Mein Video muss überall einsetzbar sein! Was muss ich dazu beachten?

video für alle kanäle einsetzbar
Weniger ist – nicht immer – mehr. | © Cartoon: Pavel Sokolov

Mein Video soll überall einsetzbar sein. So will es mein Kunde, ein mittelständischer Betrieb, für den ich arbeite. Leserfrage an Dr. Film von B. Nuspliger, Staufen im Breisgau, per E-Mail.

Die Leserfrage an Doktor Film: Der Kunde unseres Lesers möchte sein Video überall einsetzen. Nicht nur auf seiner Webpage, YouTube und Social Media einsetzen, sondern zusätzlich am Point of Sale und Fachmessen. Er sagt, sonst würde sich das Budget nicht rechnen! Was ist für Konzept und Umsetzung zu beachten?

Ein Video, das überall eingesetzt werden kann?

Der Wunsch ihres Auftraggebers erinnert uns an die Geschichte vom Bräutigam, der den Fotografen an seiner Hochzeit sicherzustellen bat, „dass mindestens eines der Fotos von ihm auch gleich für den Reisepass und für zukünftige Bewerbungsunterlagen verwendbar wären. Ein professioneller Fotograf würde dazu ja wohl in der Lage sein!“

Aber legen wir den schönsten Tag im Leben zur Seite. Ihre Frage dürfte auf vielen Zungen brennen. Gäbe es ein Ranking für die am häufigsten gestellten Fragen im Auftragsfilm, die Einsetzbarkeit von Videofilmen auf unterschiedlichen Kanälen käme wohl gleich nach den Filmkosten.

Die einfache Antwort lautet: Mein Video überall einsetzbar? Machen wir!

Sie müssen nicht mehr tun, als die Länge möglichst kurzzuhalten und ihr Werk am Ende im Videoformat H.264 als MP4-Datei (idealerweise in HD) abzuliefern. Anschließend kann der Kunde das Social Video problemlos auf jedem handelsüblichen Computer mit einem Standard-Player abspielen. Das funktioniert für Windows als Betriebssystem wie für Apple. Aber damit nicht genug.

Alle bekannten Videoplattformen (YouTube, Vimeo, Facebook etc.) verarbeiten H.264 problemlos. Der Upload ist auch für technische Laien im Handumdrehen vorzunehmen. Kostenlos ist er noch dazu. Innerhalb wegen Minuten ist der Videoclip für ein globales Publikum via Smartphone, Tablet oder Desktop zugänglich. Mein Video für alle! Das ist so einfach wie den Partner seiner Träume zu finden. Man muss dazu nur die richtige Person kennenlernen …

Die korrekte Antwort ist: vielen Dank für das Wespennest!

Warum? Distributionskanal ist nicht Distributionskanal. Was soziale Medien betrifft, so streben YouTube Kanäle ebenso wie Facebook, LinkedIn, Twitter und Co. zwar mit aller Hartnäckigkeit danach, das jeweils allein seligmachende Medium zu werden. Frei nach dem Motto: Einer für alles – alles für einen. Tatsache aber ist: Jeder Kanal besitzt in Realität nach wie vor ein unterschiedliches Profil und zieht ein anderes Zielpublikum an.

Die Erkenntnis: Mein Video gibt es, aber wo bitte finde ich meine Zuschauer? Der Besucher einer für das Publikum geschlossenen Fachmesse (B2B, Business-to-Business) unterscheidet sich in seinen Bedürfnissen radikal von der Schulklasse, der vor einem Besuch des Betriebs im Empfangsraum ein Unternehmensvideo vorgeführt wird. Im Internet verhält es sich selten anders.

In absoluten Zahlen ist die Anzahl an Interaktionen in sozialen Kanälen nahezu unfassbar: auf YouTube werden 3,25 Milliarden (!) Stunden Bewegtbild pro Monat angesehen (Stand Q4/2016). Bei Facebook tummeln sich pro Monat 1,93 Milliarden aktive User (Stand Q1/17). LinkedIn konnte kürzlich über 500 Mio. Mitglieder vermelden.

Was also tun, wenn der Kunde einen Film einfordert, dass in seiner Erscheinung elegant wie eine Antilope sein soll, in sich aber die DNA einer Eier legenden Wollmilchsau trägt?

Mein Video muss überall funktionieren!

Unsere nachfolgenden Empfehlungen beziehen sich nicht auf die Frage, ob ein Imagefilm gleichzeitig auch ein Produktfilm sein kann, der als Werbevideo online problemlos als Erklärvideo genutzt werden kann. Auch Fragen der Videotechnik klammern wir in diesem Beitrag aus. Hierzu finden sich umfangreiche Informationen im FILMPULS-Artikel Videoformat.

Wie also optimiere ich mein Video für das Web und Social-Media-Plattformen?

Stellen Sie sicher, dass die Bilder auch auf kleinen Bildschirmen funktionieren. Die Zahl der User, die via Smartphone auf das Internet zugreift, wächst unaufhaltsam. Viele Filmemacher und Videoproduzenten träumen von „großen Bildern“ und streben nach der großen Leinwand. In Realität heißt das auf dem Smartphone: unlesbare Titel, weil zu klein.

Denken Sie daran, dass nicht alle Kanäle die gleichen Bildformate zulassen. Ob 16:9, vertikal oder quadratisch, das heißt: Sie arbeiten mit Versionen.

Gehen Sie davon aus, dass viele Menschen einen Film ohne Ton ansehen. Das gilt nicht nur für Webvideos und Online-Werbeclips, sondern auch für Messen. Ist die Tonspur relevant für das Verständnis der Botschaft, droht die Gefahr des Scheiterns. Das bedeutet: sie benötigen einen Autor, Creative Director oder Konzepter, der richtig gut mit Bildern (nicht Worten) erzählen kann.

Bangemachen gilt nicht

Seien Sie sich bewusst, dass „Verlinken“ die schlechtere Wahl ist. Auch wenn es auf der Hand liegt, einen Videoclip auf YouTube hochzuladen und „nur“ als Link der Einfachheit halber in andere Plattformen einzukopieren – die Betreiber dieser Art von Plattformen strafen dieses Verhalten fast ausnahmslos ab! Mein Video direkt auf die jeweilige Plattform heißt umgekehrt: hochgeladener Inhalt (sog. native Content) wird von den Algorithmen bevorzugt behandelt und mit höherer Sichtbarkeit (Timeline, Chronik, Suchmaschinen) versehen.

Haben Sie keine Angst, aufzufallen. Nicht nur mit Bild / Ton, sondern auch mit der Beschreibung und dem dazugehörigen Thumbnail. Bevor Menschen etwas anklicken, sehen Sie zuerst den geschriebenen Titel und das Titelbild. Das heißt: Sie müssen Kopfzeilen knackig texten (lassen) und ein überdurchschnittlich attraktives Poster Foto erstellen (lassen). Einzig so bestehen Sie im Kampf um Aufmerksamkeit.

Beachten Sie, dass einzelne Plattformen eine Autoplay-Funktion besitzen. Diese kann teilweise, aber nicht immer, vom User deaktiviert werden. Ein Clip kann darum automatisch starten. Ohne Ton oder bevor Sie die Aufmerksamkeit des Zuschauers haben. Anders gewendet: Berücksichtigt ihr Filmkonzept (oder ihre Videoversion für diese Kanäle) diese Tatsache nicht, wirkt ihr Clip suboptimal.

Nutzen Sie die Optionen, die Ihnen die Betreiber der Plattformen anbieten, auch wenn diese einfach zu nutzen sind und für Amateure ausgelegt scheinen. Professionelle Filmemacher neigen dazu, gedanklich nur Tools zuzulassen, die für Profis gemacht sind. Filme mit Apps zu editieren, gilt als unprofessionell. Trotzdem empfiehlt sich für Instagram den Einsatz von Boomerang und/oder Hyperlapse zu prüfen. Beide Programme sind als App kostenfrei downloadbar. Sie helfen, mein Video perfekt auf die Plattform zu konfektionieren. Besser noch: Sie fördern das Verständnis, das Instagram benötigt.

Soziale Kanäle adressieren ihre User unterschiedlich

Mein Video soll überall einsetzbar sein, auch auf sozialen Medien

Mehr Fans, Likes und Followers

Sozialer Bewegtbildcontent wird im Idealfall vom User mit Likes versehen, oder noch besser geteilt. Die Chance, dass dies gelingt, kann folgendermaßen erhöht werden:

Vergessen Sie nie und niemals, werte B. Nuspliger: Sie haben keine Hoheit über die Spielregeln einer Videoplattform von einem Drittanbieter wie YouTube, Facebook oder Vimeo! Was heute das perfekte Feature für Sie und Ihren Auftraggeber darstellt, kann ohne Vorwarnung vom Betreiber der Plattform schon morgen komplett anders daherkommen. Im Extremfall verlieren Sie bei Umstellungen sogar den Zugriff auf Ihren mühsam erstellten Inhalt (Wenn Sie das nicht glauben: lesen Sie das Kleingedruckte in den Nutzerbedingungen und fragen Sie sich, warum, was dort steht, dort steht!). YouTube oder Vimeo können weder eine Strategie zur Archivierung noch ein Speichermedium sein. Bei Snapchat sollte es selbstverständlich sein: Ihr Content löst sich nach 24 Stunden in Wohlgefallen auf. Wenn Sie zuerst auf Snapchat publizieren und nachher den Content für weitere Plattformen einsetzen wollen, ohne ihn separat gespeichert zu haben, wird daraus nichts.

Sie können die Frage beantworten, warum der User ihren Inhalt teilen soll oder mag. Am einfachsten geht das, wenn Sie darauf hören, was ihre Fans sagen und sie wissen, wie Ihre Follower ticken. Passen Sie ihr Filmkonzept auf diese Antwort an.

Adressieren Sie das Publikum auf jedem Kanal unterschiedlich. Jede Plattform hat eine andere Publikumsstruktur. Das bedeutet: Sie arbeiten nicht mit einer Filmfassung, sondern mit Versionen.

Eine Geschichte finden

Setzen Sie auf Storytelling. Gnadenlos. Hartnäckig. Das bedeutet: Sie benötigen eine Handlung, die auf den von Ihnen oder Ihrem Auftraggeber angestrebten Plattformen funktioniert.

Essenziell: nicht ihr Produkt, nicht ihre Marke, nicht ihre Kernaussage ist der Held. Sondern der User (der Kunde ihres Auftraggebers). Es geht nicht um mein Video. Sondern um die Frage, was der User will. Der Köder muss dem Fisch schmecken. Findet der Endkunde keine Flächen für Resonanz, wird er seine Lebenszeit nicht weiter in das Ansehen Ihres Inhaltes investieren. Das heißt: wählen Sie einen Kreativpartner, der nicht nur mit Storytelling, sondern auch mit Erzählperspektiven umgehen kann.

Emotionen gehören in den Vordergrund. Emotionen stimulieren den User weit stärker als Informationen zum Teilen ihres Contents. Der Verband APS (Association of Psychological Science) hat in einer Studie bewiesen, dass positive Emotionen sog. „soziale Transmissionen“ mehr fördern als alles andere. Das heißt: setzen Sie auf Storytelling. Mein Video überall einsetzbar heißt: Meine Story perfekt erzählt.

Das Komma auf den Punkt bringen

Kürzer ist besser (aber wie wir Filmer wissen, nicht unbedingt billiger), auch wenn auf YouTube immer wieder Filmlängen über 30 Minuten mit guten Klickzahlen zu finden sind.

Vermeiden Sie lange Diskussionen über Kameratypen und Technik: kaufen Sie ein Kamera-Modell, das einfach und intuitiv zu bedienen ist. Sie erzielen damit bessere Resultate.

Machen Sie zum Start im Clip ein starkes Versprechen, dass Sie auch einlösen. Dabei hilft das WILD-Prinzip.

Beschäftigen Sie sich mit den Suchmechanismen innerhalb der von Ihnen oder Ihrem Auftraggeber gewählten Plattform. Ihr Inhalt soll schließlich gefunden werden. Die Erstellung von Metadaten ist nicht mühsam, sondern wichtig. Stellen Sie zudem sicher, dass Ihr Film mit einem attraktiven Thumbnail versehen wird. Wird der Film ab einer eigenen Webpage gestreamt, nutzen Sie die dazu verfügbaren SEO-Best Practices.

Virale Senkrechtstarter gibt es. Aber sie sind so selten wie Einhörner. Und auch die Mehrzahl viraler Hits bekommt das Momentum nicht durch Zufall, sondern durch eine kluge Strategie. Erarbeiten Sie einen Marketingplan und überlegen Sie, wie Sie mit Paid, Earned und Owned Media umgehen wollen. Von Nichts kommt nichts.

Mein Video überall einsetzbar: Zusammenfassung

Sie werden nicht daran vorbeikommen, etliche Varianten zu erstellen, um nicht im falschen Film zu sitzen. Noch besser als Varianten sind ein modulares Videokonzept. Das sind die Bad-News. Die Good News: der Aufwand dafür hält sich ein Grenzen.

Das musst du wissen

  • Bei einem Video, das überall einsetzbar sein soll, stellen sich unterschiedliche Fragen.
  • Erstens gibt es technische Voraussetzungen, damit ein Video auf unterschiedlichen Geräten und Plattformen angesehen werden kann.
  • Zweitens sollte der Ort der Distribution einen gewissen Einfluss auf die Länge und den Inhalt eines Videos haben. Ein Video für soziale Medien ist nicht dasselbe, wie ein Video für die eigene Website.
  • Drittens stellt sich darum immer gleich auch die Frage nach unterschiedlichen Versionen des Videos.

Ein gutes Videokonzept kostet ungleich weniger als ein schlechtes. Die Adaption ist auch mit einfachen Tools möglich. Und bitte nicht vergessen! Mein Video ist immer auch dein Video.

Dr. Film beantwortet deine Fragen

Du hast eine Frage zur Videoproduktion, Imagefilm oder Storytelling? Dann bist du bei Dr. Film richtig! Er beantwortet kostenlos deine Leserfragen: Kontaktiere uns hier!

In der Rubrik „Leserfragen“ beantwortet das Team von Filmpuls an die Redaktion per E-Mail gestellte, grundsätzliche Fragen zu Marketing und Kommunikation mit Bewegtbild, wie: „Wie lang muss ein Imagefilm sein?“, oder „Was kostet ein Film?“

Das in diesem Artikel in leicht abgeänderter Form verwendete Zitat „Einer für alle, alle für einen!“ stammt aus dem Roman „Die drei Musketiere“ des Schriftstellers Alexandre Dumas.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 13.06.2017

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Unter der Bezeichnung »Redaktion Filmpuls« erscheinen Beiträge, die von mehreren Redaktionsmitgliedern gemeinsam erstellt oder bearbeitet wurden.

1 Kommentar

  1. Ich denke, es ist ein guter Tipp die Videos für mobile Nutzung zu optimieren. Ich betreibe eine kleine Webseite und sehe anhand der Statistiken, dass schon weit über die Hälfte der Nutzer auf mobilen Geräten surfen. Interessant ist auch der Punkt mit der Tonspur, darauf wäre ich allein nie gekommen. Vielen Dank für diese nützlichen Tipps.

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