»Allmen und das Geheimnis des Koi« | Interview mit Produzentin Sinah Swyter

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Allmen (Heino Ferch) und Jojo Hirth (Andrea Osvárt) | © ARD Degeto/UFA Fiction/Pablo Melian

Ein neuer „Allmen“-Film steht in den Startlöchern. Die Welt des Gentleman-Gauners verspricht einmal mehr kluge Unterhaltung und sommerliches Flair. Im Interview gewährt UFA Fiction Produzentin Sinah Swyter exklusive Einblicke in die Entstehung von „Allmen und das Geheimnis des Koi“ Sie erzählt, wie man es schafft, Krimi und Komödie auf charmante Weise zu vereinen.

Hinter den Kulissen von »Allmen und das Geheimnis des Koi« verbirgt sich nicht nur viel Teamarbeit, sondern auch eine klare Vision – eine Vision, die diese faszinierende Produktion mit Herzblut und Geschick umgesetzt hat. Sinah Swyter gibt einen spannenden Blick auf das Filmemachen und die besonderen Herausforderungen, die der Beruf als Produzentin mit sich bringt.

Filmpuls:Wir führen dieses Interview mit dir als UFA Fiction-Produzentin nicht nur, weil es Spaß macht. Am 24. August ist dein neuer Film »Allmen und das Geheimnis des Koi« im Ersten zu sehen. Hier und jetzt ist dein Moment, dafür ganz unverblümt Werbung zu machen:

Sinah Swyter:Das mache ich liebend gerne! Ein neuer Film aus der „Allmen“-Reihe ist bereit für sein Publikum. Ein Film, der auf sehr kluge und extrem unterhaltsame Weise des Deutschen liebstes Genre – den Krimi – mit der Komödie vereint. Noch dazu im paradiesischen Sommerferien-Setting, wo es nicht nur ein Wiedersehen mit unseren Partners in Crime Allmen (Heino Ferch) und Carlos (Samuel Finzi) gibt, sondern auch mit vielen neuen tollen Gesichtern, die in Allmens exklusive Welt Einzug halten. Es darf also geknobelt und gelacht werden unter der Sonne Teneriffas!

Filmpuls:Welche Rolle spielst du bei einem solchen Projekt?

Sinah Swyter:Ich habe die „Allmen“-Reihe ab dem dritten Film bei der UFA Fiction übernommen. I was a little late to the party. Meine Aufgabe als Produzentin besteht aus vielen unterschiedlichen Bereichen, die sich über den gesamten Zeitraum des Projekts erstrecken. Angefangen bei der Entwicklung des ersten Adaptionsgedankens nach dem Lesen des Romans über die Drehbuchentwicklung, die Drehbegleitung und Postproduktion bis hin zur Ausstrahlung, Pressearbeit und Interviews wie diesem hier. Ich begleite dabei sowohl inhaltlich als auch budgetär alle relevanten Prozesse. Das alles geschieht natürlich immer im engen Austausch mit dem auftraggebenden Sender, der auch ein Wörtchen mitzureden hat. Ich bin eigentlich die Projektmanagerin und Ansprechpartnerin für alle Gewerke und Personen, die es braucht, um einen Film zu realisieren.

Filmpuls:Schauspieler Heino Ferch spielt Johann Friedrich von Allmen. Er sagt in einem Stern-Interview über die Dreharbeiten der letzten Allmen-Verfilmung: «Es gibt immer mal unangenehme Situationen, durch die man dann eben durchmuss.» Was meint er damit?

Sinah Swyter:Gute Frage. Am besten fragt ihr ihn das selbst. Lasst mich gern wissen, was er geantwortet. DAS würde mich auch interessieren 😉

© Foto: Florian Reick / montage: fipu
ufa fiction sinah swyter produzentin

Sinah Swyter, 1991 in Ostfriesland geboren, studierte Romanistik und Anglistik an der Universität Hamburg und absolvierte ihren Master im Studiengang Angewandte Literaturwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Seit 2017 ist Sinah als Produzentin bei der UFA FICTION tätig und realisierte u. a. den Eventfilm LOTTE AM BAUHAUS, die Krimi-Reihe ALLMEN sowie den Event- Zweiteiler ALTES LAND. Außerdem produzierte sie die High-End-Serie DISKO 76 für RTL+, wo sie auch als Creatorin verantwortlich zeichnet. Derzeit entwickelt sie eine Serie für ZDFneo sowie für Amazon Prime. Sinah lehrt zudem als Dozentin an der FU Berlin im Studiengang Angewandte Literaturwissenschaft mit einem filmischen Schwerpunkt.

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Filmpuls:Wie wird man als Nachwuchstalent die nächste Sinah Swyter, Produzentin bei UFA Fiction?

Sinah Swyter:Die Chancen ergreifen, die sich einem bieten. Selbstvertrauen, ein klares Ziel vor Augen, Geduld, um die Schritte zu gehen, die es braucht. Soll heißen, diesen Job grundlegend erlernen und verstehen. Ich habe als Junior Producerin begonnen und mit jedem Projekt mehr Erfahrungen gesammelt und eine eigene Handschrift entwickelt.

Was es vor allen Dingen braucht, sind Menschen, die das Potenzial in einem erkennen und einen fördern. Menschen (Führungskräfte, Vorgesetzte), die die besagten Chancen geben, die man dann selbst ergreifen muss.

Filmpuls:Will man die Produzentin Sinah Swyter sein?

Sinah Swyter:Ich für meinen Teil auf jeden Fall. Ich würde es um nichts in der Welt tauschen wollen. Ob das auch anderen Personen so geht, vermag ich nicht zu beurteilen. Aber sollte man mit dem Berufsziel Produzent:in liebäugeln, wäre man ohnehin seine ganz eigene Produzentenpersönlichkeit bzw. sollte es sein. Das ist eine Grundvoraussetzung zur Ausübung dieses Jobs.

Filmpuls:Was wäre an »Allmen und das Geheimnis des Koi« ohne deine Mitwirkung anders geworden? Wo hast du der Verfilmung beim Dreh auf Teneriffa deinen höchstpersönlichen Stempel, vor oder hinter der Kulisse, aufgedrückt?

Sinah Swyter:Von „Stempel aufdrücken“ würde ich gar nicht sprechen. Ich verstehe mich als ein Rädchen von sehr vielen, die es braucht, um einen Film überhaupt auf den Bildschirm zu bekommen. Aus diesem Grund widerstrebt mir auch immer die Vorstellung der One-Woman- bzw. One-Man-Show. Es braucht jeden Einzelnen, um einen Film zu realisieren. Ein Job, der in vielen Bereichen nur im Team funktioniert.

Aber natürlich habe auch ich eine ganz klare Vorstellung und Meinung zu inhaltlichen wie produzentischen Belangen. So war es meine Idee Sinje Köhler für die Regie dieses „Allmen“-Films an Bord zu holen und ich war und bin sehr froh, dass sie so voller Begeisterung Teil dieses Vorhabens wurde. Alle weiteren Schritte geht man gemeinsam, auch wenn man sicherlich nicht bei jedem einzelnen Aspekt, sei es Cast, Motiv, konkrete Szenen, immer deckungsgleich ist. Aber auch darin liegt der Spagat und die Herausforderung in meinem Job – das Budget nicht außer Acht zu lassen und innerhalb dieses Rahmens den inhaltlichen Ansprüchen zu genügen. Mit dem Kreativteam, das man mit auf die Reise nimmt, sucht man sich auch Mitstreiter:innen für diesen Film und sollte ihnen daher auch in ihrem jeweiligen Bereich Vertrauen schenken, Dinge abgeben, aber auch immer ansprechbar sein.

Ich für meinen Teil würde meinen Beruf um nichts in der Welt tauschen wollen.
Sinah Swyter

Ums jedoch auch einmal konkret zu machen: Ohne mich hätte es sicherlich noch mehr Autofahrten in diesem Film gegeben. 😉

Filmpuls:Mit welchem „normalen“ Job kann man deine Funktion Produzentin am besten vergleichen oder beschreiben, damit sich jemand, der nicht beim Film arbeitet, ein Bild machen kann? Concierge im Adlon? Feuerwehrkommandantin? Zoodirektorin?

Sinah Swyter:Man muss zu jeder Zeit verschiedene Bälle gleichzeitig in der Luft halten und häufig unterschiedliche Interessen zusammenbringen, die am Ende für ein und dasselbe Projekt, den Film, stehen. Daher ist es vermutlich eine Mischung aus Zoodirektorin, Managerin, Diplomatin, manchmal aber auch Mediatorin und in besonders schweren Fällen Kindergärtnerin.

Filmpuls:»Allmen und das Geheimnis des Koi« mit Gentleman-Gauner Allmen basiert auf dem Krimi des Erfolgsautors Martin Suter.  Spürt man bei der Adaption der Story für eine Verfilmung, dass Suter früher selbst Drehbücher geschrieben hat? Szenisch, dramaturgisch, sonstwie?

Sinah Swyter:Bei der „Allmen“-Reihe gehen die Skills beider Martins (Martin Suter und Martin Rauhaus) eine wunderbare Symbiose ein. Die besonderen, schlagfertigen und witzigen Dialoge zaubert jedes Mal unser Drehbuchautor Martin Rauhaus in die Münder unserer Charaktere. Auch der Krimifall wird meist noch etwas ausführlicher erzählt als in der Romanvorlage. Aber eben diese Romanvorlage bringt so viel Esprit, Spaß und Liebe für die Figuren und ihre Welt mit, dass wir uns jedes Mal aufs Neue freuen, in diesen exklusiven Mikrokosmos einzutauchen, den Martin Suter da erschaffen hat. Aber um die Frage zu beantworten: Es müssen natürlich immer Anpassungen bei einer Literaturadaption vorgenommen werden, eine 1:1-Verfilmung kann es nie geben, da der Film anderen dramaturgischen Regeln und Wirkungsprinzipien unterliegt als die Prosa. Es ist stets eine Kreation, allerdings auf dem festen Fundament dieser großartigen Buchreihe, die in sich schon den Eskapismus trägt, den wir zu bebildern versuchen.

Heino Ferch Allmen Reihe, Andrea Osvárt)
Immerhin: Die Schlange ist gefangen.
Aber nun was?
Carlos (Samuel Finzi)
Man kann nicht gut kochen, wenn
man die Menschen nicht liebt.
Uwe Kockisch, Allmen und das Geheimnis des Koi
Wenn ein kleiner Wink mit dem
Zaunpfahl Wunder bewirkt ...
Allmen und das Geheimnis des Koi: Heino Ferch
Das war definitiv nicht, was Allmen
sich für den Urlaub ausgemalt hatte!
Carlos (Samuel Finzi)
Erstens kommt es für Carlos anders,
und zweitens als man denkt.

Filmpuls:Früher gab es unter Autorenfilmern heftige, auch wüste, Diskussionen, ob Kinobilder am Fernseher ihre Wirkung entfalten können. Dreißig Jahre später sind die Fernseher zum Flachbildschirm im Heimkino geworden, und zugleich werden Filme am Tablet und Smartphone konsumiert. Und kaum ein Filmemacher diskutiert noch über Bildformat und Bildwirkung. Wie erklärst du dir das?

Sinah Swyter:Ganz simpel gesprochen: Die Zeiten haben sich geändert. Wir konsumieren und rezipieren Medien und ihre Inhalte mittlerweile ganz anders, weil sich auch die Gesellschaft, also wir, die Nutzer:innen, verändert haben. Wir wollen von überall zu jeder Zeit individuell auf eben jene Inhalte zugreifen. Davon sind auch Filme und Serien nicht ausgeschlossen.

Dementsprechend hat sich auch die Qualität und Technik weiterentwickelt und diesen Bedürfnissen angepasst, sodass es heute weder inhaltlich noch in der Visualität einen großen Qualitätsunterschied zwischen Fernsehen und Kino gibt.

»Allmen und das Geheimnis des Koi« hat definitiv die Qualitäten eines Kinofilms.
Sinah Swyter

Ein Kinobesuch ist für mich aber noch mal ein ganz anderes Erlebnis und mit einer anderen Verbindlichkeit versehen. Es ist auch nicht nur der Film, der geschaut wird, sondern das ganze Drumherum. Ein kollektives Seherlebnis, Popcorn, all das eben.

Filmpuls:Für unsere technisch interessierten Leser: Mit welcher Kamera / welcher Technik dreht man solch einen Film?

Sinah Swyter:Wir haben im Verhältnis 2:1 mit einer Alexa Mini LF (Large Format) gedreht.* Grüße gehen raus an unseren tollen DOP Frank Küpper, der mir das verraten hat.

Filmpuls:Wie viele Menschen arbeiten an einem solchen Projekt mit? Wie viele Tage dauern die Dreharbeiten? Wie lange der Schnitt, die Vertonung?

Sinah Swyter:Es sind nicht alle Personen, die an der Realisierung des Filmes beteiligt sind, gleich lang involviert. Einige sind nur während der Entwicklung dabei, andere während des Drehs und wieder andere ausschließlich während der Postproduktion. Die Regie, die Redaktion und ich sind diejenigen, die das Projekt durch alle Phasen begleiten.

Der Dreh für einen knapp 90-minütigen Film umfasst ca. 21–22 Drehtage. Im Schnitt und in der Vertonung ist man hintereinander auch noch mal einige Wochen, sodass der Film etwa 5–6 Monate nach der letzten Klappe fertiggestellt ist. Aber das variiert natürlich auch in den Projekten.

Filmpuls:Könnte »Allmen und das Geheimnis des Koi« auch ein Kinofilm sein? Und wenn ja, warum ist er es nicht?

Sinah Swyter:»Allmen und das Geheimnis des Koi« hat definitiv die Qualitäten eines Kinofilms. Durch die Premiere auf dem Filmfest Oldenburg fühlte es sich auch danach an. Aber die „Allmen“-Reihe war von Beginn an eine TV-Reihe in enger Zusammenarbeit mit der ARD Degeto Film, die quasi auch Gründungsmitglied ist. Da würde nun der fünfte „Allmen“-Film im Kino aus der Reihe fallen 😉

Filmpuls:Es klingelt an deiner Haustüre. Du öffnest und … – vor dir steht Johann Friedrich von Allmen, mit zwei Margaritas in der Hand. Wie immer stilsicher in Habitus wie Kleidung. Was ist dein erster Gedanke?

Sinah Swyter:Vielversprechend.

Das Interview mit UFA-Produzentin Sinah Swyter zu »Allmen und das Geheimnis des Koi« wurde in schriftlicher Form geführt. Die Publikation dieses Artikels erfolgt unentgeltlich und wird unter der alleinigen redaktionellen Verantwortung von Filmpuls veröffentlicht. Die Fragen stellte Kristian Widmer.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 18.08.2024

Kristian Widmer 15 Artikel
Kristian Widmer ist Mitglied der Schweizer Filmakademie und der Schweizerischen Management Gesellschaft SMG. Der promovierte Jurist und Inhaber eines MBA der Universität St. Gallen HSG war langjähriger CEO der 1947 gegründeten und mit einem Academy Award™ ausgezeichneten Condor Films AG.

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