Warum es die Filmklappe auch im digitalen Filmschaffen nach wie vor braucht

Filmklappe Synchronklappe Regieklappe
Symbol für professionelle Filmproduktion: die Filmklappe | © Symbolbild: Pavel Sokolov

Viele Filmbegeisterte träumen davon, die Klappe halten zu dürfen. Gemeint ist natürlich die Filmklappe, auch bekannt als Regieklappe oder Synchronklappe. Wenn es neben dem Regiestuhl ein Symbol für professionelles Filmschaffen gibt, so ist sie es.

Dieser Artikel erklärt, was es mit diesem Werkzeug auf sich hat und warum auch im digitalen Filmschaffen ein Clapperboard nach wie vor dazu gehört.

Die Filmklappe: mehr als nur ein Relikt

Die Synchronklappe (engl. Clapperboard) ist besser bekannt unter ihrem falschen Namen Filmklappe oder Regieklappe. Wie die Metallbüchsen, in welchen früher die Filmrollen vor Umwelteinflüssen geschützt wurden, hat auch die Filmklappe eine Karriere als Dekorelement an Partys gemacht. Aber anders als das Zelluloid hat sie den Sprung in die digitale Welt geschafft.

Es gibt nur wenige Werkzeuge im professionellen Filmschaffen, die dermaßen einfach konstruiert und mit denen so viel Geld und Zeit gespart werden kann, wie mit Filmklappen. Zumindest galt das für die analogen Klappen. Diese bestanden aus zwei beweglichen Teilen aus Holz oder Plastik, die man gegeneinander schlagen konnte. Der Effekt aber, der aus diesem Zusammenschlagen erzielt wurde, war gewaltig.

Die Regieklappe auf dem Filmset

Auf dem Set ist der 2te Kameraassistent in der Regel für die Filmklappe zuständig. Bei kleineren Produktionen übernimmt oft der 1te Assistent oder ein Praktikant die Verantwortung für das Beschriften und Schlagen der Regieklappe.

Vermerkt wird jede Szene, jede Einstellung und die Anzahl der Wiederholungen, in der eine Einstellung gedreht wird, bis der Regisseur zufrieden ist. Vielfach ist auf der Filmklappe auch der Namen der Produktion, der Filmtitel und der Name von Regisseur und Kameramann vermerkt.

In der analogen Zeit war dies für das Filmlabor wichtig (auch wenn der Kameraassistent natürlich zudem die Filmbüchsen mit dem latenten Negativ sauber beschriftete, um Verwechslungen vorzubeugen). Heute stehen bei den Zusatzinformationen eher die Angabe der Frame Rate, das Datum oder weitere wichtige Informationen für die spätere Bildbearbeitung.

Geschlagene Klappen und präzise geführte Files ermöglichen es dem Editor bei der Vorbereitung der Montage, schnell und effizient zu arbeiten. Gleichzeitig befreit es die Crew im Schneideraum davor, jede einzelne Wiederholung einer Einstellung von A bis Z durchsehen zu müssen.

Natürlich gibt es auch beim professionellen Film gelegentlich Situationen, in denen das Schlagen einer Regieklappe schlichtweg unmöglich ist. Diesfalls hilft man sich mit dem Zusammenschlagen der Hände vor der Kamera und behilft sich nur mit der Stimme. Wo auch dies unmöglich ist, schlägt man die Klappe am Ende der Einstellung und dreht sie zur Kennzeichnung des Endes der Einstellung um 180 Grad, sodass sie sich kopfüber vor der Linse befindet.

Arten und Typen

Eine professionelle Regieklappe zeichnet sich durch Robustheit aus. Das unterscheidet sie vom Schrott, den viele Webportale im Internet als Requisition anbieten. Es gibt Dutzende unterschiedliche Arten von Synchronklappen mit diversen Optionen. Von den Top-Modellen (mit dem entsprechenden Preisschild daran), mit digitalem Timecode über den Klassiker aus Holz bis zu Klappen aus Plexiglas.

Das musst du wissen

  • Die Filmklappe hat ihren Ursprung in der Synchronisation von Bild und Ton. Daher auch ihr Name Synchronklappe. Weil der Regisseur jeweils Beginn und Ende einer Einstellung ansagt, wird sie auch Regieklappe genannt.
  • Geschlagen wir die Filmklappe jeweils vom 2. Kameraassistent, der auch für die Beschriftung verantwortlich ist.
  • Heute besteht die Funktion der Klappe nicht mehr in erster Linie als Hilfsmittel zur Bildsynchronisation. Die auf ihr vermerkten Informationen (Szene, Einstellung, Wiederholungen) helfen dem Cutter aber nach wie vor bei der Orientierung im Schneideraum. Ebenso helfen auf der Synchronklappe vermerkte Angaben wie die Frame-Rate bei der späteren, digitalen Bearbeitung der Aufnahmen.

1Die klassische Filmklappe aus Holz

Damit sich die 2te Kamera-Assistenz nicht nach jedem Beschriften der Klappe die Hände waschen muss, hilft ein Trick. Statt direkt auf der Klappe notiert man die Zahlen auf einem Textilklebeband. Mit diesem werden die Ziffern nicht nur aufgeklebt, sondern können auch einfach entfernt und mehrfach entfernt werden. Um noch schneller zu sein, hat sich der erfahrene Assistent auf der Rückseite dieser Klappen bereits einen Vorrat an Zahlen notiert.

Regieklappe mit Klebeband - Filmpuls
Regieklappe mit Klebeband

Eine Variante der Synchronklappe ist die Filz/Klett-Klappe. Hier sind die Klebestellen mit Klettbandstreifen bereits angebracht und ebenso die Zahlen vorfabriziert.

Beide Arten von Klappen, klassisch aus Holz oder mit vorgefertigten Zahlen und Befestigungen, sieht man eher früher als später dem Alltagsgebrauch an. Bei der Holzklappe splittert der schwarze Lack und das wiederholte Abreißen des Klebebandes hinterlässt Spuren. Umgekehrt haften bei der Klett-Variante bald schon die Ziffern nicht mehr zuverlässig und zeigen sich ausgefranste Ränder und Verschmutzungen.

2Die Plexiglasklappe

Die Plexiglasklappe kennt diese Probleme als Synchronklappe nicht. Sie nutzt auch weniger schnell ab. Erfunden und beliebt ist sie aber aus einem anderen Grund. Das weiße, halbtransparente Plexiglas gewährleistet eine hervorragende Lesbarkeit der Zahlen.

Sogar, wenn man die Klappe im dunkleren Bereich des Filmsets einsetzt. Weil Plexiglas beim Zusammenschlagen keinen lauten Knall erzeugt, ist oben an der Plexiglasklappe eine Leiste aus Ahornholz angebracht. Denn, darauf schwört der Profi, von allen Holzarten knallt Ahorn am schönsten.

Auf einem professionellen Spielfilm-Dreh werden zugleich auch Klappen in unterschiedlichen Größen eingesetzt. Kleine Klappen kommen immer dahin zum Einsatz, wenn die Kamera nahe an einer Person ist und Nahaufnahmen gedreht werden. So sind auch bei kleinem Bildausschnitt alle Daten lesbar.

3Digitale Filmklappe / Synchronklappe

Timecode-Klappen und digitale Synchronklappen sind die Bentleys unter den Filmklappen. Weit teurer als die durchschnittliche Regieklappe, bieten sie dem Nutzer einen hohen Komfort. Dazu gehört aber auch die Notwendigkeit zusätzlicher Akkus. Ebenso braucht es eine spezielle Komponente, die beim Einsatz von Timecode diesen mit dem Tonaufnahmegerät synchronisiert.

Regieklappe mit Timecode - Filmpuls
Synchronklappe mit Timecode

Damit die Bildebene mit dem Ton bildgenau synchronisiert werden können, zeigen Timecode-Klappen keine Sekunden (oder deren Bruchteile), sondern einen Zählwert von 0 bis 23. Dies, weil eine Filmsekunde standardmäßig aus 24 + 1 Einzelbildern besteht.

In Europa sind solche Klappen darum meist nur für Musikvideos und komplexe Dreharbeiten mit mehreren Kameras im Einsatz. Größtenteils kauft man sie dann nicht, sondern mietet sie mit dem Filmequipment für die Dauer der Produktion an.

4Apps für Smartphones und Tablets

Alternativ zu den digitalen Klappen gibt es Synchronklappen, die man nur als App auf Smartphones oder Tablets einsetzt. Dazu zählen Apps wie die MovieSlate oder Digital Clapperboard. Diese Gadgets für iOS oder Android verstehen sich nicht nur als Ersatz für die klassische Klappe, sondern erfassen auch zusätzliche Informationen. Dazu zählen die Kennzeichnung guter oder schlechter Takes oder weitere Funktionen, die mehr die Organisation des Drehs als die Dreharbeit selbst betreffen.

Problematisch ist bei den meisten dieser Apps nach wie vor die Kopplung von Bild- und Toninformation in der realen Welt. Ganz einfach, weil der optisch-akustische Synchronpunkt nur von der App und damit von einem Gerät erzeugt wird und sich die Bildwiederholfrequenz (aktuell) noch nicht einstellen lässt. Passt diese nicht zur Bildrate, der Kamerafrequenz oder des Tonaufnahmegeräts, muss nachträglich mühsam kontrolliert und synchronisiert werden.

App für iPad mit Klappenfunktion Filmpuls, Synchronklappe
App für iPad mit Klappenfunktion

Für die Arbeit auf dem Set verwenden Profis solche Apps mit der Synchronklappe bisher überwiegend zum Erfassen zusätzlicher Informationen zum jeweiligen Shot. Diese ersetzen entweder das Mitschreiben der Informationen zu jedem Take oder dienen als Zusatzinformation für die Montage.

Findige Köpfe verbinden das Beste aus beiden Welten, analoge Regieklappe und digitale Apps, indem sie das Tablet oder Smartphone an der Filmklappe montieren. Mittlerweile existieren Clapperboards, die speziell dafür eine vorbestehende Haltevorrichtung haben. Die Software der Apps umgekehrt, reagiert automatisch auf den Klappenschlag. Damit verbindet sich Zukunft und Herkunft der Filmklappe auf pragmatische Weise.

5Schnapsklappen

Schnapsklappen sind, anders, als es der Name vermuten lässt, kein Typus von Filmklappen.

Entsprechen die Zahlen auf einer Filmklappe einem gewissen «Muster», spricht man von einer Schnapsklappe. Das können identische Zahlen sein, wie die sechste Einstellung der sechsten Szene in der sechsten Wiederholung. Traditionsgemäß wird bei einer solchen Schnapszahl auf dem Set eine (alkoholfreie) Runde ausgegeben. Am Abend nach Drehende wird dann die Schnapsklappe noch richtig zelebriert.

Das Ritual des Klappenschlagens beim Dreh

Auf dem Set eines professionellen Filmes ist das Schlagen der Filmklappe nicht nur eine Notwendigkeit – sondern auch ein tausendfach wiederholtes Ritual für alle Beteiligten. Das hört sich dann etwa so an:

1. Regie-Assistenz: «Ok, Ruhe bitte. Wir drehen!» Tonmeister: «Ton läuft!» Kamera: «Kamera läuft!» 2. Kamera-Assistenz: «Szene 5, Einstellung 3, Take 2» (begibt sich zurück hinter die Kamera) Regisseur: «Und bitte!»

Die Filmklappe: Älter als der Tonfilm

Bevor Ende der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts der Tonfilm erfunden wurde, war die Filmklappe keine Klappe. Die Regieklappe war einfach eine schwarze Tafel aus Schiefer. In der englischen Sprache wurde sie Slate genannt.

Auf die Regieklappe wurde mit weißer Kreide (wir sind im Zeitalter des Schwarz-weiß-Films und lichtarmer Filmbeschichtung und ebensolcher Kameraobjektive) die Einstellung vermerkt, die gerade gedreht wurde. Kurz die Tafel vor die Filmkamera gehalten und fertig. Damit konnten die Cutter, die nicht beim Dreh anwesend waren, im Schneideraum die Einstellungen schneller den jeweiligen Szenen zuordnen und damit schneller arbeiten.

Gleichzeitig konnte der Regisseur oder seine Assistenz, schon beim Dreh ein Protokoll führen, welche Einstellung er für gelungen hielt. Auch das half dem Cutter bei der effizienten Erledigung seiner Arbeit.

Im Kopierwerk entwickelte man das Negativ und erstellte davon eine Arbeitskopie. Montiert („geschnitten“) wurde zuerst die Arbeitskopie (eine Positivkopie, die man im Vorführraum ansehen konnte). Die Zuordnung von Nummern erlaubte auch, misslungene Einstellungen im Kopierwerk gar nicht erst auf die Arbeitskopie zu kopieren. Auch das sparte Zeit und Geld.

Mit der Filmklappe konnte man also schon Zeit und Geld sparen, bevor sie als solche erfunden war. Die eigentliche Karriere begann für die Synchronklappe aber erst mit dem Erfolg des ersten Tonfilms 1927.

Professionelle Filmkameras waren lange Zeit wahre Monster. So schwer, dass man sie unmöglich in der Hand halten konnte. So laut, dass kein Schauspieler fragen musste, ob die Kamera schon angelaufen war.

Der Sperrgreifer (auch bekannt als Malteserkreuz), der den Film mechanisch Bild für Bild vor die Blende führte, ratterte wie eine Nähmaschine. Am Gewicht der Kameras änderte erst die Erfindung des Flugzeugs und der Erste Weltkrieg etwas. Plötzlich waren mobile Kameras zur Luftaufklärung gefragt.

Synchronizität als Geburtshelfer der Filmklappen

Die Piloten, die mit offenem Cockpit in ihren Doppeldecker über die Front tuckerten, wollten leichte und kleine Kameras. Leise aber mussten sie nicht sein. Die knatternden Flugzeugmotoren waren lauter als jede Kamera.

Anders sah es in den Filmstudios aus. Im Tonfilm zerstörte der Lärm der Kameras jede Illusion. Er überlagerte die Stimmen der Schauspieler und machte auch dem dümmsten Zuschauer von der ersten Sekunde an klar, dass was er sah einen Film und nicht die Realität war.

Die Lösung war ebenso einfach und billig. Man isolierte die Kameras mit dicken Hüllen, sogenannten Blimps. Im Studio standen die Kameras sowie auf Rollen und spielte das Gewicht keine Rolle.

Traditionelle Filmklappe - Filmpuls, Synchronklappe
Traditionelle Filmklappe

Das viel größere Problem bestand im Erfordernis, Bilder und Ton im Schneideraum synchron zu bringen. Das war die Geburtsstunde der Filmklappe oder Synchronklappe, wie wir sie heute kennen. Schlug ein Kameraassistent vor der Linse die zweiteilige Klappe mit einem harten, kurzen Knall zusammen, hatten die Cutter nicht nur die Einstellungsgrößen im Bild, sondern dank der Synchronklappe auf der Bild- und Tonebene einen Synchronpunkt.

Das Zusammenschlagen der Regieklappe auf der Tonspur legte der Cutter parallel auf dasjenige Bild an, auf dem die Klappenteile sich berührten. Heute ruft der Kameraassistent sicherheitshalber parallel zum Klappenschlagen die Szene-, Einstellungs- und Wiederholungsnummer.

Die noch einfachere Lösung, Bild und Audio von Beginn weg auf dasselbe Medium aufzuzeichnen, hat sich interessanterweise bis heute noch nicht überall im professionellen Filmschaffen durchgesetzt. Ausnahmen wie der Dokumentarfilm oder Dokusoaps und Reportagen für das Fernsehen bestätigen die Regel.

Einerseits ermöglicht die Trennung von Bildebene und Ton den jeweiligen Spezialisten, sich ungehindert dort zu bewegen und auf dem Dreh zu positionieren, wo es für die jeweilige Aufgabe optimal ist. Andererseits ist die Konzentration auf nur eine Aufgabe ein Kennzeichen der Professionalität. Das gilt auch für Kamera und Tonaufzeichnungsgeräte. Diese müssen auf diese Weise nicht multifunktional, sondern können hoch spezialisiert sein. Das Beste aus jeder Welt, gewissermaßen.

Die Filmklappe ist als Synchronklappe darum auch heute noch überall dort anzutreffen, wo höchste Qualität gefragt ist.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 05.12.2017

Carlo Olsson 102 Artikel
Carlo Olsson begleitet die Herstellung von Filmen, Videos und TV-Serien im Auftrag von Unternehmen, Agenturen und Produktionsfirmen. In seiner Freizeit spielt er Eishockey und beschäftigt sich mit barocker Klangdramatik.

1 Kommentar

  1. Die Malteserkreuzsperre ist kein Sperrgreifer und nur kurz nach der Jahrhundertwende in Kameras von Oskar Meester zum Einsatz gekommen. In Kinoprojektoren war die Malteserkreuzsperre allerdings praktisch der Standard in nahezu jedem Kinoprojektor.

    Die Stummfilmkameras waren nicht übermäßig groß. Eine Bell & Howell 2709 die von 1912 bis 1958 gebaut wurde war für eine 35mm Kamera nicht sonderlich groß. Wobei eine Bell & Howell Eymo ab 1925 wirklich kompakt war, aber nicht für Kinoproduktionen geeignet war, da sie maximal eine Minute Film aufzeichnen konnte und keinen ordentlichen Bildstand hatte.

    Das große Volumen der frühen Tonfilmkameras ergibt sich durch den Schallschutz. Zuerst stellte man die Kameras samt Kameramann und Assistent in eine Telefonhäuschen große Kiste. Recht schnell wurden die sogenannten Blimps daraus. Bis zur Arri BL35 wurden die Blimps zwar immer kleiner, aber an Aufnahmen aus der Hand, bzw. von Schulter war bis dahin nicht zu denken. Außer man verzichtete auf den Originalton, nahm eine Arriflex 35 (MOS-Kamera) und synchronisierte den Ton nach.

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