Wer hat′s erfunden? Die Schweizer – zumindest wenn es um Unterhaltung geht – sind es nicht! Zwar mehrten sich die letzten Jahre die Anzeichen, dass da und dort Filme aus dem Land von Schokolade und Matterhorn mehr als Käse sein können. Doch an die internationalen Standards aufzuschließen ist der Schweiz bisher kaum je gelungen. Die neue Serie »Frieden« des Schweizer Fernsehen SRF zieht darunter einen Schlussstrich. Sie öffnet in mancherlei Hinsicht ein neues Kapitel.
Die Drehbuchautorin Petra Volpe ist wohl das größte Kapital, das die Schweizer Filmszene diese Tage besitzt. Das hat auch das Schweizer Fernsehen SRF erkannt. Es lässt die Autorin eine Serie erzählen, die es so in der Schweiz noch nicht gegeben hat. »Frieden« besitzt alles, was ernsthafte Unterhaltung auf höchstem qualitativem Niveau braucht.
Petra Volpe und den Verantwortlichen der Zodiac Pictures, welche die sechsteilige Serie »Frieden« produziert hat, ist hoch anzurechnen, das man sich entschieden hat, die Regie in die Hände von Regisseur Mike Schaerer zu legen. Das ist weniger selbstverständlich, als man meinen möchte:
fpi. Petra Biondina Volpe studierte von 1992 bis 1994 Kunst in Zürich und arbeitete ab 1995 als Cutterin. 1997 nahm sie ein Dramaturgie- und Drehbuchstudium an der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“ auf.
Seit ihrem Diplomabschluss im Jahr 2003 arbeitet Volpe als freie Regisseurin und Drehbuchautorin. Ihr Langfilmdebüt gab Petra Volpe mit dem TV-Film „Schönes Wochenende“ (CH 2006). Ihren ersten Kinofilm als Regisseurin realisierte sie mit „Traumland“ (D/CH 2013).
mehr ...fpi. Michael „Mike“ Schaerer leitet an der Zürcher Hochschule der Künste das Praxisfeld Film Editing.
Michael ist nebst seiner Tätigkeit als Dozent an der ZHdK erfolgreicher Filmeditor und Regisseur. Für seine Arbeiten wurde er schon vor »Frieden« mehrfach ausgezeichnet.
mehr ...Die Serie stammt von Petra Volpe. Sie ist selbst Regisseurin (u. a. Die göttliche Ordnung). Wer Fiktion schreiben kann, will in der Schweiz meist auch realisieren.
Es wäre also naheliegend gewesen, den Regiestuhl für die Serie »Frieden« der in New York lebenden Schweizerin zu überlassen. Aber Regie führte Michael Schaerer. Der Regisseur hat sich zwar bisher mit seiner Verfilmung von „Das kleine Gespenst“ in Deutschland als solider Handwerker für Kinder und Jugendliche gezeigt. Aber eine naheliegende Empfehlung ist eine Kinderbuchverfilmung für eine Nachweltkriegsgeschichte über jugendliche KZ Überlebende nur bedingt…
Dennoch, man möchte sich keine andere Regie und noch weniger eine andere Autorin wünschen! Dasselbe gilt auch für die hervorragende Kamera (Christian Marohl, ein Name, den es sich zu merken gilt!) und den Schnitt (Wolfgang Weigl) sowie für das Casting (Corinna Glaus).
TV-Serie »Frieden« begeistert
Überhaupt dürfte das Verständnis für die Dialektik der Montage einer der Schlüssel sein, warum die Fernsehserie »Frieden« auf allen Ebenen überzeugt. Mike (Michael) Schaerer ist selbst Cutter. Er unterrichtet an der Züricher Hochschule der Künste.
Seine Regie ist eine subtile und höchst gekonnte Montage paralleler Handlungsstränge. Begeistert ist man darum, weil jeder dieser Handlungsstränge für sich allein zu überzeugen vermag. Dazu trägt auch die Drehbucharbeit entscheidend bei.
Auch Petra Volpe montiert Sätze und Dialoge in »Frieden« im besten Sinne des Wortes – und scheut sich dabei nicht, zu demontieren und zu demaskieren. Sie hat verstanden, dass jeder Krieg eine Wunde reißt, die nur und einzig über Generationen hinweg heilen kann. „Nur die Toten haben das Ende des Krieges gesehen“, erkannte der amerikanische Philosoph George Santayana schon 1922 nach dem Ersten Weltkrieg.
Inhaltlich orientiert sich die Autorin von »Frieden« für die Serie des Schweizer Fernsehen SRF am Bericht der unabhängigen Expertenkommission Schweiz, der vor achtzehn Jahren erschienen ist. Der Bericht hat im Auftrag der Schweizer Bundesversammlung und Regierung „die Rolle der Schweiz und deren Umgang mit diesem Abschnitt ihrer Geschichte“ aufgearbeitet.
Der Film ist zu gut und zu schön, um nur für Schweizer zugänglich zu sein. Hoffentlich gibt es Voiceovers auch in andere Sprachen!
Liebe filmpuls.info, Ihr habt in fast allem recht, aber gut gemachte Spielfilme und Serien gibt es schon lange aus der Schweiz, einfach nicht auf Deutsch, sondern auf Französisch. Die Schweiz ist ein viersprachiges Land und produziert schon länger mit Akteuren aus Belgien äußerst hochkarätige Inhalte. Die DEUTSCHE Schweiz hinkt hinterher, aber holt auf. Und: Frieden gibt es auch auf Französisch, ARTE ist mit im Boot.
Inhaltlich und gespielt jeweils hervorragend!
Super: Schauspielerische Leistungen (Annina Walt) usw. / Regie / Drehbuch.