
Keiner schafft es so zielsicher wie 007, die Welt vor einem neuen Filmstart in Aufruhr zu versetzen. James Bond ist ein globales Event, bei dem Kinofans und Presse Kopf stehen. »Keine Zeit zu sterben« macht da keine Ausnahme. Filmpuls Magazin hat sich die jüngsten Abenteuer des Geheimagenten am Zurich Film Festival angesehen.
„Die Darsteller von 007 wechseln. Nie ändern wird sich das, was ich als die James Bond Formel bezeichnen möchte: Action, Humor, exotische Drehorte und hübsche Mädchen.“ So erklärte Bond-Produzent Albert R. Broccoli 1996 anlässlich des 25 Jahre Jubiläums das Geheimnis der erfolgreichsten Film-Serie aller Zeiten der internationalen Presse.

Bond-Regisseur Cary Joji Fukunaga wollte ursprünglich Profi-Snowboarder werden, studierte dann aber Geschichte. Nach einem Praktikum in einer Filmproduktion entschied er sich für ein Filmstudium an der University of New York (Tisch School of the Arts). Neben Englisch spricht er fließend Französisch und Spanisch.
Den Durchbruch in den USA erlebte Cary Joji Fukunaga 2014 als Regisseur der gefeierten HBO-Krimiserie „True Detective“. Für seine durchdachte Inszenierung der ersten Staffel mit acht Episoden (2014) erhielt er viel Kritikerlob und einen Primetime Emmy Award. Eine Neuverfilmung von Stephen Kings Horror-Roman „It“ scheiterte an konzeptionellen Differenzen mit den Produzenten. Stattdessen legte Fukunaga 2015 mit „Beasts of No Nation“ einen Independentfilm vor, der als möglicher Oscar-Anwärter gehandelt wurde und vom Online-Streamingdienst Netflix erworben wurde.
Seither hat sich in der Bond-Reihe vieles geändert. Sogar, was man neudeutsch den Markenkern des Agenten mit der Doppelnull nennt. Bond war über Jahrzehnte der einzige Kinoheld, der in seinen Abenteuern nichts dazulernte: Bond war und blieb Bond – und hatte damit beim Publikum gigantischen Erfolg. Alle anderen Filmhelden mussten sich vor dem Happy End mühsam durch Selbsterkenntnis aufmunitionieren. Nur bei 007 änderte sich die Welt, nicht aber die Figur.
Martin Campbell, Marc Forster und Sam Mendes verpassten ab 2006, gemeinsam mit Daniel Craig vor der Kamera, dem Agenten seiner Majestät eine aktualisierte DNA. Sie sorgten im letzten Moment dafür, dass Ladykiller 007 nicht als Relikt des Kalten Krieges auf dem Müllhaufen der Kinogeschichte landete.
Trotzdem ist, wer als Regisseur heute dem Phänomen James Bond eine Fortsetzung hinzufügt, im Grunde genommen ein armer Kerl.
007 ist diese Tage Diener vieler Herren: Unter dem Titel großes Kino gilt es, eine weltbekannte Marke zu verjüngen. Und dabei dem – im Vergleich zu den Sechzigerjahren, in denen Bond das Licht der Leinwand erblickte – ungleich komplexeren, aber auch diffuseren Zeitgeist Rechnung zu tragen. Zugleich gilt es, Shitstorms und geopolitische Boykotte zu vermeiden. Und nicht zuletzt sicherzustellen, dass Investments im dreistelligen Millionenbereich trotz des Siegeszugs von Streaming noch immer ein globales Bombengeschäft sind.
Der 1977 geborene Regisseur Cary Joji Fukunaga hat sich mit »Keine Zeit zu sterben« diesen Herausforderungen und dem Erbe von Albert R. Broccoli gestellt.
Fukunaga hat einen Bond-Film abgeliefert, der jede Sekunde konsequent ist. Drehbuch und Regie spinnen die roten Fäden aus den Vorgängerfilmen virtuos weiter.
Hinsichtlich der technisch brillanten Umsetzung hält der neue 007 mit »Spectre«, »Skyfall«, »Quantum of Solace« und »Casino Royale« locker mit. Das gilt auch für die Stunts in diesem Bond-Film, die jeden Normalsterblichen zum Krüppel machen würden.
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 29.09.2021
Erfolgreiche Filme haben, das Wort „Unterhaltung“ sagt es doch schon: eine Haltung! No Time To Die hat leider keine. Die Figur des 007 funktioniert nur, wenn sie wie Schmirgelpapier angelegt ist. Nicht wie Schmierseife. Ich hätte dem Daniel Craig einen Abgang mit mehr Chuzpe gegönnt.