Einmal pro Jahr öffnet unser Autor eine Flasche Châteauneuf du Pape aus dem Jahr 2012. Damit stößt er auf einen der besten Deals an, den er in seiner Karriere in der Film- und TV-Industrie mit einem Intro dank des Vorspannes für eine TV-Serie je gemacht hat. Hier verrät er dir, was dahintersteckt.
Egal, was du in unserer Branche tust: Es ist nie genug Geld da. Ob Hollywood oder Deutschland: dein Budget ist nie so groß, wie du das als Produzent einer TV-Serie haben möchtest! Gleichzeitig trägst du als Hersteller einer Serie ein enormes Risiko. Auch darüber darfst du nicht jammern – schließlich hat dich niemand dazu gezwungen, den Beruf zu wählen, den du gewählt hast.
Dein Problem als Produzent
Stell dir vor, du bekommst von einem TV-Sender oder Netzwerk einen Auftrag für eine Serie. Das Budget ist vorgegeben. Soundsoviele Folgen mit einer fixen Länge von x Minuten für den Preis y. Die Drehbücher liegen in deiner Verantwortung, aber hier «Luft abzulassen» ist wie schon erläutert eine ganz dumme Idee auf die nur Anfänger und Ignoranten kommen, weil du dir damit dein Publikum und die Chancen auf eine Fortsetzung der Serie vergraulst.
Was du als kluger Mensch und Geschäftsmann trotzdem überlegen wirst und musst: wie kann ich mein Budget so optimieren, dass mehr Kohle am Ende des Tages in der eigenen Tasche bleibt.
An allen Ecken und Ende zu sparen, ist das falsche Rezept. Damit minderst du die Qualität und damit die Wahrscheinlichkeit, dass auf die erste Staffel endlos viele Fortsetzungen folgen. Was also wirst du tun, damit du dein Publikum nichts von der Optimierung des Produktionsbudgets merkt?
Es gibt einen besseren Weg.
Das Geheimnis des Vorspannes
Ist dir schon einmal aufgefallen, dass der Vorspann der Erfolgsserie «Games of Thrones», die diesen Frühling mit der 8. Staffel ihr furioses Ende findet, ziemlich lang ist? Das Intro pro Folge dauert nahezu 2 Minuten! Damit befindet es sich in guter Gesellschaft zu anderen bekannten und erfolgreichen TV-Serien. Was dir sicher auch schon aufgefallen ist: Die Eingangssequenz ist immer identisch.
Sie sieht so aus:
Ein Vorspann hat in erster Linie zwei Funktionen.
- Er stimmt das Publikum auf das kommende Erlebnis ein. Möglicherweise vermittelt er ihm auch schon erste grundlegende Informationen.
- Gleichzeitig nennt er den Titel der Serie und die wichtigsten Darsteller und Filmschaffenden.
Darauf wird dein Auftraggeber beharren. Meist ist das ein TV-Sender oder ein Kabelnetzwerk.
Die meisten TV-Veranstalter haben Sendeplätze (sog. Slots), die sie mit Inhalt füllen müssen. Dafür ist für jeden Slot ein Budget vorgesehen. Beim Fernsehen ist dieses abhängig von Sendeplatz und damit vom Werbeumfeld. Sender wie HBO, Netflix oder Amazon Prime verzichten auf eine Finanzierung der Inhalte durch Werbung. Dafür bezahlst du für ein Abo und den Zugang zum Content.
Die Kunst besteht nun darin, die Länge des Vorspannes möglichst in die Länge zu ziehen, aber nicht so lange, dass dir dein Publikum (oder Auftraggeber) einen Tritt versetzt. In einem Geschäft, in dem die Preise pro Folge definiert werden, hat das enorme Folgen.
Die Wichtigkeit der klug gewählten Titel-Sequenz in Zahlen
Weil ich hier die Serie, die nicht nur meinen Weinkeller gefüllt hat, nicht beim Namen nennen darf, spielen wir die Sache am Beispiel des Vorspannes von «GOT» durch. Dazu verwenden wir einerseits die in der Presse erwähnten Zahlen (welche, wie immer, kaum korrekt sein dürften). Die Herstellungskosten für das Intro lassen sich mit etwas Erfahrung gut einschätzen, wir stützen uns hier auf einen Mittelwert.
Das sieht dann so aus:
Musterrechnung Vorspann | |
---|---|
Länge einer Folge (inkl. Intro) | 60 Min |
Länge des Vorspannes | 1,77 Min |
Kosten pro Folge | 10 Mio. |
Minutenpreis (Wert) Vorspann pro Folge | 294´000 |
Folgen pro Staffel | 10 Folgen |
Einsparung pro Staffel durch Vorspann | 2,94 Mio. |
Einmalkosten Herstellung Vorspann | 0,3 Mio. |
Total Einsparung für erste Staffel | 2,64 Mio. |
Das bedeutet: solange das Intro einer TV-Serie unverändert bleibt und repetitiv eingesetzt wird, optimiere ich mit diesem Beispiel meine Herstellungskosten pro Staffel um rund 3 %. Wenn dir das wenig erscheint: im klassischen TV-Geschäft wird offiziell eine Marge von 5 % bis maximal 10 % toleriert. Wenn du bei 5 % davon ausgehst, dass die Hälfte als Gewinn übrigbleibt, hast du damit deinen Ertrag verdoppelt.
Wird die Serie mit weiteren Staffeln fortgesetzt, verbessert sich dieser Wert noch weiter, weil der Vorspann ohne weitere Kosten unverändert in jede Folge eingefügt werden kann.
Aber noch sind wir nicht am Ende. Jede TV-Serie hat nicht nur ein Intro, sondern zusätzlich auch einen Abspann. Riechst du den Braten?
Der Abspann einer TV-Serie
Auch hier können wir die Rechnung zum Vorspann wiederholen. Dazu ziehen wir wieder dasselbe Beispiel hinzu:
Beispiel Abspann | |
---|---|
Länge einer Folge (inkl. Outro) | 60 Min |
Länge des Abspanns | 1,13 Min |
Kosten pro Folge | 10 Mio. |
Minutenpreis (Wert) Abspann pro Folge | 202´000 |
Folgen pro Staffel | 10 Folgen |
Einsparung pro Staffel durch Abspann | 2,02 Mio. |
Kosten Herstellung Abspann | 0,01 Mio. |
Total Einsparung Abspann pro Staffel | 2,01 Mio. |
Total Einsparung Vorspann pro Staffel | 2,64 Mio. |
Total Einsparungen pro Staffel | 4,65 Mio. |
Abspann und Vorspann zum Minutenpreis gerechnet ergeben damit eine Einsparung von rund 5 % pro Staffel. Das darf sich sehen lassen!
Andere Einwohner derselben Klinik
In die gleiche Stoßrichtung wie der klug gewählte Einsatz von Vorspann und Abspann sind Zusammenfassungen zu Beginn einer Serie oder Ausblicke auf die Fortsetzung am Ende einer Folge.
Anders als ein Intro, das unverändert in den Anfang einkopiert werden kann, müssen diese Recaps (Rückblicke) oder Previews (Vorausblicke) zwar speziell für jede Folge geschnitten werden. Das bedeutet zwar etwas Aufwand, aber noch immer eine massive Einsparung pro Sendeminute im Vergleich zu einer gedrehten Serienminute in Form von Originalmaterial.
Wo nun liegt der Hund im Vorspann begraben?
Auch wenn du jetzt vielleicht Vorspann und Abspann einer Serie mit anderen Augen siehst, ganz so einfach, wie hier dargestellt, ist die Sache mit der Optimierung durch Intro und Outro nicht!
Funktionieren tut dieser Trick immer nur dann, wenn du als Produzent oder Produktionsfirma pro Folge eine Budgetpauschale gestellt bekommst. Rechnet dein Auftraggeber die Eingangssequenz als Teil der sog. «Verpackung» aus deinem Budget heraus und liefert dir diese Segmente als senderseitige Beistellung selbst an, kannst du alles, was ich dir bis jetzt erklärt habe, rauchen! Sieh dir dazu die Kosten von Squid Game an.
Dasselbe gilt, wenn das Intro (wie bei der TV-Serie «Simpsons») jedes Mal auf andere Art gestaltet und extra produziert werden muss. Hier kostet die Sendeminute gleich viel wie der restliche Content.
Hast du, anders als bei der TV-Serie »Frieden« das Vertrauen und die Freiheit, die Folge einer Serie inhaltlich komplett selbst auszugestalten, musst du (oder muss dein Showrunner) in der Lage sein, die Länge von Vorspann und Abspann im Verhältnis zur Attraktivität des übrigen Inhaltes korrekt zu bestimmen. Scheiterst du dabei, hast du zwar möglicherweise einen Quick Win, aber du schießt dich und deine Reputation ins Offside.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 08.01.2019
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