ARD-Serie »Irgendwas mit Medien« – Ein Hüpfspiel von einem Fettnäpfchen ins nächste | Review

ARD Irgendwas mit Medien Serienbesprechung
Mirko Muhshoff und Jano Kaltenbach in: Irgendwas mit Medien | © Foto: ARD

Wer schon lange auf der Suche nach einer Extended Version von Videos à la „10 Arten von Schülern, die jeder kennt“ ist, hat sie mit der Produktion »Irgendwas mit Medien« der ARD gefunden. Die neue Mockumentary begleitet den Ersti Lennart in acht 25-minütigen Folgen auf dem Campus der Medienkunststudierenden. Lennart will alles richtig machen, macht es aber mit viel Überzeugung falsch. Zuschauerinnen folgen dem peinlichen Spektakel oft belustigt – und teils gelangweilt.

Der 19-jährige Lennart geht in Weimar Medienkunst studieren. Ausgestattet mit zu viel Selbstbewusstsein ist er überzeugt, an der Uni sowohl schulisch als auch zwischenmenschlich zum Überflieger zu werden. Die Realität auf dem Campus belehrt ihn unablässig eines Besseren. Aber obwohl Lennart gemäß eigener Aussage „hier ist, um zu lernen“, lehren ihn die vielen Reality-Checks nichts.

Immer wieder bindet ihn das Schicksal zudem an den desillusionierten Langzeitstudierenden Simon, der sich für nichts zu interessieren scheint, außer für Credit-Points – zumindest kann ihn das die Serie nicht oft genug sagen lassen. Mit den beiden Männern treffen komplette Gegensätze aufeinander. Schon bald wird Simon der Linie des Desinteressierten aber untreu und die Reibungsfläche zwischen den beiden Figuren uninteressanter.

Die Form der Mockumentary ist wie gemacht für eine Geschichte wie diese: Der Fake-Dokumentarfilm beinhaltet Interviews mit Lennart, Simon und einigen Nebenfiguren und zeigt Hergänge ohne Filter. Das erleichtert es, Lennarts Blick durch die rosa Brille von der Realität zu unterscheiden. „Wir haben voll gevibed“, sagt Lennart über das Zwischenmenschliche vor der Aufnahmeprüfung in Weimar, kurz darauf folgt eine gnadenlose Rückblende: Kaum jemand spricht im Warteraum vor der Prüfung und Lennart macht sich mit seinem egozentrischen Auftreten bei mindestens zwei Menschen unbeliebt. Aus dem Graben zwischen Selbstwahrnehmung und Realität erwächst die mit Abstand größte Komik innerhalb der Serie.

Hinter den Kulissen
Produzentin Helga Löbel über die Produktion der neuen ARD-Serie »Irgendwas mit Medien«

„Irgendwas mit Medien“ wird als Projekt anderer Medienkunst-Studierender inszeniert. Ein reizvolles Meta-Spiel, denn die Serie steht tatsächlich auf den Schultern zweier Ehemaligen der Weimarer Bauhaus-Uni: Mirko Muhshoff und Jano Kaltenbach haben das Drehbuch geschrieben, Co-Regie geführt und spielen die zentralen Figuren Lennart und Simon. Fürs Drehbuch haben die beiden sich von Situationen inspirieren lassen, in denen sie oder ihre Mitstudierenden sich einmal befunden haben. Wer sich „Irgendwas mit Medien“ anschaut, sieht also auch immer zwei Filmschaffende, die sich selbst den Spiegel vorhalten und über das lachen können, was sie darin sehen.

Für die Serie der beiden jungen Filmemacher wurde ein A-Team aufgeboten. Diverse Stars aus TV, Musik und den sozialen Medien sind in Rollen zu sehen. Unter ihnen befinden sich Dominique Horwitz („Verrückt nach Paris“, „Stalingrad“), SPOTLIGHT-Star Chiara Tews sowie TikTok-Creator Karim Jamal und Sebastian Meinberg.

„Irgendwas mit Medien“ ist eine Produktion der UFA Serial Drama im Auftrag des MDR in Zusammenarbeit mit ARD Kultur für die ARD Mediathek. Angesichts der erfahrenen Elefanten hinter den jungen Machern enttäuscht es umso mehr, dass man sich häufig langweilen muss.

Ein bisschen Candy Crush auf dem Handy spielen, um die eingeschlafene Gesichtshälfte aufzuwecken, Hemden bügeln, Yoga … die Liste der Aktivitäten, die man parallel zur Laufzeit verfolgen möchte, ist lang.

Kurz sind im Gegensatz dazu die Spannungsbogen in der Serie, und genau dort liegt vermutlich der Ursprung des Übels.

In Folge 4 findet Lennart auf einer Homeparty einen Test im Bad, den er für einen positiven Coronatest hält. Binnen weniger Minuten wird die gesamte Spannung aufgebaut und aufgelöst. Die Pointe: Der Coronatest ist eigentlich ein Trippertest, haha, Lennarts Mitstudent Boris outet sich vor versammelter Festgemeinschaft in einem Satz als infiziert, die Umstehenden reagieren kaum. Es wird wieder dunkel, die bunten Lichter kreisen erneut, alle tanzen weiter. Weder Boris noch seine Krankheit sind je wieder Thema in der Serie, Lennarts Handeln hat keinerlei Konsequenzen. Und so wird auch das Trippertest-Debakel zu einer weiteren von vielen Situationen, die voneinander losgelöst im luftleeren Raum hängen.

Wer über etwas Durchhaltewillen verfügt, hangelt sich während des Seherlebnisses von einem Fremdscham-Moment zum nächsten, um etwas zu fühlen. Von diesen Momenten gibt es glücklicherweise einige, denn Lennarts Selbstbewusstsein ist ein Navi, das ihn treffsicher zum nächsten Fettnäpfchen führt. Der Ersti sagt, „Ich wär schon immer gerne schwarz gewesen“, er macht ein Sprachcafé zu einem Unterrichtsraum für Deutsch und misst sich mit einem Kontrahenten darin, wer mehr Leute mit Beeinträchtigung in seinem Umfeld hat. Das kommt keineswegs plump daher, sondern eher subtil – ganz so, wie man es im deutschen Kino ansonsten häufig vermisst.

Zoé Richardet 1 Artikel
Zoé Richardet ist Redaktorin beim Schweizer Tages-Anzeiger. Sie hat an der Universität Zürich Filmwissenschaft und Germanistik studiert und befindet sich aktuell im Masterstudium der Kulturanalyse. | 📧 zoe@richardet.com

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