Wiederentdeckt: »Fear and Loathing in Las Vegas« von Terry Gilliam | Filmkritik

Fear and Loathing in Las Vegas (1998) mit Johnny Depp und Benicio del Torro
Nicht nur auf dem Roadtrip: Raoul Duke (Johnny Depp) | © Universal Pictures

Aus Erinnerung sich zu begeistern, fällt immer schwer. Außer es handelt sich um ein Werk wie »Fear and Loathing in Las Vegas«. Regisseur Terry Gilliam lässt in diesem unvergleichlichen Kinofilm aus dem Jahr 1998 die Schauspieler Johnny Depp und Benicio del Torro auf eine höllische Fahrt nach Sin City los. Und wie im gleichnamigen Roman von Autor Hunter S. Thompson stellt Kultregisseur Gilliam sein Publikum dabei vor die Wahl: Liebe es für immer. Oder lass es.

Filme altern gut oder sie altern schlecht. So ist die Regel. Weil es keine Regeln ohne Ausnahmen gibt, gibt es »Fear and Loathing in Las Vegas«. Dieser Film, ich habe ihn mir nach langen Jahren diese Tage im Heimkino erneut angesehen, kennt kein Alter. Er ist auf seltsam magische Weise zeitlos geblieben. Und das will etwas heißen!

»Fear and Loathing in Las Vegas« hat sich erst im Laufe der Jahre – wie andere Filme von Terry Gilliam auch – zu einem Kultfilm entwickelt. „Der bizarrste Film, der je gedreht wurde“, „Ich war danach krank“, „Es lässt die Trainspotting-Gang wie Aspirin-Konsumenten aussehen“, so die im Erscheinungsjahr 1998 erschienenen Filmkritiken. Als die Universal Studios den Regisseur über die stattliche Anzahl sogenannter Walkouts (Personen, die während der Filmvorführung das Kino verlassen) informierten, wertete der Regisseur dies als positives Zeichen, weil „die anständigen Leute erkannten, dass mein Film nichts für sie war“.

»Fear and Loathing in Las Vegas« ist tatsächlich kein Film für jedermann. Gilliams nutzt extreme Weitwinkel, schräge Bildachsen und Spezialeffekte, um für seine Filmstory eine desorientierende Atmosphäre zu schaffen, die den Zuschauer in den zugedröhnten Abgrund der Protagonisten zieht.

Doch wer sich auf Gilliams Vision einlässt oder einlassen kann, erlebt – ganz ohne Drogen – eine fesselnde Fahrt auf dem Rollercoaster, wie es sie dieser Tage kaum mehr für die große Leinwand gibt. Sondern eher online in Serien oder bei Angeboten wie onlinecasinosdeutschland.de. Ein Beispiel dafür ist im Film die Verwandlung des Stardust Casinos in Las Vegas in den surrealen „Bazooka Circus“ mit einem riesigen Clownkopf.

dreharbeiten fear and loathing in las vegas
Kultregisseur Terry Gilliam am Set
Johnny Depp Terry Gilliam Filmset
Johnny Depp als Raoul Duke
Fear and Loathing Vegas Dreharbeiten
Das Mint 400 Motorradrennen

Andere Clownerien, ungeplante, gab es während der Dreharbeiten von »Fear and Loathing«: In Binion’s Horseshoe Casino, das als Kulisse für das fiktive Mint Hotel diente, musste das Filmteam wider Erwarten echtes Geld an den Spieltischen einsetzen. Die Casino-Betreiber verboten die Verwendung von Spielgeld auf dem Filmset. Was zu der skurrilen Situation führte, dass das Filmteam das Risiko eingehen musste, das Budget zu verlieren – oder im besten Fall zu verdoppeln.

Der Kultstatus von »Fear and Loathing in Las Vegas« lässt sich damit erklären, dass Terry Gilliams eine Ausbildung als Politologe vorweisen kann: Seine schonungslose filmische Metapher einer Suche nach dem Sinn des Lebens in einer Welt, die zunehmend oberflächlich und materialistisch erscheint, hat auch darum nichts an Scharfsinn und Relevanz verloren. Sie spricht mit ihrem schwarzen Humor heute noch ein Publikum an, das sich nach Individualität und Authentizität sehnt. Auch die Dialoge, oft in Form einprägsamer Zitate, haben längst über die Fangemeinde des Regisseurs hinaus Kultstatus erreicht.

Johnny Depp, der die Rolle des exzentrischen Journalisten Raoul Duke verkörpert, verbrachte vor den Filmarbeiten Monate mit dem realen Hunter S. Thompson, um dessen Sprache, Mimik und Gestik zu studieren. Depp ging sogar so weit, bei den Dreharbeiten Thompsons Kleidung und persönliche Gegenstände zu tragen, um sich vollständig in die Figur hineinzuversetzen. Benicio Del Toro improvisierte dagegen auf Wunsch des Regisseurs konstant und zwang damit durch seine Unvorhersehbarkeit Johnny Depp zu extremen Reaktionen.

Wer Terry Gilliam kennt, weiß: Der Mann ist immer für eine Überraschung gut.

Eines Tages habe ich verstanden, dass es vielleicht doch einen Gott geben muss. Aber einen anderen. Weil der bisherige gefeuert wurde.
Terry Gilliam

Nachdem er 1995 mit seinem Seuchenfilm »12 Monkeys« mit Bruce Willis und Brad Pitt dem Zirkus in Hollywood bewiesen hatte, wie man mit seinen Filmen nach– nicht immer selbst verschuldeten – Flops wie „Brazil“ (1985) und „Münchhausen“ (1988) Geld verdienen konnte, bekam Terry Gilliam grünes Licht für die Romanverfilmung. Das Filmbudget war für Hollywood bescheiden, besonders für einen Film mit Stars wie Johnny Depp, Benicio Del Toro, Christina Ricci, Cameron Diaz, Ellen Barkin und Spiderman Tobey Maguire.

Wenig Geld gab es, weil schon eine stolze Reihe berühmter Talente aus der Filmindustrie an einer Verfilmung gescheitert waren. Dazu gehörten Regisseure wie Martin Scorsese oder Oliver Stone. Sie hatten sich an dem Stoff versucht, aber letztlich die Buchadaption aufgegeben.

72%
Fear and Loathing in Las Vegas (3/10) Movie CLIP - The Hotel on Acid (1998) HD

Fear and Loathing in Las Vegas

Filmtitel
Regie
Terry Gilliam
Filmdauer
1 Std. 51 Min.
Darsteller:in
Johnny Depp, Benicio del Toro, Tobey Maguire, Michael Lee Gogin, Larry Cedar, Brian Le Baron
Bewertung
★★★★☆☆
72 % von 4'644 Menschen lieben diesen Film
Genre
Abenteuer, Drama, Komödie
Box Office vs Budget
Einspielergebnis: 11 Mio. USD (Produktion: 19 Mio. USD)

»Fear and Loathing in Las Vegas« folgt dem Journalisten Raoul Duke und seinem Anwalt Dr. Gonzo auf ihrer Reise nach Las Vegas, wo sie ein Motorradrennen besuchen wollen.

 

Die Wahrnehmungen der beiden Protagonisten werden unter dem Einfluss zahlreicher Substanzen ebenso surreal wie chaotische inszeniert. Betäubungsmittel spielen im Film (wie auch im Buch) eine zentrale Rolle und führen zu absurd-wilden Erlebnissen der beiden Hauptdarsteller.

 

Die Kinoverfilmung von Terry Gilliam ist eine Satire auf den amerikanischen Traum und die Gesellschaft der 1970er Jahre. Las Vegas wird dabei als Symbol für die Verlockungen und gleichzeitig die Heuchelei des amerikanischen Traums dargestellt. Die Erlebnisse der unter Drogen stehenden Protagonisten spiegeln den Zerfall und die Widersprüche der amerikanischen Gesellschaft wider.

Ansehen
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★★★★★ = empfehlenswert | ★ = kaum sehenswert
Credits & Filmdaten von | Nutzung erfolgt eigenverantwortlich


Bereits Anfang der neunziger Jahre – 9 Jahre bevor er »Fear and Loathing in Las Vegas« dann tatsächlich drehte – bekam Gilliam ein erstes Drehbuch mit einer Kino-Adapation zur Verfilmung angeboten. Er lehnte das Projekt mit der Begründung ab, den Charakteren im Film würde in der zweiten Hälfte „die Substanz“ fehlen.

 

Was zu keinem Zeitpunkt fehlte, weder im Buch noch in seiner Filmversion, waren andere Arten von Substanzen. Gefragt in einem Interview, was im Kofferraum des Cadillac Eldorado, mit dem die beiden Hauptfiguren Duke und Dr. Gonzo im Film nach Las Vegas fahren, transportiert wird, zählte Terry Gilliam wie aus der Pistole geschossen auf: „Marihuana, Meskalin, Acid, Kokain, Aufputschmitteln, Beruhigungsmitteln, Äther, Tequila, Bier und natürlich Rum“.

 

Letztlich schrieb Gilliam das Drehbuch »Fear and Loathing in Las Vegas« selbst. Und weil er sich von nichts und niemandem davon abringen ließ, einen Film zu drehen, bei dem es (Zitat Gilliam) „keine Mittelmäßigkeit“ geben würde, entstand daraus einer der ungewöhnlichsten Meilensteine der Filmgeschichte.

Auswahl Filmkritiken übersetzt aus der englischen Originalsprache aus: Variety, WideAngle, Closeup

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Zachery Z. 53 Artikel
Zachery Zelluloid war in der Unterhaltungsindustrie tätig. Er schreibt unter Pseudonym, weil er weder vertraglichen Schweigepflichten verletzen, noch das wirtschaftliche Fortkommen der Berufsgattung Anwalt fördern oder Freunde brüskieren will. Sein richtiger Name ist der Redaktion bekannt.

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