Das griechische Wort Parameter bezeichnet eine spezielle Gruppe von Variablen einer Gleichung. Bei Film und Video führt das Lösen der Gleichung zum angestrebten Endresultat. Die Variablen auf dem Weg dazu sind insbesondere das Budget, die Qualität oder die Termine.
Für die Kalkulation von Filmprojekten spielt der Umgang mit Variablen eine wichtige Rolle für den Projekterfolg.
Warum Parameter wichtig sind
Parameter beeinflussen im Filmgeschäft nicht nur das Endresultat, sondern auch einander. Wie Auftrieb und Schwerkraft für ein Flugzeug in der Luft, halten sie ein Projekt in der richtigen Balance. Eckdaten und Annahmen sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe.
Während die Eckdaten begrifflich für einen fixen Wert stehen, sind Parameter flexibel. Das macht sie speziell und wertvoll. Erst diejenigen Annahmen, die verbindlich festgelegt und definiert wurden, werden auf Basis der für diesen Artikel verwendeten Definition zu Eckdaten. Verbindlich können aber nicht nur Eckdaten, sondern auch die Summe variabler Annahmen sein.
Dies, wenn sich diese innerhalb einer einheitlichen Zahlenkategorie befinden. So kann beispielsweise innerhalb eines Filmbudgets das „Total“ (die Endsumme) verbindlich von einem Kunden vorgegeben sein. Bei der Zuordnung der einzelnen Budgetposten kann gleichzeitig eine gewisse Flexibilität gegeben sein. Hier kommen die Parameter ins Spiel.
Dreiteilige Artikel-Serie zum Budgetieren
Drei Phasen der Filmkalkulation:
In der professionellen Filmbudgetierung werden drei Arbeitsschritte unterschieden:
- Parametrisierung (Artikel 1 von 3)
- Budgetierung/Kalkulation mit Kalkulationsschema (Artikel 2 von 3)
- Standortbestimmungen und Nachkalkulation (Artikel 3 von 3)
Dieser erste Artikel der Filmpuls-Serie zur Kalkulation behandelt Parameter und zeigt mit einem Beispiel, wie ein professionelles Filmbudget aufgebaut sein kann. Der gesamte Umfang möglicher Eckdaten skizziert der Filmpuls-Artikel Checkliste für Dreharbeiten.
Begriffe und Fachwörter
Budget und Kalkulation werden nachfolgend gleichrangig verwendet. Im Tagesgeschäft vieler Film- und Videoproduktionsstätten wird die Bezeichnung „Kalkulation“ oft für die Erstellung des sog. Costings (Realkosten, internes Budget) verwendet, während das Wort „Budget“ das Prizing (Preis / Kundenbudget / Kostenvoranschlag) bezeichnet.
Zur Unterscheidung und Handhabung von Handlungskosten, Gewinn und Markup und zum Lesen von Kalkulationen gibt die Artikel-Serie über Filmkosten und Filmbudget Auskunft. Informationen zum Prizing finden sich im Filmpuls-Beitrag Was kostet ein Imagefilm.
Recherche und Analysen sind ein wesentlicher Teil der Parametrisierung und bei Budgetierung eines Vorhabens. Sie werden während allen Arbeitsschritten (1–3) mehrfach erbracht und darum nicht als einzelner Bereich ausgewiesen.
Beispiel für die Parametrisierung einer Filmkalkulation
Mit der Parametrisierung kann nur sinnvoll umgegangen werden, wenn zuerst einmal für jeden Parameter ein Wert gesetzt wird. Sinnvollerweise entspricht dieser dem aktuellen Wissensstand bei Projektbeginn und/oder Auftragserteilung zu einem Filmprojekt. Die dazu notwendigen Basisdaten wurden meist schon von Kundenseite auf Basis eines Filmkonzeptes definiert (siehe dazu auch Briefing Imagefilm und die dazugehörige Filmpuls-Checkliste), weitere Eckdaten sind von der Filmproduktion selbst zu erarbeiten.
Die Basisdaten für Parameter können in der Filmkalkulation beispielsweise wie folgt aufgeführt werden, wenn ein Filmkonzept bereits vorliegt:
Parameter: 1. Basisdaten | |
---|---|
Arbeitstitel | [Filmtitel] |
Medien/Einsatzgebiet | [Bsp.: TV] |
Einsatzdauer | [Bsp.: 1 Jahr] |
Erster Einsatz | [Bsp.: 1. Januar 2017] |
Länge | [Bsp.: 30 Sekunden] |
Versionen | [Bsp.: 1 Version] |
Director’s Cut | [Bsp.: Nein] |
Sprachversionen | [Bsp.: Deutsch] |
Untertitel | [Bsp.: Nein] |
Regisseur | [Bsp.: Tim Talent] |
Kameramann | [Bsp.: Leo Linse] |
Drehtage | [Bsp.: 2 Tage] |
Reisetage | [Bsp.: keine] |
Wetterabhängigkeit | [Bsp.: Ja] |
Anschließend gilt es, sich über den Umfang der Drehvorbereitung (Preproduction) klarzuwerden. Die dazu notwendigen Thesen für die Parameter müssen und sollten in der Regel von der Filmproduktion oder Videoproduktion erarbeitet werden:
Parameter: 2. Preproduction | |
---|---|
Locationscouting (Suche Drehorte, wenn nicht schon bestehend) | [Bsp.: inbegriffen] |
Vorabbesichtigung der Drehorte durch Regie | [Bsp.: 1 Tag] |
Vorabbesichtigung Drehorte mit Kameramann und Oberbeleuchter | [Bsp.: Ja] |
Storyboard (durch Produktion unter Beizug Regie zu erstellen) | [Bsp.: Ja] |
Casting der Darsteller und Statisten durch Produktion | [Bsp.: Ja] |
Preproduction-Meeting (PPM) mit Kunde | [Bsp.: Ja] |
Fitting (Auswahl der Kostüme mit Kunde) | [Bsp.: Ja] |
Sind im Konzept, Drehbuch / Storyboard auch Schauspieler vorgesehen, gilt es auch für diese ersten Annahmen zu treffen:
Parameter: 3. Cast Buy-outs. | |
---|---|
Anzahl Darsteller (Cast) | [Bsp.: 2 Personen] |
Featured Extras | [Bsp.: 4 Personen] |
Extras | [Bsp.: 5 Personen] |
Sonstige | [Bsp.: Nein] |
Buy-outs in Offerte inklusive? | [Bsp.: Ja] |
Umfang Buy-out | [Bsp.: 1 Jahr TV + Internet, D/A/CH] |
Reisen und Hotel | [Bsp.: Inbegriffen] |
Ebenso ist für die Parameter auch eine Annahme zu treffen, wie das anstehende Projekt mit Talent (Schlüsselpersonen) und hinsichtlich der Teamgröße besetzt werden muss, um die notwendigen Ziele erreichen zu können:
Parameter: 4. Key Talent / Crew. | |
---|---|
Gage für Regie | [Bsp.: Inbegriffen] |
Gage für Kameramann | [Bsp.: Inbegriffen] |
Crew aus dem Inland | [Bsp.: Inbegriffen] |
Crew aus dem Ausland | [Bsp.: Nein] |
Spezielles | [Bsp.: inklusive Stuntman] |
Ansagen für den Umfang und die Art der benötigten Technik ergeben sich aus dem Drehbuch und aus den Wünschen des Kameramanns und weiterer Head of Departments:
Parameter: 5. Equipment/Technik. | |
---|---|
Kamera | [Bsp.: Inbegriffen] |
Drehformat | [Bsp.: HD] |
Drehmaterial | [Bsp.: Digital 4K] |
Spezial-Objektive | [Bsp.: 40 mm, 45 mm + 60 mm] |
Ton | [Bsp.: Ja] |
Lichtpaket | [Bsp.: Inbegriffen] |
Grip-/Bühnenmaterial | [Bsp.: Inbegriffen] |
Stromanschluss/Generator | [Bsp.: Inbegriffen] |
Drehbuch und Storyboard geben auch Auskunft über die Drehorte, die ebenfalls für den Start definiert werden:
Parameter: 6. Location/Studio. | |
---|---|
Innenlocation | [Bsp.: 2, Wohnung und Küche] |
Außenlocation | [Bsp.: Einfahrt zu Einfamilienhaus] |
Studio | [Bsp.: Inbegriffen] |
Spezielles | [Bsp.: inklusive Reinigung] |
Werden Filmsets und Personen ausgestattet, müssen auch hierzu Hypothesen getroffen werden:
Parameter: 7. Ausstattung | |
---|---|
Set Dressing | [Bsp.: Inbegriffen] |
Kostüm und Styling | [Bsp.: Inbegriffen] |
Spezielles | [Bsp.: Miete mit Rückgabe] |
Filme machen heißt nicht nur Entscheidungen zu fällen. Ein Film oder Video will immer auch organisiert werden. Ist der dazu entsprechende Aufwand nicht im Deckungsbeitrag, dem Markup oder den Preisen eingespeist, ist der dazu geschätzte Aufwand in der Kalkulation vorzusehen:
Parameter: 8. Logistik | |
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Mobiltelefone | [Bsp.: nur Inland (Flat fee)] |
Datentransfer | [Bsp.: Inbegriffen] |
Produktionsfahrzeuge | [Bsp.: 3 Fahrzeuge] |
Catering / Mahlzeiten | [Bsp.: Filmcatering vor Ort] |
Reisen | [Bsp.: Inbegriffen] |
Hotel | [Bsp.: Inbegriffen] |
Versicherungen | [Bsp.: Inbegriffen] |
Production Service | [Bsp.: Nein (nicht erforderlich)] |
Sublieferanten | [Bsp.: Nein (nicht erforderlich)] |
In der Montage entsteht der Film nochmals neu. Dieses Wissen gehört zu den Grundlagen der Filmproduktion. Auch die Bildbearbeitung und die Tonpostproduktion sind ein Universum für sich. Sie wird darum in diesem Beitrag nicht im Detail aufgeschlüsselt, sondern in Kategorien zusammengefasst:
Parameter: 9. Postproduktion | |
---|---|
Bildpostproduktion | [Bsp.: Inbegriffen] |
Tonpostproduktion | [Bsp.: Inbegriffen] |
Reisen & Hotel | [Bsp.: nicht notwendig] |
Sprecher | [Bsp.: 1 Sprecher, Sprache: D] |
Umfang Nutzungsrechte Sprecher | [Bsp.: TV + Internet, D-A-CH] |
Musik | [Bsp.: Komponist] |
Umfang Nutzungsrechte Musik | [Bsp.: TV + Internet, D-A-CH] |
Sublieferanten | [Bsp.: Nein (nicht erforderlich)] |
Das Setzen der Parameter
Um die Parameter für ein Projekt optimal zu setzen (ein „richtig“ gibt es dabei selten) ist es zuerst notwendig, für die Videokalkulation Annahmen zu treffen. Diese sind entweder das Resultat einer bereits erfolgten Recherche und Fakten (eingeholte Offerte, beispielsweise für den gewünschten Drehort) oder von Erfahrungswerten. In dieser ersten Runde der Kalkulation werden die Parameter gesetzt und solange abgeändert, bis das Total der Offerte dem gewünschten Resultat entspricht. Erst dann, ab diesem Zeitpunkt, beginnt der zweite und wichtigere Teil des Setzens von Variablen: das Finetuning des Production Value.
Parametrisierung, das optimale Setzen von Variablen als Parameter, bedeutet letzten Endes also nichts anderes, als mit den Variablen eines Projekts den Production Value durch die bestmögliche Gewichtung aller bekannten und unbekannten Faktoren zu optimieren und zu sichern.
Möglich wird dies durch das Erstellen unterschiedlicher Szenarios. Diese werden mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen gegeneinander abgewogen, möglicherweise auch kombiniert und mit neuen Varianten ergänzt. Am Ende dieses Prozesses steht ein Budget, das alle Chancen und Risiken bewusst und kontrolliert auf Basis detaillierter Thesen (die wiederum auf Analysen und Recherchen beruhen) in sich spiegelt.
Auf andere Art formuliert: Parameter sind die Gewichtung der Werte innerhalb eines Filmbudgets und damit nicht mehr und nicht weniger als das gezielte Setzen von Schwerpunkten in einem Film- oder Videobudget. Mit den richtigen Voraussagen gelingen Punktlandungen.
Richtwerte für Parameter für Filme und Videos
Der Online-Filmkosten-Rechner von Filmpuls liefert auf Knopfdruck in Sekundenschnelle erste Richtwerte zu den Kosten und den für die Herstellung erforderlichen Zeitrahmen für ein Video oder einen Film. Dies abhängig von Genre und Filmlänge.
Die Parameter in einer Kalkulation sind auch das entscheidende Werkzeug, wenn es darum geht, eine Budgetkürzung vorzunehmen. Nur mit dem Einbezug dieser Eckdaten lässt sich ein Filmbudget in vertretbarer Weise und ohne auf den ersten Blick sichtbare Qualitätsminderung reduzieren.
Fortsetzung der Serie zu Kalkulation von Film- und Videobudgets
Eine Tabelle mit Richtwerten für unterschiedliche Filmgenres findet sich hier: Was kostet ein Film sowie im Online-Filmkosten-Rechner von Filmpuls.
Das musst du wissen
- Projektparameter sind nichts anderes als Eckdaten oder Eckwerte: Pfeiler oder Gruppen, die eine Richtung oder Art der Umsetzung vorgeben.
- Viele Parameter sind bei einem Filmprojekt miteinander verknüpft. Sie beeinflussen sich wechselseitig.
- Bei einem Filmbudget helfen sauber definierte Parameter, das Projekt zu steuern und zu kontrollieren.
Teil 2 der Serie zur Filmkalkulation behandelt ergänzend zum Thema Parameter das eigentliche Budgetieren und das Kalkulieren und präsentiert ein Beispiel für ein Kalkulationsschema. Der abschließende Teil 3 behandelt Analyse und Nachkalkulation.
Im Interesse der Lesbarkeit werden nur männliche Berufsbezeichnungen verwendet.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 22.11.2016
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