Ist das erlaubt? Darf ich ein Markenprodukt oder die Logos einer bekannten Brand in meinem Video abbilden? Muss ich dazu vorab eine Erlaubnis einholen? Hier findest du Antworten am Beispiel eines hochaktuellen Falles eines Herstellers von Luxuskarossen.
Du kannst nach links oder nach rechts blicken: Markenlogos und Markenprodukte, so weit das Auge reicht.
Daran führt (meist) kein Weg vorbei. Eine Studie belegte vor einigen Jahren, dass wir pro Tag im Durchschnitt weit über 1’500 namhaften Produkten, Logos und Marken begegnen.
Bedeutet das, man darf diese Produkte auch ungefragt ein sein Video integrieren? Was passiert, wenn ein Darsteller in meinem Film ein iPhone in der Hand hält? Oder ein Auto durch das Bild fährt?
Das musst du wissen
- Markenprodukte und die dazugehörigen Logos werden u. a. vom Markenrecht und Wettbewerbsrecht geschützt.
- Du darfst keine Produkte in dein Video einbinden, wenn davon andere Produkte profitieren („Sogwirkung der Marke“)
- Bekannte Labels und Marken müssen einen potenziellen Schaden nicht beweisen.
- Unternehmen werden durch Social Media zunehmend dazu gezwungen, zwischen Abmahnungen zur Durchsetzung ihrer Rechte und einem negativen PR-Effekt abzuwägen. (Der hier präsentierte Fall ist ein aussagekräftiges Beispiel dafür, was passieren kann.)
Ist es erlaubt, Markenprodukte im eigenen Video zu zeigen?
Der Europäische Gerichtshof erließ vor 10 Jahren in einem Streitfall von L’Oréal zugunsten des Klägers ein Urteil, das bis heute als wegweisend gilt und darum eine Signalwirkung hat:
Das Gericht kam zum Schluss, es sei illegal „sich durch die Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren“.
Daraus lassen sich unter anderem zwei Schlüsse ziehen:
Produkte und Markenzeichen als Deko
Solange du Markenzeichen oder Markenprodukte als Dekoration verwendest oder ein Produkt als Requisit, bekommst du in der Regel keine Probleme. Ungeachtet ob dies in einem Imagefilm, Spielfilm oder Musikvideo geschieht.
Manchmal freut sich der Hersteller auch darüber – so oftmals, wenn dies in Kinofilmen oder an Reichweite starken Musikvideos geschieht.
Vergleichbare Produkte
Etwas anders sieht es aus, wenn du ein Markenlogo oder Produkt entweder dazu benutzt, dein eigenes Produkt (oder bei einer Auftragsproduktion dasjenige deines Auftraggebers) davon profitieren zu lassen. Oder wenn du vorgibst, das Markenprodukt und das von dir im Video beworbene Produkt gehörten in einer bestimmten Form zusammen. Das meint der Europäische Gerichtshof mit dem Begriff Sogwirkung.
Sportschuhe auf dem Ferrari: Darf man das? | Instagram, Philipp Plein
So drohte der Autohersteller Ferrari dem im Schweizer Kanton Tessin wohnhaften Inhaber des Modelabels „Philipp Plein“ mit einer Klage. Dies, weil dieser den Namen und das Logo der Kultmarke in einem Video auf Instagram dazu benötigte, seine eigenen Markenprodukte zu bewerben.
Das Bewerben der Sportschuhe erfolgt mit einem – doch eher speziellen und freizügigen – Video auf Social Media (Instagram).
Screenshots Instagram Video Philipp Plein
Die Abmahnung beinhaltete die Aufforderung, die Aufnahmen binnen 48 Stunden zu löschen.
Die Abmahnung wies nicht nur darauf hin, dass von Plein der Eindruck erweckt würde, die grünen Turnschuhe am Ende des Videos würden als Teil der Marke Ferrari als Markenprodukt wahrgenommen. Der Hersteller von Luxusautos machte auch weitere Verletzungen seiner Rechte geltend.
Negativer Kontext
Ferrari mahnte ab, dass „uno stile di vita completamente incompatibile con l’immagine del marchio Ferrari, con attrici in pose provocatorie e oggetti di scena Ferrari“.
Auf gut Deutsch: Die Aufnahmen seien geschmacklos und zeigen einen Lebensstil, der mit Ferraris Markenbild komplett unvereinbar ist, mit Darstellerinnen in aufreizenden Posen und Ferraris als Requisiten.
Anders gewendet: Nicht nur das Paar grüne Plein-Turnschuhe auf dem Ferrari 812 Superfast (Neupreis: ab 325’000 €) im Video werden als Rechtsverletzung gesehen. Auch der Kontext, zwei wenig bekleidete Girls, die lustvoll mit einem Gartenschlauch hantieren, würde die Rechte von Ferrari verletzen.
Markenrecht und Markenprodukt
Bei seiner Beanstandung stützt sich Ferrari auf das Markenrecht. Dieses schützt sowohl den Namen wie das Logo der italienischen Nobelschmiede. Es verbietet zudem auch die unrechtmäßige Verwendung einer Marke und deren Produkte zu Werbezwecken.
Die konkrete, beanstandete Verletzung des Markenrechts von Ferrari:
Die identischen Farben von Turnschuhen (750 € pro Paar) und Karosserie und die direkte Platzierung der Sportschuhe auf der Kühlerhaube neben dem Firmenlogo „könnte Betrachter glauben lassen, es bestehe eine offizielle Kooperation zwischen den beiden Marken. Was nicht der Fall ist.“
Kein Beweis eines Schadens beim Markenprodukt erforderlich
Das europäische Markenrecht besitzt eine ganz besondere Eigenheit. Anders als sonst in unserem Rechtssystem müssen bekannte Brands einen Missbrauch nicht beweisen. Die Möglichkeit des Beklagten, von der Marke durch die Einbindung in seiner Videoproduktion profitieren zu können, genügt für eine Klage.
Die Chancen, dass Ferrari seine Markenrechte in einem Prozess durchsetzen kann, stehen damit gut.
Hinzu kommt, dass Ferrari das eigene Logo bereits als exklusive Lizenz für die Schuhmarke Tods vergeben hat. Es also seinem Lizenznehmer schuldet, dessen teuer erworbene Rechte zu gewährleisten.
Der verlorene Sieg
Noch gibt es keine Klage und kein Gerichtsurteil. Sondern erst Abmahnungen.
Der Gewinner steht aber trotzdem und vor einem möglichen Gerichtsurteil fest.
Es ist der Modehersteller.
Plein hat die Abmahnung nämlich umgehend öffentlich gemacht und in Eigenwerbung umgemünzt. Die große Bekanntheit von Ferrari, kombiniert mit deren Verbot, das Video mit dem Markenprodukt weiter zu zeigen, haben für weltweite Aufmerksamkeit gesorgt. Womit die Modemarke an globaler Bekanntheit gewonnen hat. Kostenlos.
Die Antwort auf die Abmahnung. Natürlich öffentlich | Instagram, Philipp Plein
Und nicht nur das. BMW hat dem Inhaber des Modelabels eine ihrer besten Luxuskarossen angeboten. Unentgeltlich. Wie man aus München hört, ohne Erfolg. Plein mag es offenbar exklusiver.
Der erfolgreiche Modeunternehmer prüft nun seinerseits wegen Drohung und Erpressung gegen Ferrari vorzugehen. Er legt in einer Mitteilung Wert auf die Feststellung, dass er in den vergangenen zehn Jahren drei Wagen der Marke Ferrari gekauft habe und darüber irritiert sei, wie Ferrari seine Kunden behandle.
Disclaimer
Bei rechtlichen Fragen kommt es immer auch auf die Details an. Viele Fälle, die aus Sicht des Laien identisch scheinen, unterscheiden sich für die juristische Einordnung für rechtskundige Fachkräfte wesentlich.
Dieser Artikel will und kann darum nicht mehr als eine unverbindliche Erstinformation sein. Er kann eine sorgfältige Beurteilung deines individuellen Falles nicht ersetzen.
Bitte beachte auch, dass du nahezu sicher weder Ferrari noch Philipp Plein bist – und damit bei Verletzungen des Markenrechts weder auf die anarchische Strahlkraft von Social Media, noch auf hunderttausende Fans und damit auf einen PR-Effekt vertrauen kannst! Gesetze sind verbindlich.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 13.08.2019
Sehr, sehr gute Beiträge. Ich verfolge seit Monaten Eure Beiträge auf dieser Webseite. Tolle fundierte Themen, wie sie nirgendwo im deutschsprachigen Raum annähernd auftauchen. Macht weiter so! Ich bin zwar nur ein Amateurfilmer, aber die Qualität Eurer Beiträge finde ich einfach klasse! Mit freundlichen Grüßen an diese super Redaktion! Euer Mathias Hartwig
Vielen Dank für die Informationen zum Markenrecht. Ich versuche, mehr darüber zu erfahren, was im Markenrecht erlaubt ist. Ich werde mit einem Anwalt sprechen, um das Markenrecht besser zu verstehen.
Hi, wir haben eine Werbeagentur und produzieren auch Image Videos. Habe von „spec productions“ gehört – Dass man OHNE Auftrag/ direkter Zustimmung eines Labels Image Videos für das Label produziert bzw. diese veröffentlicht mit der Kennzeichnung „spec production“. z.B. Parfum Werbespot für Hugo Boss. Kennt ihr das? Wie sieht hier die rechtliche Grundlage aus? Danke für eure Antwort! 🙂 LG Victoria
Hi Victoria, gute Frage! Aus Sicht des Gesetzes ist die Antwort (leider) eindeutig: nur weil du einer Katze ein Hundehalsband anziehst, ist sie noch lange kein Hund. Der Zusatz „spec“ (deutsch: spekulativ) ändert an dem Erfordernis einer Zustimmung nichts. Die Bezeichnung besagt nur, der Film wurde ohne Zustimmung gemacht. Daran, dass du Markenprodukte ohne Erlaubnis in Szene setzt, ändert das nichts. Was also darfst du tun?
Ist euer Film online ohne ein O. K. des Kunden, steht es diesem als Inhaber der Marken-, Namens- und Urheberrechte frei, die Publikation des Videos rechtlich mit allen zur Verfügung stehenden Rechtsmitteln zu ahnden. Die Kohle, die ihr dann für Anwälte etc. brennen müsst, nutzt ihr besser für einen coolen Festival-Kurzfilm.