Du willst Regisseur beim Film werden und fragst dich, was du dazu tun musst?

Regisseur werden für Film und Fernsehen Regie
Visionär, Baumeister und Leader: die Filmregie | © Illustration: Sokolov

Es gibt nur wenige Berufe beim Film, die so begehrt sind wie derjenige des Regisseurs. Darum lautet die nackte, brutale Wahrheit: Filmregisseur werden, dazu gibt überall auf Gottes schöner Welt nur einen einzigen Weg. Dieser ist härter als die künstlichen Zähne deiner Großmutter! Bist du bereit dazu?

Wo sich Wunschdenken, Fehlinformationen und Mythen treffen, bleibt die Wahrheit oftmals auf der Strecke. Und die Unterhaltungsindustrie trägt das ihre dazu bei. Wer es mit Regie führen in den Vorspann geschafft hat, erzählt nicht öffentlich, und nur selten im Freundeskreis, wie entbehrungsreich, hart und anstrengend die Reise an die Spitze wirklich war.

Regisseur werden: der Mythos

Ausbeutung? Existenzängste? Kaputte Beziehungen, weil man als Filmregisseur nur auf die Arbeit fokussiert war?

Fehlanzeige! Man wurde als Regisseur für Film und Fernsehen entdeckt, berühmt und wollte doch eigentlich ganz bescheiden nur eines: gute Arbeit leisten. Behaupten alle, die Regie führen und damit ihr Geld verdienen.

Die Wahrheit ist: Nur Nestbeschmutzer beißen die Hände, denen sie das Futter verdanken! Auch wenn das Business knüppelhart ist, es heißt noch immer Showbusiness. Was den eigenen Karriereweg angeht, wird bei der Filmregie meist gelogen, dass sich die Balken biegen!

Viele junge Filmemacher und deren Eltern sind überzeugt, man müsse nur die richtige Filmschule auswählen. Zuerst die Aufnahmeprüfungen bestehen und die Ausbildung absolvieren. Dann kommt die Arbeit automatisch.

Das ist falsch! Nicht nur darum, weil Regisseur werden kein Beruf ist. Filmregisseur ist eine Berufung.

Natürlich bedingt Regiearbeit sehr viel Fachwissen.  Die künstlerische Leitung ist kein Pappenstiel. Klar ist ein gutes Netzwerk im späteren Leben als Filmemacher unabdingbar. Auch auf den Nachwuchs ausgerichtete Filmfestivals.

Exzellente Videos können im Regelfall die Regie-Karriere starten. Das beweist nicht nur das Werbefilm-Festival Papaya Young Directors.

Filmschulen sind ein Business für sich

Aber sowenig die meisten Schauspieler auf der Straße entdeckt und am Tag danach in einem Blockbuster die Hauptrolle bekommen, kann der erfolgreiche Absolvent einer Filmschule nach dem Ende der Ausbildung seinen Beruf ausüben. Mal kurz in eine Produktionsfirma marschieren, um dort eine Serie zu machen – selten so gelacht! Zum Regisseur werden braucht es mehr, viel mehr!

Vor einigen Jahren wurde in den USA zum großen Ärger vieler Filmschulen eine Studie veröffentlicht, die untersuchte, wie viele Absolventen pro Jahr erfolgreich die Regie-Ausbildung beenden und wie viele dieser Absolventen nach drei Jahren noch in der Filmindustrie tätig waren.

Das ernüchternde Resultat: Ganze 5 %.

Wobei man wissen muss, dass in dieser Studie als „Beruf“ jede Tätigkeit innerhalb der Filmbranche erfasst wurde. Also auch Assistenzfunktionen, die als persönlicher Assistent in den USA gerne auch einmal Blumen kaufen, Auto putzen oder andere Hilfsarbeiten umfassen können …

Das tieferliegende Problem: Keine Filmschule oder Universität, kein Professor oder Lehrer will sich durch eigenes Zutun überflüssig und erwerbslos machen. Lieber lockt man angehende Filmstudierende (und deren Eltern, welche in den USA die extrem hohen jährlichen Schulgelder tragen müssen) mit großen Namen bekannter Stars. Wer genauer hinsieht, wird feststellen, dass viele davon vor schon einem Vierteljahrhundert an derselben Schule waren. Karrieren wie früher taugen aber heute kaum mehr als Berufsweg.

Wie beim Spielen von Lotto dominiert beim Berufswunsch Regie der starke Wille zum Selbstbetrug. Man könnte ja zu den 5 % gehören. Die Hoffnung stirbt auch bei der Filmregie zuletzt. Wie viele Schüler nie bis zum Sunset Boulevard kommen, wird von keiner Schule kommuniziert.

Tatsache ist: Noch nie (!) wurde ein Regisseur für ein Projekt verpflichtet, weil er ein Abschlusszeugnis einer Filmschule vorlegen konnte.

Wie wird man Regisseur? So sieht die Realität aus!

Regisseur werden führt immer über die Qualität des eigenen Showreels, also über die Videos, die man bereits gedreht hat. Wer kein Arbeiten vorzuzeigen hat, ist kein Regisseur und bekommt keinen Regievertrag. Daran führt keine Alternative vorbei!

Ob man die Videos und Arbeitsproben selbst mit Freunden dreht und sich als Learning by doing das dazu notwendige Wissen aneignet. Ob dies im Rahmen der Ausbildung einer etablierten Filmschule wie der HFF in München, der Filmakademie in Ludwigsburg oder an der HFMDK in Frankfurt am Main mit einem Regie-Bachelor erfolgt, das alles spielt keine Rolle. Regisseur werden heißt, Filme zu machen.

Wie wird man Regisseur?

  • Regisseur ist kein Beruf, sondern eine Berufung. Nicht nur Talent spielt eine Rolle. Das benötigst du ebenso wie Kreativität für die künstlerische Gestaltung ohnehin.
  • An einer Filmschule lernst du das Handwerk und bekommst (vielleicht) dein Talent als Filmregisseur bestätigt. Am Ende ist eine falsch gewählte Ausbildung aber oftmals nicht viel mehr wert, als es ein einziges, gutes Video auf deinem Showreel ist.
  • Mit der Regie auf Hollywood-Filmen kannst du viel Geld verdienen. Viel wahrscheinlicher ist, dass du mit der Regie ein Leben lang von der Hand in den Mund lebst.
  • Die einzige allgemeingültige Wahrheit, wie man Regisseur wird, lautet: Das Schicksal mischt die Karten für deine Karriere.

Die einzigen Möglichkeiten besteht für dich also darin, Kurzfilme zu drehen und Erfahrung zu sammeln. Solange, bis du mit einem Video belegen kannst, was du kannst. Agenten und Produzenten, ebenso Produktionsfirmen, suchen nicht in erster Linie Talente, die sie aufbauen können. Sie suchen jemanden, der für eine konkrete Aufgabe, ein konkretes Projekt, das passende Profil hat.

Diese Übereinstimmung von deinen Fähigkeiten mit der konkreten Aufgabe und Vision des Produzenten musst du beweisen. Mit Kurzfilmen und Arbeitsbeispielen. Kannst du das nicht, so ist das breiteste Netzwerk für die Füchse. Da hilft die höchste Sozialkompetenz nichts.

Regie führen heißt, ein Problemlöser zu sein

Ein Produzent betrachtet einen Regisseur in erster Linie als Problemlöser. Das Problem lautet: Wer kann mir diesen Film so erzählen und auf die Leinwand bringen, dass er später den größtmöglichen Erfolg hat? Wer bringt für dieses Projekt genau diese spezifischen Eigenschaften mit, die das Drehbuch, die Schauspieler, die Geschichte noch stärker und unwiderstehlicher machen?

Regisseur werden: Interview mit Tom Tykwer | © vierundzwanzig.de – Das Wissensportal der Deutschen Filmakademie / YouTube

Gespräch mit Tom Tykwer über seine Arbeit als Regisseur

Die Fähigkeiten als Filmregisseur müssen belegt werden. Worte allein reichen dafür nie. Vertrauen entsteht – ebenso wie die berühmt-berüchtigte Selbstwirksamkeit auf dem Filmset – erst durch deine Leistung! Wer, wenn nicht Produzenten wüssten am besten und aus eigener Erfahrung, dass Worte und Taten im Showbiz unterschiedliche Sprachen sprechen.

Darum nochmals: Ohne überzeugendes Showreel wirst du niemals Regisseur.

Nimm die verd***** Kamera und mach einen Film! Egal, wie banal oder blöde er ist. Ab diesem Moment bist du Regisseur!
James Cameron

Manchmal reicht es, für einen ersten Spielfilm-Deal, das eigene Talent mit an Festivals erfolgreichen Kurzfilmen glaubhaft belegen zu können. Bei anderen Projekten wird der Produzent sehen wollen, wie man als künstlerischer Leiter in früheren Werken bei der Filmregie mit der Länge von 90 Minuten umgegangen ist. Ohnehin: zu Beginn der Karriere als Filmregisseur wirst du viel Zeit und unbezahlte Arbeit investieren müssen. Andere nennen dies Selbstausbeutung.

Die Good News

Filmwissen ist heute freier zugänglich denn je. Wie in diesem Medium. Auch die Analyse von Filmen geht dank digitaler Medien nahezu spurlos am studentischen Geldbeutel vorbei. Blu-Ray oder Streaming Abo reicht.

Hinzu kommt: Mit digitalen Hilfsmitteln lassen sich Videos einfacher erstellen denn je. Regisseur werden ist also deutlich einfacher, als noch vor 15 Jahren.

Ob mit Bildern oder Videos: Nie war der Umgang mit der darstellenden Kunst so barrierefrei. Dazu benötigst du kein Bachelor Studium. Nimm dein Smartphone und drehe ein Video. Worauf wartest du noch?

Wer früher einen Spielfilm im Detail erfassen und verstehen wollte, wurde der beste Freund des Kinobetreibers. Erstmals aus dem Bauch heraus und mit freiem Kopf im Kino ansehen. Dann nochmals, um die Handlung und die Erzählweise zu verstehen.

Bei der dritten Vorstellung war die Schauspielführung an der Reihe. Beim vierten Durchgang die Montage, beim fünften Kinobesuch die Musikproduktion: Komposition, Sound Design und Tonspur.

Eine Tätigkeit bei einer Produktionsfirma mag mithelfen, die Branche kennenzulernen. In den Regiestuhl kommt man damit nicht. Allenfalls qualifiziert man sich so bei guter Leistung über die Jahre für die Funktion der Regieassistenz.

Lockvogel Drehbuch?

Viele Regisseure versuchen, sich als Paket mit einem passenden Drehbuch im Kampf um den ersten Job besser zu positionieren. Weil sie eine Geschichte als Autor selbst geschrieben haben. Oder sie sich die Rechte an einem Filmstoff gesichert haben.

Dazu kann man sich über Drehbuchautoren / Urhebern und zum Lizenzstatus einer Story schlaumachen. Als Rechte / Lizenz Creative Commons zu wählen, ist dagegen wegen Ideenklau wenig klug. Informationen zu den Urhebern einer Kurzgeschichte sind im Web oder über Agenturen umgekehrt meist einfach zu finden.

Belegt ist das Beispiel des Regisseurs von «Avatar» und «Titanic»: James Cameron, der heute zu den berühmtesten Filmregisseuren aller Zeiten gehört, erfand den Plot von «Terminator» selbst. Der Kerl hausierte damit in Hollywood, weil davon träumte, Regisseur zu sein. Viele renommierte Produktionsfirmen wollten das Script kaufen. Aber niemand war dazu bereit, den Autor als Regisseur zu verpflichten.

Cameron blieb hart. Schließlich kratzte er mit vier unbekannten Produktionsfirmen, die wenig zu verlieren hatten, die für seinen Spielfilm die notwendigen Mittel zusammen. In seinem ersten langen Film spielte ein unbekannter österreichischen Bodybuilder die Hauptrolle … – der Rest ist Geschichte. Und Cameron hatte sich seinen Platz als Filmregisseur auf dem Regiestuhl für zukünftige Projekte gesichert.

Ein Drehbuch schreiben als Mittel zur liebevollen Erpressung von Filmproduktionsfirmen kann als Filmregisseur – wenn überhaupt – nur dann gelingen, wenn die Qualität der Geschichte absolut begeistert. Gekoppelt an eine brillante Geschichte ungewöhnliche Forderungen stellen zu können, das gelingt selbst den renommiertesten Autoren nur im Ausnahmefall.

Andere Wege ohne Ausbildung, um Regisseur zu werden

Wie lernt man das Handwerk der Regie? Regisseur werden kann man nicht mit einer Anleitung. Videos machen ist zwingend. Filme verstehen aber auch.

Siehe dir möglichst viele Videos an! Analysiere wie ein Chirurg die Machart! Lerne, die Struktur hinter der Struktur zu verstehen. Und vor allem, lebe dabei dein eigenes Leben, gehe deinen eigenen, ganz persönlichen Weg und lernte, daraus für dein künstlerisches Schaffen zu schöpfen.

Regisseur Daniel Schmid (* 1941 – † 2006) antwortete in der Blütezeit seiner Karriere einem besorgten Vater, der seine achtzehnjährige Tochter mithilfe des Kultregisseurs vom Regisseur werden abbringen wollte: „Wer zum Film will und für die Filmregie gemacht ist, lässt sich von nichts und niemanden davon abhalten!

Diese Achtzehnjährige wurde kurz danach meine Assistentin. Während zwei Jahren dachte sie schneller, als ich sprechen konnte. Jedes Wochenende sah sich die Kleine das Jahrhundertwerk «Apocalypse Now» von Coppola auf DVD an, um mich am Montag im Production Office mit klugen, immer neuen Analysen zu überfallen.

Heute arbeitet sie …- als erfolgreiche Rechtsverdreherin. Außerhalb der Filmbranche.

Mehr dazu

Mehr zum Handwerk des Regisseurs findest du in diesem Artikel: Wie man als Filmregisseur Schauspieler und Filmcrews richtig anleitet.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 18.05.2017

Zachery Z. 50 Artikel
Zachery Zelluloid war in der Unterhaltungsindustrie tätig. Er schreibt unter Pseudonym, weil er weder vertraglichen Schweigepflichten verletzen, noch das wirtschaftliche Fortkommen der Berufsgattung Anwalt fördern oder Freunde brüskieren will. Sein richtiger Name ist der Redaktion bekannt.

2 Kommentare

  1. @Zoro mit nur einem R: gute Frage, Hut ab! Nö, ich war Produzent und habe als solcher Karrieren für Regisseure möglich gemacht und unmöglich gemacht. Warum ich niemals Regie führen wollte? Weil Produzenten immer zu tun haben, während leider selbst hochtalentierte Filmregisseure meist nur alle paar Jahre einen Film drehen können.

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