Das Vokabular des Films erweitert: Cinefade prägt mit variabler Tiefenschärfe »Mank« von David Fincher

Tiefenschärfe Mank Cinefade
Variable Tiefenschärfe bei gleichbleibender Belichtung | © Netflix

David Finchers neuester Netflix-Film »Mank« ist eine Hommage an »Citizen Kane« und an Gregg Tolands Arbeit mit Tiefenschärfe in diesem Jahrhundertwerk von Orson Welles. Dazu setzt Regisseur Fincher mit seinem Kameramann Erik Messerschmidt das von Oliver Christiansen neue entwickelte System Cinefade ein – und ergänzt damit das visuelle Storytelling um ein revolutionäres, bis anhin ungesehenes kreatives Element.

Was bisher nur mit digitalen Effekten und viel Aufwand in der nachträglichen Bildbearbeitung – wenn überhaupt – realisierbar war, ist dank eines innovativen Kamerazubehörs nun erstmals in Echtzeit bei Dreharbeiten in der Kamera möglich: die Variierung der Tiefenschärfe innerhalb einer Einstellung. Der Spielfilm »Mank« (Regie: David Fincher; Kamera: Erik Messerschmidt, ASC) dürfte diesem Effekt nun auf breiter Front zum Durchbruch verhelfen.

© Foto: IMDB
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Erik Messerschmidt (40), ASC, führte bei »Mank« die Kamera. Der Film von David Fincher (Fight Club, The Social Network) erzählt eine Episode aus dem Leben des Drehbuchautors Herman J. Mankiewiczs. Dieser schrieb an der Seite von Wunderkind Orson Welles in seinem Haus in Victorville in der Mojave-Wüste das Drehbuch für den Filmklassiker Citizen Kane über den Medienzaren William Randolph Hearst. Der 1941 erschienene Film wurde weithin als Abrechnung mit Hearst verstanden. Zuvor drehte Messerschmidt Raised by Wolves und Finchers Thrillerserie Mindhunter. Seine Arbeit an »Mank« brachte Erik Messerschmidt 2020 eine Emmy Award-Nominierung für Outstanding Cinematography ein.

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Oliver Christiansen ist der Erfinder und Entwickler von Cinefade, das er erfolgreich auf den Markt gebracht hat. Cinefade ist ein neuartiges Kamerazubehör, das von Kameraleuten in High-End-Filmen, TV-Serien und Werbespots eingesetzt wird und das Vokabular des Films ebenso maßgeblich wie revolutionär erweitert. Für seine Erfindung wurde Christiansen, der an der Staffordshire University ein Studium in Digital Film and Post Production Technology erfolgreich abschloss, mit dem renommierten Cinec-Award ausgezeichnet.

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Der Name ist Programm: Cinefade, so nennt Oliver Janesh Christiansen seine Innovation. Diese fügt dem Filmvokabular nicht mehr und nicht weniger als ein neues Element hinzu.

Der Cinefade-Effekt ermöglicht es erstmals seit der Erfindung des Films im Jahr 1895, dass der Operateur einer Filmkamera die Tiefenschärfe innerhalb einer Aufnahme nicht nur auf eine neue Ebene verschieben, sondern in der Breite der Raumtiefe bei laufender Kamera variieren kann. Regie und Kameramann können damit zwischen einer tiefen und einer flachen Schärfentiefe wechseln und den Umfang der Tiefenschärfe variieren.

Damit erhält die Filmsprache ein neues erzählerisches Gestaltungsmittel in der kreativen Bildgestaltung.

Variable Tiefenschärfe innerhalb einer Einstellung

In diesem exklusiven Artikel von Filmpuls erklären Oliver Christiansen und Cinematografer Erik Messerschmidt, ASC, was es Cinefade auf sich hat und wie das System zur Variierung von Tiefenschärfe funktioniert, warum es das Filmvokabular erweitert und wie es bei Mank (mit Gary Oldman, Tom Burke und Lily Collins vor der Kamera) eingesetzt wurde.

Cinematografer Erik Messerschmidt ist einer der ersten Kameraleute, der die revolutionäre Technik von Oliver Christiansen im neuen Netflix-Spielfilm »Mank« von David Fincher (Se7en) einsetzte.

Mit seiner Kameraarbeit belegt Messerschmidt eindrücklich, dass Cinefade ein absolut stilprägendes, neues Werkzeug ist. Dieses wird in Zukunft die visuelle Erzählweise einer ganzen Reihe weiterer Spielfilme und Serien, die aktuell in Produktion sind – ebenso wie zukünftig auch Werbefilme und große Imagefilm – maßgeblich mitgestalten.

Kameraleute mussten bis anhin mit Blenden von T8, T11 und manchmal mit T16 drehen, um die Tiefenschärfe zu akzentuieren. Die Tiefenschärfe blieb dabei statisch: einmal definiert, war ihr Umfang bei laufender Kamera gegeben. Darum bestand keine Möglichkeit, die Schärfeebene als dynamisches Werkzeug für das Storytelling innerhalb einer Einstellung oder Plansequenz zu nutzen.

Cinefade sprengt diese Grenze und erweitert damit das Spektrum der Möglichkeiten der Bildgestaltung erheblich, wie das nachfolgende Showreel eindrücklich belegt:

Demovideo Cinefade | © Cinefade / Vimeo

Erik Messerschmidt über die Rolle von Cinefade bei »Mank«

»Mank«, der neue Spielfilm von David Fincher erzählt die Geschichte von Drehbuchautor Herman „Mank“ Mankiewicz und seiner Zusammenarbeit mit Orson Welles bei der Entstehung des Drehbuchs für eines der legendärsten Meisterwerke der Filmgeschichte aus dem Jahr 1941: Citizen Kane. Das Filmscript zur Verfilmung der Story stammt von Jack Fincher, dem verstorbenen Vater des Regisseurs.

Schauspieler Gary Oldman vor der Kamera: Variable Tiefenschärfe als Gestaltungselement | © Trailer »Mank«: Netflix / YouTube

MANK | Official Trailer | Netflix

Cinematografer Erik Messerschmidt, ASC, nutzte das Tool als prägendes Instrument für das visuelle Storytelling bei den Dreharbeiten zu »Mank« von David Fincher. Dies, um die Charaktere des Films, darunter der famose Gary Oldman, dramaturgisch mit variabler Tiefenschärfe innerhalb derselben Einstellung bei der Bildgestaltung im Raum zu isolieren und damit hervorzuheben.

Heutzutage wird der Fokus kaum mehr als Mittel zum Erzählen von Geschichten eingesetzt. Im modernen Kino ist die Schärfeebene immer auf denjenigen, die sprechen.
Erik Messerschmidt, ASC

Erik Messerschmidt: Meine Absicht war, dass, wer nicht aktiv danach sucht, visuell einfach von der Entwicklung der Filmhandlung geführt wird. Der größte Teil der Geschichte hat eine objektive Erzählperspektive: Wir beobachten Mank dabei, wie er durch seinen Tag geht. Der Cinefade-Effekt hilft dabei, die Verschiebung seines Gemütszustandes zu verdeutlichen, weil er den Blickwinkel leicht und unmerklich verändert. Darum gefiel mir die Idee, für das Storytelling entscheidende Momente im Film zu definieren und dort dann die Charaktere mittels variabler Tiefenschärfe im Bild zu isolieren. David (Fincher, Anm.d.R.) hatte mich nach einer Möglichkeit gefragt, wie man sowas umsetzen kann. Am Ende prägte Cinefade, dieser großartige neue Effekt visuell und in der Bildgestaltung den gesamten Film!

In einer Szene beispielsweise, in der Mank (Oscar-verdächtig gut: Gary Oldman) einen Anruf erhält, spiegeln Regisseur Fincher und Cinematografer Messerschmidt die nun stattfindenden inhaltlichen Veränderungen in der Bildkomposition und Bildgestaltung:

Die Tiefenschärfe nimmt allmählich ab und lenkt den Blick des Zuschauers weg von Sara (Manks Frau) im Hintergrund auf den Protagonisten, sodass der Zuschauer sich nun auf Manks Gespräch und seine Mimik konzentrieren muss. Dieser Übergang spiegelt auch die Veränderung des Gemütszustandes von Mank wider: Die Sorge um seinen Freund ist plötzlich zu einer dringenden Priorität geworden, und die Tiefenschärfe wechselt in der filmischen Umsetzung folgerichtig erst nach dem Abbruch des Anrufs zurück zu seiner Frau.

Das geschulte Auge findet  in »Mank« eine ganze Reihe entscheidender Szenen, in denen Cinematografer Erik Messerschmidt, ASC 1, die dynamische Veränderung der Raumtiefe als visuelles Instrument zur Erzählung einsetzt. Entweder um bestimmte Charaktere im Raum bildgestalterisch zu isolieren oder um die Tiefenschärfe 2 so zu ziehen, als ob der Fokus in der Kamera verändert worden wäre.

Erik Messerschmidt: Als Regisseur und Kameramann wolltest du schon immer auch mit der Raumtiefe innerhalb einer Einstellung arbeiten. Dies damit der Zuschauer weiß, wohin er im Bild schauen soll. Genau hier kommt nun Cinefade ins Spiel, dieses System macht das einwandfrei.

Verweise: 1 Die Abkürzung ASC steht für American Society of Cinematographers, eine Vereinigung der weltbesten, meist amerikanischen, bildgestaltender Kameraleute (Directors of Photography); 2 Schärfentiefe und Tiefenschärfe werden in diesem Beitrag als Synonyme für das Maß der Ausdehnung des scharfen Bereichs im Objektraum eines abbildenden optischen Systems verwendet.

Wie Oliver Christiansen Cinefade erfand

Oliver Christiansen hatte schon immer ein Interesse an Fotografie und Film. Er arbeitete mehrere Jahre als Kameraassistent und ist nach wie vor als Kameramann (Operator) an Filmdrehs beteiligt. Gerade einmal 23 Jahre alt, noch während seines Studiums an der Uni, entstand seine Vision, die heute als unter der Marke Cinefade Filme wie »Mank« von David Fincher entscheidend prägt.

Filmpuls:Oliver, du hast 126 Jahre nach Erfindung des Films mit Cinefade dem Vokabular des Storytellings ein gänzlich neues visuelles Element hinzugefügt! Wie erklärst du dir, dass vor dir niemand auf die Idee gekommen ist, die Tiefenschärfe variabel zu machen?

Oliver Christiansen:Diese Frage stelle ich mir jeden Tag! Das Grundkonzept von Cinefade ist kinematografisch sehr einfach. Ich behaupte nicht, der Erste zu sein, der diese Idee hatte. In den Jahren, in denen ich Cinefade entwickelt habe, habe ich mit mehreren Filmemachern gesprochen, die die gleiche Absicht hatten. Diese haben sie aber nicht weiter verfolgt.

Filmpuls:Du aber hast das Projekt trotz deines jugendlichen Alters erfolgreich umsetzen können. Wie erklärst du dir das?

Oliver Christiansen:Das Besondere an mir ist, dass ich nicht nur das Potenzial für ein neuartiges Erzählwerkzeug gesehen habe, sondern auch die Initiative ergriffen und viel Ausdauer und Arbeit investiert habe. Vielleicht hat das auch damit zu tun, dass ich halb Deutscher und halb Inder bin, der im kompetitiven London aufgewachsen ist. Ich war hartnäckig und wollte ganz einfach ein System entwickeln, das es Filmemachern ermöglicht, diesen Effekt auf möglichst zuverlässige Weise zu erzielen, und dieses System als Kamerazubehör dann auch erfolgreich global in der Filmbranche vermarkten. Weil, wie soll ohne Vermarktung jemand wissen, was er will, wenn er es noch niemals gesehen hat?

Ich wusste: Als 23-jähriger Hochschulabsolvent werde ich mit der Idee für ein neues Produkt und ohne Erfahrung nicht ernst genommen.
Oliver Christiansen

Filmpuls:Hast du je daran gezweifelt, dass deine Idee in der Praxis umsetzbar ist?

Oliver Christiansen:Während der gesamten Entwicklung von Cinefade dachte ich immer, dass ich an einen Punkt gelangen würde, an dem andere zuvor gescheitert waren, und dass ich nicht in der Lage sein würde, ein technisches oder optisches Problem zu überwinden. Aber zum Glück ist das nie passiert. Verstehe mich nicht falsch: Die Entwicklung war nicht einfach oder unkompliziert! Aber ich habe durchgehalten.

Bei einem Spielfilmdreh wie »Mank« gibt es keinen Raum für Fehler. Da muss ein System wie Cinefade beim ersten Mal funktionieren, jedes Mal!
Oliver Christiansen

Filmpuls:Wie hat man eine solche Idee? War das ein langer, systematischer Prozess tiefen Nachdenkens? Oder ein Geistesblitz unter der Dusche? Oder bei einem Bier?

Oliver Christiansen:Ich erinnere mich noch gut an den Moment, als ich die Idee hatte: Ich befand mich auf einer abgelegenen Insel auf den Philippinen, wo ich ein Jahr lang lebte und arbeitete. Ich näherte mich dem Ende meines Aufenthalts dort und wusste, dass ich zur Universität in England zurückkehren musste, um meine Diplomarbeit abzuschließen. Ohne Internet und ohne Ablenkung begann ich ein Brainstorming. Ich schrieb einige Ideen auf, die mich interessierten. Darunter war eine für ein System für variable Tiefenschärfe. Zunächst dachte ich daran, den Verschlusswinkel zu verwenden, um die Belichtungsänderung zu kompensieren – was mit einer ARRI 435 tatsächlich bis zu einem gewissen Grad möglich war. Aber da ich kein Internet hatte, konnte ich nicht weiter recherchieren. Also blieb die Idee in meiner Notizen-App, bis ich an der Universität den Eintrag wieder fand.

Filmpuls:Die Idee hast du auf einer Insel, sie geht vergessen und du entdeckst sie wieder: Wäre das ein Film, niemand würde es glauben!

Oliver Christiansen:Schwer zu glauben war für mich eher, dass ich beim Recherchieren im Internet nur sehr wenige Informationen zu diesem Thema finden konnte. Also machte ich einige anfängliche, sehr rudimentäre Experimente per Hand mit vorhandener Ausrüstung, um die Funktionsweise meines Konzepts zu beweisen. Ich hörte einfach nicht auf, das Konzept und die Methode zu verbessern. Die Idee hatte mich gepackt und die meisten Leute, denen ich von meiner Absicht erzählt und die ich einweihte, haben mir positives Feedback und Ermutigung gegeben, was sicherlich geholfen hat.

Filmpuls:Wie schafft man es, dass eine solche Innovation von hochkarätigen Talenten wie Erik Messerschmidt, ASC, eingesetzt wird und von einem Guru wie David Fincher akzeptiert wird?

Oliver Christiansen:Die Idee zu erfinden ist eine Sache, ja, aber es gibt mehrere Schritte, von denen ich wusste, dass ich sie unternehmen musste, damit sie von den Top-Profis der Branche akzeptiert wird. Ich wusste, dass ich Glaubwürdigkeit brauchen würde, denn als 23-jähriger Hochschulabsolvent würde ich nicht ernst genommen werden. Und tatsächlich war es schwierig, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Der erste Schritt war, mit einer seriösen Firma zusammenzuarbeiten. cmotion in Wien war dazu bereit. Die Firma verfügte über viel technisches Fachwissen. Dann musste ich ein Showreel produzieren und Testimonials von bekannten Kameraleuten einholen. Mein erster, großer Durchbruch war dann The Commuter, gedreht von Paul Cameron, ASC.

Filmpuls:Was geschah dann?

Oliver Christiansen:Die Entwicklung des Cinefade zu einem System, das einfach zu bedienen und schnell einzurichten und zu benutzen ist, war der nächste Schritt. Denn bei einem Projekt wie »Mank« von David Fincher gibt es keinen Raum für Fehler, das System muss beim ersten Mal funktionieren, jedes Mal. Die nächsten Schritte bestehen darin, bei den Leuten anzuklopfen, Feedback zu bekommen und umzusetzen und darauf zu warten, dass die Mundpropaganda ihren Lauf nimmt. Ich schätze mich glücklich, denn wenn ich jemandem das Cinefade zum ersten Mal zeige, ist derjenige in der Regel wirklich beeindruckt, etwas Neues zu sehen und freut sich, wenn er oder sie es mit dem Umfeld teilen kann. Das Cinefade-System für »Mank« wurde übrigens von Keslow Camera in LA gestellt, die seit meinem ersten Besuch in Hollywood zu den frühen Anwendern und großen Unterstützern des Cinefade gehören.

Mein Baby Cinefade ist erwachsen geworden. Es hat das Elternhaus verlassen.
Oliver Christiansen

Filmpuls:Bist du bei den Drehs jeweils am Set mit dabei?

Oliver Christiansen:Anfangs habe ich immer versucht, an jedes Set zu kommen. Ich wollte sehen, wie der Kameramann den Effekt einsetzt. Aber seit das System so einfach geworden ist, dass es jeder im Kamerateam es erlernen und bedienen kann, und seit wir angefangen haben, das Cinefade VariND an Unternehmen, die Filmequipment verleihen, zu verkaufen, hat es ein Eigenleben entwickelt – mein Baby ist erwachsen geworden. Es hat sozusagen das Elternhaus verlassen. Ich erinnere mich jedoch lebhaft daran, wie ich am Set von „The Commuter“ war und ich den Kameraassistenten zum ersten Mal nach einer „Cinefade-Aufnahme“ rufen hörte – das hat mich sehr gefreut. Es macht mir auch heute jedes Mal viel Freude, zu sehen, wie sich alle, vom Regisseur bis zu den Schauspielern, um einen Monitor scharren, um den neuen Effekt in Aktion zu sehen.

Filmpuls:Ist es richtig, dass Cinefade beim Dreh  von »Mank« auch für anderweitige, für den Zuschauer nicht sichtbare, Aufgaben eingesetzt wurde?

Oliver Christiansen:Cinefade wurde von Erik und seinem Team nicht nur für den variablen Schärfentiefeneffekt als Storytelling-Tool genutzt, sondern auch als variablen ND-Filter, um die Belichtung zu steuern. So, wenn im Freien gedreht wurde. Oder wenn die Kamera unzugänglich war, wie zum Beispiel auf einem Kran. So konnten Erik und sein Kameraassistent Alex Scott eine konsistente tiefe T-Stop-Einstellung von beispielsweise  T11 beibehalten und den VariND verwenden, um die Belichtung bei wechselnder Bewölkung schnell und aus der Ferne einzustellen, ohne den Kran herunterlassen zu müssen, um traditionelle ND-Filter zu wechseln. Das spart wertvolle Zeit und Zeit ist immer auch Geld.

Erik Messerschmidt:Das Cinefade VariND wohnte gewissermaßen auf der Kamera während der gesamten Dauer unseres Drehs!

Filmpuls:Wie hast du den Austausch mit Erik erlebt?

Oliver Christiansen:Erik hatte nichts als Lob für das Cinefade. Er war sehr unterstützend, indem er in seinen Interviews während der Preisverleihungssaison über seine Erfahrungen mit dem Cinefade sprach. Zurzeit setzt Erik die Cinefade übrigens bereits wieder für seinen nächsten Spielfilm ein, der in Georgia gedreht wird und Devotion heißt.

Es unglaublich beglückend, wie Filmemacher das System Cinefade kreativ nutzen.
Oliver Christiansen

Filmpuls:Hat er dir auch Feedback zu Verbesserungen gegeben?

Oliver Christiansen:Erik erwähnte, dass für die Kameraassistenz eine kleine Lernkurve erforderlich ist, da das Cinefade noch nicht mit anderen Objektiv-Steuerungssystemen außer dem cmotion cPro kompatibel ist. Im US-Markt wird hauptsächlich die ARRI WCU oder Preston LCS verwendet. Aber trotzdem konnte die Crew von Erik mit dem mitgelieferten Benutzerhandbuch zu Cinefade alle Fragen eigenständig klären.

Filmpuls:Was sind deine nächsten Pläne mit Cinefade?

Oliver Christiansen:Es gibt noch viel zu tun, um Cinefade zu einem festen Bestandteil des Filmvokabulars zu machen und in andere Länder zu expandieren. Mein Ziel ist es, so vielen Filmemachern wie möglich den Zugang zu dem System zu ermöglichen und mit dem Effekt zu experimentieren, da es immer noch ein neues Werkzeug ist und es viele Möglichkeiten gibt, es im Storytelling kreativ einzusetzen.

Filmpuls:Was ist für dich das Beste an Cinefade?

Oliver Christiansen:Es unglaublich beglückend und befriedigend, wenn ich sehe, wie verschiedene Filmemacher das System Cinefade kreativ nutzen.

Man darf gespannt sein, ob Oliver Christiansen nicht noch eines Tages einen technischen Oscar für sein System Cinefade erhält. Schließlich kommt nicht alle Tage jemand daher, der das Vokabular des Films erfolgreich um ein prägendes Stil-Element erweitert. Denn wer bis hierher gelesen hat, dem dürfte längst klar sein: Die banale, austauschbare Bezeichnung Kamerazubehör greift für das System Cinefade zu kurz – dafür ist der kreative Spielraum zu groß, den das neue Tool dem Film eröffnet hat.

Mit Cinefade erstmals als In-Kamera-Effekt möglich

Cinefade ist die erste und bisher einzige professionelle Lösung am Markt, um die Schärfentiefe bei einer Filmerzählung einzusetzen. Die technische Funktionsweise der bahnbrechenden Innovation in wenigen Worten und möglichst einfach erklärt:

Cinefade koppelt das Objektivsteuerungssystem den motorisierten variablen ND-Filter an einen Blendenmotor und hält die Belichtung automatisch konstant, während der Kameraoperator die Blende öffnet und schließt, um die Tiefenschärfe zu variieren.

cmotion Cinefade VariND besteht aus einem motorisierten Polarisator und einem statischen Polarisator, die miteinander verbunden sind und sich in einer Matte-Box befinden. Die hochwertigen Rundpolarisatoren nutzen das Konzept der Kreuzpolarisation, um Licht um 5+ Blendenstufen (ND0,4 – ND1,9) abzuschwächen.

Cinefade VariND ist aktuell weltweit einzig direkt beim Erfinder Oliver Christiansen zu kaufen oder zu mieten. Das System ist mit jeder professionellen Film- oder Digitalkamera und jedem Cine-Objektiv kompatibel.

Tiefenschärfe: Breites Anwendungsspektrum

Neben dem Cinefade-Effekt kann der VariND auch weitere praktische Anwendungsmöglichkeiten eingesetzt werden. Zudem kann er separat gesteuert werden, was dem Cinematografer eine präzise, dynamische und ferngesteuerte Belichtungssteuerung in die Hand gibt, wenn die Kamera zum Beispiel auf einem Kran positioniert ist.

Ein wesentlicher  Vorteil gegenüber herkömmlichen ND-Filtern liegt in dieser Konstellation darin, dass der Kameraassistent die Neutraldichte schnell, problemlos und ferngesteuert ändern kann, was viel Zeit am Set bei den Dreharbeiten spart und außerdem eine größere Flexibilität und Präzision bei der Einstellung der Belichtung ermöglicht.

Wenn die Kamera von einer dunklen in eine helle Umgebung übergeht, passt VariND den ND-Wert dynamisch an. Damit bleiben Schärfentiefe und Look der Szene konsistent.
Oliver Christiansen

Oliver Christiansen ist überzeugt: „Die VariND-Funktion erleichtert das Leben des AC und gerade jetzt, wo es Remote-Produktionen und Covid-Restriktionen gibt, ist es hilfreich, ein ferngesteuertes VariND zu haben, um die Belichtung präziser zu steuern und die ND-Werte viel schneller einzustellen als mit herkömmlichen ND-Filtern, und das alles in sicherer Entfernung zu den Schauspielern. Es gibt noch viel Aufklärungsarbeit über diese Funktionen, die zwar nicht so sexy und auffällig sind wie der variable Schärfentiefeneffekt von Cinefade, aber extrem hilfreich.“

Auch bei Innen- und Außenaufnahmen mit der Steadicam ist es nun möglich, Blendensprünge zu vermeiden. Mit dem VariND kann der ND-Wert dynamisch angepasst werden, wenn die Kamera von einer dunklen in eine helle Umgebung übergeht. So bleiben die Schärfentiefe und der Look der Szene konsistent und die Belichtungsänderung wird durch den variablen ND-Filter ausgeglichen. Und schließlich bietet die RotaPola-Funktion eine Plug-and-play-Lösung für Automobilaufnahmen, um Reflexionen aus der Ferne zu steuern.

Weitere Filmproduktionen folgen dem Beispiel von »Mank«

Noch dieses Jahr folgen im Kielwasser von »Mank« eine ganze Reihe weiterer Filme und Serien, die alle mit Cinefade arbeiten, bekannt davon sind bereits Blonde (Netflix), The Witcher (2 Staffel) und The Morning Show (2. Staffel, Apple TV) und der Spielfilm Devotion.

Ein herzliches Dankeschön an Oliver Christiansen von Cinefade und Cinematografer Erik Messerschmidt, ASC, für die Informationen zu diesem Artikel. Hier geht’s zur Webseite von Cinefade.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 17.02.2021

Redaktion Filmpuls 200 Artikel
Unter der Bezeichnung »Redaktion Filmpuls« erscheinen Beiträge, die von mehreren Redaktionsmitgliedern gemeinsam erstellt oder bearbeitet wurden.

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