Lediglich Acrylfarbe, Wasser und Öl waren als Grundzutaten notwendig, um ein galaktisch anmutendes Szenario für den Kurzfilm „Galaxy“ zu erschaffen. In diesem Artikel verrät Leser-Reporter Martin, mit welchem Equipment er für sein YouTube Video gearbeitet hat, wo die anfänglichen Schwierigkeiten lagen, wie du am besten unnötige Fehler vermeidest und mit welchen Tricks derartige Aufnahmen möglich sind. Teures Equipment ist dafür nicht zwingend nötig.
Vor einiger Zeit wurde ich auf Fluid-Art-Videos aufmerksam. Die Kombination aus diesen Flüssigkeiten können eine überwältigende Farbenpracht erzeugen, wie ich dies bei Makro-Filmen noch nie gesehen habe. So wühlte ich mich schon Wochen vor dem Dreh wie ein tollwütig gewordenes Trüffelschwein durch die Weiten des Internets. Als ich „Psychedelic Artworks With Oil, Soap And Paint“ sah, da war es um den Martin geschehen. Etwas Ähnliches will ich jetzt auch machen! Gesagt getan.
Am Anfang stand eine hässlich braune Soße, welche anstelle einer bunten Galaxy eher an eine Abwasser-Kanalisation erinnerte.
Martin
Eine richtig gute Anleitung fand ich im Internet vergebens, was verschiedene Ursachen hat, wie ich später lernen sollte. So kam es, dass zu Beginn meines Projekts vieles schiefgegangen ist. Meine erste Mixtur der Flüssigkeiten führte zu keinem Erfolg. Was übrig blieb, war eine hässlich braune Soße, welche anstelle einer bunten Galaxy wohl eher an eine Abwasser-Kanalisation erinnert. Wollte ich diesen Unrat filmen, so war dieser entweder ungenau fokussiert oder Erschütterungen führten zu einem unbrauchbaren Ergebnis.
Was ist Fluid-Art?
Fluid-Art (auch bekannt als Fluid Painting oder Acrylic Pouring) ist die Schaffung von Kunstwerken durch das Gießen von unterschiedlichen Farben auf eine Leinwand.
Nebst künstlerischen Aspekten – das Arbeitsresultat lässt sich nur beschränkt durch den Künstler kontrollieren und voraussehen – besteht eine der größten Herausforderungen darin, das richtige Verhältnis zwischen Flüssigkeit und Festigkeit der Farbe zu finden. Profis stellen darum Fluid-Art Farbe oftmals nach dem eigenen (Geheim-)Rezept aus Zutaten wie Acrylfarben, Acrylmedium und Wasser her.
Mir war, als wären die Galaxy-Film-Profis irgendwelche Hennen, welche auf ihren goldenen Eiern sitzend niemals ihr Fachwissen bereitwillig hergeben. Angestachelt von dieser vermeintlichen Tatsache wuchs das Trüffelschwein in mir weiter heran und der damit verbundene Eifer, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Vibrationen und Erschütterungen den Garaus gemacht
Als Erstes tauschte ich mein wackeliges Sirui-Stativ durch mein stabiles Manfrotto aus. Im Anschluss erstand ich ein gebrauchtes Reprostativ (RS1) von Kaiser Fototechnik. Mit einem stabilen Boden, Tisch und einem Reprostativ habe ich den anfänglichen Vibrationen und Erschütterungen den Garaus gemacht. Im Weiteren sind mit einem Reprostativ saubere 90 Grad-Aufnahmen möglich.
Da ich derzeit etwas knapp bei Kasse bin, entschied ich mich zuerst für den wohl billigsten Makro-Schlitten der Welt. Heute weiß ich: Den nachfolgenden Nervenzusammenbruch bekommt man bei diesem Produkt umsonst dazu.
Das manuelle Fokussieren meiner Festbrennweite entpuppte sich als reine Sisyphusarbeit, was ein sauberes Arbeiten nahezu unmöglich machte. So erwarb ich halt doch einen teuren Makro-Schlitten von Novoflex. Dieser Kauf war jeden Cent wert. Plötzlich machte die Feinjustierung richtig Spaß.
Die technische Ausrüstung
Als Kamera diente mir eine Panasonic Lumix DC-GH5 in der Auflösung von 3840 × 2160 und VLOG. Es braucht kein teures Equipment und die Realisation ist auch gut in HD-Auflösung durchführbar. Mit entsprechendem Adapter filmte ich die meisten Szenen mit einem Nikkor Micro 60 mm (Blende 8–11), damit ein Abbildungsmaßstab von 1 : 1 überhaupt möglich ist.
Das manuelle Fokussieren und die Schärfe-Beurteilung am kleinen Display (Focus Peaking) war nicht einfach. Berührte ich die Kamera jeweils sanft, so führte dies zu neuen Vibrationen und letzten Endes zu weiteren Erschütterungen im Bild. Ein externer Monitor (Atomos, Shogun Flame) mit eingebauter 1 TB SSD erwies sich als nützlicher Helfer.
Schier unbegrenzte Möglichkeit der individuellen Lichtgestaltung!
Martin
Eine gute Beleuchtung ist der letzte und gleichwohl auch wichtigste Punkt für gelungene Aufnahmen. Von einer Frontalbeleuchtung (Makro-Ring am Objektiv) kann ich jedem nur abraten, da die Details in diesem Fall relativ flach ausfallen. Versucht es doch mit einer 2-Punkt-Beleuchtung (links und rechts).
Die Viltrox L132T war für meine Arbeit unverzichtbar, da ich nebst einer guten Beleuchtung auch die Licht-Intensität (je nach gewählter Blende) problemlos regulieren konnte. Auf einem Stativkopf angebracht, konnte ich die Position des Lichtes nach den jeweiligen Begebenheiten perfekt anpassen. Kleine handliche Manfrotto Lumimuse boten mir eine schier unbegrenzte Möglichkeit der individuellen Lichtgestaltung.
Eine Prise Salz lässt den Nachthimmel funkeln
Die platzenden Blasen im Video lassen vermuten, dass hier eine teure Highspeed-Kamera mit mindestens 1000 FPS am Werk war. Die Konsistenz des Öls bringen die bunten Acryl-Kugeln sehr langsam platzen, sodass man gut mit 24FPS arbeiten kann. Die Zugabe einer Prise Salz lässt den Nachthimmel mit tausenden Sternen funkeln.
An einem Tag filmte ich unbrauchbare Szenen und am anderen Tag lief hingegen alles wie geschmiert. Ich brauchte meine Zeit zu verstehen, dass meine Arbeit von vielen Zufällen abhängig war. Dies ist einer der Gründe, weshalb im Internet keine 1 : 1 Anleitungen vorhanden sind und einem so ein fertiges Projekt in den Rachen geworfen wird. Aller Widrigkeiten zum Trotz haben mir die vielen Experimente und Versuche sehr viel Spaß bereitet.
Musik: Woher nehmen und nicht stehlen?
Die Wahl eines geeigneten Musikstücks gestaltete sich bei der Postproduktion als schwierig. Woher nehmen und nicht stehlen? Meine bereits stranguliertes Sparschwein musste nochmals herhalten: Gegen einen Jahresbeitrag bot mir Artlist.io eine riesige Auswahl an Musikstücken und entsprechenden Verwendungsrechten.
Kurzfilm „Galaxy“
Dank der Corona-Pandemie fand ich so eine wunderbare Möglichkeit, um meiner Kreativität innerhalb meiner eigenen vier Wänden freien Lauf zu lassen. Hier ist das Ergebnis, das du zusammen mit weiteren Kurzfilmen und Experimenten auch auf meinem YouTube-Kanal findest:
Der YouTube Kurzfilm „Galaxy“ | © Martin
https://youtu.be/duSugNI3IXo
Der zündende Funke für Leser-Reporter Martin: Das Video „Psychedelic Artworks With Oil, Soap And Paint“ | © Caters Clips / YouTube
Ein weiser Rat
Obwohl man lediglich Öl, Acrylfarbe und Wasser zum Arbeiten benötigt, so erwies sich der Umgang mit diesen Flüssigkeiten als extrem anspruchsvoll. Ein unterschiedliches Mischverhältnis (Wasser/Acrylfarbe, Acrylfabe/Öl) und die Schnelligkeit des Zusammenführens der Flüssigkeiten führt jedes Mal zu unterschiedlichen und nicht reproduzierbaren Ergebnissen.
Nach Fertigstellung meines Films hat mir ein Fluid-Art-Profi angeraten, bei jedem Versuch das Mischverhältnis und die Vorgehensweise ganz genau in einer Excel-Tabelle zu dokumentieren. So erspart man sich viele unnötige Leerläufe. Vielen herzlichen Dank! Diesen weisen Rat werde ich bei „Galaxy 2“ beherzigen.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 23.02.2021
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