Ein Spiel mit dem Feuer! So klingt es vonseiten der Kinobetreiber, seit gestern das Filmstudio Warner Bros in Hollywood öffentlich erklärt hat, ab nächstem Jahr alle seine neuen Spielfilme ab 2021 grundsätzlich zeitgleich zum Kinostart auch online bei HBO Max anzubieten.
Los Angeles, 4. Dezember 2020
Der Erfolg der Streamingdienste setzt das klassische Kinogeschäft schon seit Längerem unter großem Druck. Mit der Covid-19 Pandemie ist diesen Frühling ein unvorhersehbarer Faktor ins Spiel gekommen, der auf tragische Weise den Niedergang des Kinos weiter beschleunigt.
Warner Bros, das Hollywood Studio hinter kommenden Blockbustern wie Wonder Woman 1984, Matrix 4, Dune und The Suicide Squad, hat diese Woche beschlossen, neue Spielfilme zeitgleich zum Kinostart immer auch auf den eigenen Onlinekanälen dem Publikum zur Verfügung zu stellen.
Die Aussichten für die Streaming-Branche sind gut: Trotz – oder gerade wegen – der Corona-Krise
apa. Die Nachfrage nach Video-Streaming hat der Entertainment-Branche in den vergangenen Jahren ein herausragendes Wachstum beschert. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen: Nach Angaben von Digital TV Research werden sich die Erlöse aus globalen Online-Fernsehserien und -Filmen zwischen 2019 und 2025 von 83 auf 167 Mrd. US-Dollar verdoppeln. Allein in diesem Jahr soll das Volumen um 16 Mrd. Dollar steigen.
Als Streaming-Angebote werden alle Medienservices gezählt, die Kunden online zur Verfügung gestellt werden und keine traditionelle Kabel-, Rundfunk- oder Satellitenfernsehnetze nutzen. Das wichtigste Segment im Online-TV-Markt ist „Subscription-Based Video On Demand“ (SVOD), angeboten von Firmen wie Netflix, Disney+ oder Amazon Prime Video und HBO Max.
Das Studio geht damit nochmals einen Schritt stärker als bisher dahin, wo das Publikum ist. Es geht dabei um nichts weniger als 17 millionenschwere Filme und den gesamten Jahresoutput von Warner für das kommende Jahr 2021. Ob Filme wie »The Flash« mit Ezra Miller und Michael Keaton, deren Dreharbeiten wegen der Pandemie verschoben werden musste, diesem Schicksal ins Auge blicken, ist unklar.
Ganz überraschend kommt die verstärkte Hinwendung zum Streaming des Studios allerdings nicht: bereits im Oktober 2018 kündigte Warner Bros an, unter dem Label HBO Max einen eigenen Streaming-Kanal zu etablieren. Ab der zweiten Hälfte 2021 soll der Kanal auch für Internetuser in Deutschland zugänglich werden.
Branchenkenner sprechen davon, dass die Ankündigung, Spielfilme neu immer auch sofort in den Streamingdiensten zu veröffentlichen, bei vielen Kinobetreibern nahezu Panik auslöst. Denn hinter dem im Entertainment-Business bisher unvorstellbaren Schritt von Warner Bros verbirgt sich eine noch viel größere Angst: Nämlich die bange Frage, wie andere Hollywood-Studios auf diesen Entscheid reagieren.
Schließen sich große Player wie Universal oder Disney diesem Geschäftsmodell an, was u. a. für das 101-Dalmatiner Prequel »Cruella« (2021) mit Emma Stone in Diskussion ist, steht das Überleben der Kinos in der Form, wie man es bis 2019 kannte, wohl tatsächlich auf der Kippe.
Von einem Spiel mit dem Feuer sprechen die Kinobetreiber nicht nur darum, weil ihr eigenes Geschäftsmodell vor die Hunde zu gehen droht. Sondern auch darum, weil Warner Bros die neu erscheinenden Spielfilme den Abonnenten von HBO Max ohne Aufpreis in die eigene Stube liefern will. Insider schätzen das Total der Herstellungskosten für die Hollywood-Blockbuster, die von Warner Bros 2021 auf Knopfdruck in die heimischen Stuben gestreamt werden sollen, auf rund 2 Milliarden USD. Dass diese gewaltige Summe mit einem Zuwachs an Abonnenten refinanziert werden kann, so die Kinos, sei eine Illusion, die letzten Endes dazu führen werde, der weltweiten Filmindustrie und der Filmkunst als Ganzes irreparable Schäden zuzufügen.
Quelle: Wirtschaftspresse, digitaltvresearch.com
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 05.12.2020
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