Sie sind zur Ausnahme geworden – Kinofilme, die unter die Haut gehen. Zumal die letzten zwölf Monate fast überall Kinobesuche verboten waren. Umgekehrt, alles andere ist gelogen, hängt das klassische Hollywood seit Längerem schon mehrheitlich wie ein ausgezählter Boxer in den Seilen. Trotzdem entstehen nach wie vor neue, großartige Filme für die große Leinwand. Hier sind 3 Spielfilme, die man gesehen haben muss.
Diese Best-of-Liste präsentiert drei aktuelle Spielfilme, die es in sich haben. Es sind Perlen, die beweisen, wie kraftvoll, großartig und eindrücklich Kinofilme sein können. „Der Rausch“, „Nomadland“ und „The Father“ sind Kinoerlebnisse, die zeigen, was kluges Kino ist und sein kann und warum der Abgesang des Glaubens an die große Leinwand ungerechtfertigt ist.
apr. Filme über Demenzerkrankungen und Alzheimer gibt schon eine ganze Menge. Zu den eindrücklicheren davon zählen unter anderem „Still Alice – Mein Leben ohne gestern“ (2015, mit Julianne Moore und Alec Baldwin) oder „Honig im Kopf“ (2014, mit Dieter Hallervorden und Til Schweiger). Diese Filme, wie viele andere auch, zeigen in erster Linie, was der Verlust an Erinnerungsvermögen bedeutet. Anders der Spielfilm „The Father“. Er zeigt nicht, was Demenz ist. Sondern, wie es ist, an Demenz zu erkranken. Der Film tut dies mit einer Wucht, die nicht allein Anthony Hopkins zuzuschreiben ist.
Obwohl „The Father“ die erste Filmarbeit von Regisseur Florian Zeller ist, oder gerade deshalb, verführt er seine ZuschauerInnen mit einem ureigenen erzählerisch-dramaturgischen Kniff. Welcher das ist, sei hier nicht verraten, weil es als Spoiler die Wirkung mindern würde. Wer auf irgendeine Weise, nah oder fern, sich mit Demenz auseinandersetzen will, wer keine Angst vor Filmen hat, die ein inneres Echo auslösen und tief unter die Haut fahren, muss sich „The Father“ mit Anthony Hopkins unbedingt im Kino auf der großen Leinwand ansehen.
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zz. „Der Rausch“ (Originaltitel „Druk“, im englischen Sprachraum in den Kinos unter dem Namen „Another Round“) ist ein Film wie eine Falle. Auch für seine Macher. Eigentlich, so der erste Gedanke, kann man mit einem Film über Lehrer, die sich vor dem Unterricht heimlich betrinken, nur verlieren. Zumal dieser Spielfilm von Regisseur Thomas Winterberg keine pubertäre Klamotte, sondern ernst gemeint ist.
Dennoch, das ist das Erste eines ganzen Reigens großer und kleiner Wunder in „Der Rausch“, schafft es dieser dänische Kinofilm souverän über alle Falltüren und Tretminen hinweg, die er sich selbst in den Weg legt. Viel wichtiger noch: dieser Kinofilm berührt, regt zum Denken an und verbindet Klugheit mit Unterhaltung. Hauptdarsteller Mads Mikkelsen (mit dem 007-Spektakel „Casino Royal“ 2006 weltweit bekannt geworden) spielt mit einer Wucht, die sämtliche Beteiligten infiziert zu haben scheint. Das ist umso bemerkenswerter, als dass der Regisseur kurz nach Beginn der Dreharbeiten seine Tochter, in einer Rolle beim Film hätte mitwirken sollen, bei einem tragischen Autounfall verloren hat. Mikkelsen meinte dazu in einem Interview, man habe unter den Schauspielern auf Wunsch von Regisseur Thomas Vinterberg entschieden, weiterzudrehen „weil es war, was ihm zu diesem Zeitpunkt am meisten half“.
„Der Rausch“ wurde dieses Jahr – wider Erwarten, aber mehr als verdient – mit dem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet. Er gehört zu den drei Spielfilmen, die man dieses Jahr im Kino sehen muss.
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cpo. Auch „Nomadland“ ist für seine Qualität belohnt worden: gleich drei Academy Awards (Oscars) konnte der Spielfilm, der in unerhörten acht (!) Kategorien nominiert war, für sich verbuchen: bester Film, beste Regie (Chloé Zhao), beste Hauptdarstellerin (Frances McDormand).
Dass es diesen Film geben konnte, ist in erster Linie der Protagonistin zu verdanken. Die schon zuvor mit zwei Oscar prämierte Frances McDormand war es, welche die Filmrechte an dem Buch „Nomadland“ erworben hat und von Regisseurin Chloé Zhao in ein Drehbuch adaptieren ließ. Folgerichtig produzierte McDormand „Nomadland“ mit sich selbst in der Hauptrolle auch gleich mit. Sie adaptiert damit für die große Leinwand das Erfolgsrezept starker Frauen im Streaming-Geschäft. Dort haben längst schon Reese Witherspoon mit der großartigen Serie „Big Little Lies“ (2017-2019) oder Julia Roberts in „Homecoming“ (2018) als Initiatorinnen und Hauptdarstellerin belegten, dass es auch für Stoffe jenseits von Kaugummi-Storytelling und Superheldinnen ein großes Publikum gibt.
Mit ihrer grandiosen Leistung in „Nomadland“ ist Frances McDormann in Hollywood definitiv das geworden, was Meryll Streep bis vor zehn Jahren war: d-i-e Schauspiel-Ikone unserer Tage. Ihre Filmfigur beugt sich im Film ebenso authentisch und respektvoll wie eindrücklich der Erkenntnis – auch das ein Zeichen unserer Zeit – dass unsere Welt längst nicht mehr O. K. ist. Es aber trotzdem mehr oder weniger O. K., dass sie nicht O. K. ist.
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