durch das Genre festgelegt. Normalerweise unterteilt man die Hauptgruppe dann noch in genau spezifizierte Segmente, wobei man nicht mehr als drei, maximal vier, Untersegmente anpeilen sollte. Ansonsten bekommt die Umsetzung eine zu hohe Komplexität, verbunden mit durch den Aufwand verursachten hohen Kostenfolgen. Anhand des vorgehenden Beispiels weiter dekliniert: Zielpublikum sind Personen, die eine Beziehung suchen oder in einer Beziehung leben. Untergruppen sind: Junge verliebte / verlobte Menschen (Segment 1); Frauen in Beziehungen zwischen 28 und 50 (Zielsegment 2).
Absicht:
In der dritten Phase wird für jedes der Publikumssegmente das gewünschte Verhalten definiert. Dies nicht mehr wie in Stufe eins aus übergeordneter Sicht, sondern ganz konkret. Anschauungsbeispiel für die Formulierung der Absicht der Marketingkampagne: Segment 1 soll beim Kinobesuch Antwort auf die Frage finden, was in einer Beziehung wichtig ist; Zielsegment 2 soll Bestätigung dafür finden, in Fragen zur Partnerschaft richtig entschieden zu haben.
Botschaft:
Stufe vier beinhaltet – ebenso konkret wie die vorgehende Phase – die ganz konkrete Formulierung der Botschaft für die jeweiligen Zielgruppen. Selbst, wer die vorgehenden Schritte mit Bravour hinter sich gebracht hat, findet hier nun seine Bewährungsprobe. Wie fasst man das, was man beim Zielpublikum auslösen möchte, in Worte, die sofort verstanden werden? Welche Inhalte und Formulierungen dürfte gewählt werden, ohne dass sie falsch, langweilig oder wie schon bestehende Versprechen der Konkurrenz klingen? Beispiel: Botschaft für Zielgruppe 1: „Liebe kennt kein Gut und Böse. Jetzt im Kino …“; Zielsegment 2: „Sie ist bereit, für ihre Beziehung alles zu tun! Bist du es? Jetzt im Kino: …“
Maßnahme:
abschließend geht es darum, für den Transport der Botschaft zu den Zielgruppen den richtigen Transportweg zu finden. Dabei geht es nicht nur darum, zu analysieren, welches Segment über soziale Medien, Fernsehen, Print oder andere Kanäle angesprochen werden kann. Weil Kommunikation nie nur eine einmal Maßnahme ist, und auch nie auf nur einem Kanal stattfindet, gilt es eine Matrix zu erarbeiten. Auch, weil nur so überprüft werden kann, ob und wo durch eine gezielte Orchestration die einzelnen Maßnahmen voneinander profitieren können, was zu mehr Wirkung führt. Beispiel für Maßnahmen: Ansprache von Zielgruppe 1 mittels Making-of und Hauptdarstellerin in soziale Medien und Banner in Online-Zeitungen; für Zielgruppe 2 Experten-Interviews mit Hinweis auf Filmthema, primär in Frauenzeitschriften, ergänzt Online-Werbung in Ratgeber-Zeitschriften.
Professionelles Filmmarketing lässt sich auch als Antwort auf eine einfache Abfolge von „W-Fragen“ zusammenfassen:
Warum? (Analyse) Für wen? (Frage nach der Zielgruppe) wozu? (mit welcher Absicht) was? (Nachricht), und wie und wo? (Wahl des Kommunikationskanals).
Praxis-Tipp für die Filmvermarktung
Die Mehrheit aller Strategien bei der Vermarktung von neuen Filmen oder Serien zielt auf zwei Gruppen von Menschen:
Erstens auf diejenigen, die sich den Film aus Eigeninteresse (wegen mitwirkenden Schauspielern, Liebe zum Genre, dem Kultstatus des Regisseurs) ohnehin ansehen wollen. Diese Zielgruppe muss darum einzig ins Bild gesetzt werden, wann und wo der neue Film oder die neue Serie angesehen werden kann.
Zweitens konzentriert sich das Filmmarketing auf diejenige Personengruppe, von der man annimmt, sie könnte sich für das Filmthema begeistern, die aber noch unsicher ist, ob dieser Film wirklich für sie ist. Diese Gruppe der Unentschlossenen gilt es mit den richtigen Botschaften und Argumenten zu überzeugen. Maßnahmen und Kampagnen für dieses Zielsegment sind anspruchsvoller als eine reine Informationskampagne.
Wenig sinnvoll ist die Adressierung von Zielgruppen, von denen man annimmt, dass sie einem Film von vornherein kritisch oder ablehnend gegenübersteht. Denn hier steht der Aufwand, der mit viel Marketing für die Überzeugungsarbeit zu leisten wäre, in einem überdimensionalen Verhältnis zum erwarteten Ergebnis.
Zukünftige Entwicklungen des Filmmarketings
Künstliche Intelligenz:
Künstliche Intelligenz trägt schon heute dazu bei, dass Marketingkampagnen nochmals besser auf die Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppe abgestimmt werden und somit effektiver sind. Dennoch steht dieser Trend erst in den Kinderschuhen.
Virtual Reality und Augmented Reality:
Virtual Reality und Augmented Reality werden in Zukunft im Rahmen der Maßnahmen eine weit größere Rolle bei der Vermarktung von Filmen und Serien spielen. Noch ist das Verständnis für die emotionale Sprengkraft der Immersion bei vielen Marketingfachleuten nicht angekommen. Das wird in Zukunft ändern – und das Filmmarketing mit verändern.
Personalisierung bei der Filmvermarktung:
Marketingkampagnen werden zukünftig nochmals stärker auf die individuellen Bedürfnisse und Interessen der Zielgruppe abgestimmt werden. Personalisierte Werbebotschaften oder personalisierte Empfehlungen von Filmen und Serien sind zwar vor dem Hintergrund der Datenschutzbestimmungen eine Herausforderung, aber wohl dennoch bald nicht die Ausnahme, sondern die Regel.
Quellen: IMDB – Produktionsvolumen pro Jahr (2017): 12.602 Spielfilme, 11.617 Dokumentarfilme und 38.569 Kurzfilme. Produzierte Serien pro Jahr: Statista.com (2022): 599; Kinobesuch pro Einwohner in Deutschland: 0,46 Kinobesuche (2020). Konsumierte Serien pro Jahr: Horizont.net.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 14.02.2023
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