Fallstudie: Mit einem Werbevideo online ein neues Kundensegment gewinnen

fallstudie werbevideo
Gewusst, wie: Fallstudie Werbevideo | © Symbolbild: Pavel Sokolov

Ein auf Dienstleistungen im Fachbereich Leasing spezialisiertes Unternehmen plant, mit einem Online-Werbevideo seinen Anteil an Kunden mit dem Geburtsjahr 1980 bis 1999 markant zu erhöhen. Eine Fallstudie.

Die Firma soll bei der Zielgruppe mit dem Werbevideo nachhaltig positioniert werden. Zusätzlich sollen Vorurteile und Klischees gegenüber der Branche als Ganzes aktiv und offen angesprochen werden. Als ideale Kommunikationsmittel wurden vom Auftraggeber schon im Vorfeld eigenständig Web Videos und Social Media definiert.

Fallstudie Online-Werbevideo

Die nachfolgende Fallstudie für ein Werbevideo beruht auf einem realen Auftrag aus der Praxis einer Videoproduktion. Auf Wunsch des Kunden wurden Geschäftsfelder und Produkte zur Anonymisierung abgeändert.

Herausforderungen

Bisher wurde vom Auftraggeber in der Werbung und bei Corporate Video mit einem Top-Down Ansatz kommuniziert. Neu soll der Endkunde mit dem Werbevideo online und auf Augenhöhe mit Antworten angesprochen werden. Dieses Novum ist zur Zeit der Auftragsvergabe noch nicht im Unternehmen implementiert.

Warnsignale

Vier Faktoren erfordern bei diesem Auftrag erhöhte Aufmerksamkeit:

  1. Der vom Auftraggeber avisierte Adressatenkreis ist als Generation Y bekannt. Sie ist die erste der Digital Natives, aufgewachsen größtenteils im Umfeld von Internet und mobiler Kommunikation, und damit in ihrer Prägung und ihrem Verhalten grundlegend anders als die vorhergehende Generation X (Geburtsjahr bis 1980). Anstelle von Status und Prestige stehen die Sinnsuche und die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung im Zentrum. Diesem Umstand müssen die Gestaltung der Informationen, die Inhalte und die Art der Kundenansprache Rechnung tragen.
  2. Bei einer Schere zwischen der filmisch kommunizierten Realität und dem realen Kundenerlebnis droht an den konkreten Brand Touchpoint, gerade bei einer den gesellschaftlichen Wertewandel verkörpernden Generation, eine Negativ-Wirkung. Der Auftraggeber ist sich dieser Risiken bewusst – und möchte darum:
  3. Die Definition und Freigabe der für ein audiovisuelles Kommunikationspaket notwendigen budgetären Mittel erst kommunizieren und freigeben, wenn konkrete Drehbücher und Storyboards vorliegen.
  4. Last but not least ist der Auftraggeber überzeugt, dass ein „gutgemachter“ Film im Sinne von One-fits-all als einziger Kontaktpunkt genügt und einen Viral Effekt auslösen wird, womit sich weiterer, gezielt für diese Kanäle hergestellter, Content erübrigt.

Umsetzung: Kreation und Produktion des Online-Werbevideos

Die Umsetzung des Werbevideos erfolgt ohne vorhergehende Ausschreibung. Dies nach einem ersten Kontakt und evaluierenden Vorgespräch mit dem präferierten Lieferanten.

Zuerst werden die Strategie und der Kreativprozess budgetär von der eigentlichen Medienherstellung entkoppelt. Strategiearbeiten und der Aufwand für die Kreation werden von der Produktionsfirma, wie bei Corporate Videos üblich, zu vorab vereinbarten Tarifsätzen nach Aufwand abgerechnet.

Um sicherzustellen, dass die Ergebnisse der Kreation später auch mit vertretbarem Aufwand in Filme umgesetzt werden können, werden Benchmarks festgelegt. Nach Erläuterungen der Anforderungen für erfolgreiches visuelles Storytelling in den sozialen Medien durch die Videofirma zeigt sich das Unternehmen bereit, ein Kommunikationspaket zu prüfen, welches aus mehr als nur einem einzelnen Film besteht.

Onlinevideos für Dialogmedien

Soziale Medien stellen für ein Werbevideo eine Reihe von speziellen Anforderungen an eine Videoproduktionsfirma. Folgenden Regeln müssen beachtet werden:

  • Alles Wichtige gleich zu Beginn kommunizieren. Nicht jeder User sieht sich ein Werbevideo bis zum Ende an.
  • Marke / Brand, je nach Kanal auch der Absender und der Call-to-Action, gehören an den Anfang des Werbevideos und an das Ende!
  • Das Werbevideo muss auch ohne Ton zu verstehen sein.
  • Mehrwert schaffen! Online gilt es ganz besonders, um die Aufmerksamkeit zu kämpfen. Benefits und Emotionen sind erfolgsrelevant! Ohne Mehrwert geht das Werbevideo sang- und klanglos im Datenfluss unter.

Einen Mehrwert erstellen gelingt nach Erfahrung der Videoproduktion am besten, wenn der User eine der folgenden Aussagen nach dem Ansehen des Videos für sich in Anspruch nehmen kann. Je nach Format / Segment unterscheidet sich diese Aussage:

  • News & Enabling: Dank des Videos kenne ich nun die aktuellen Neuigkeiten
  • Wissen & Enabling: Mit dem Video habe ich etwas für mich lernen können
  • Unterhaltung & Spaß: Das Video macht mir Spaß!
  • Beziehung & Sinnsuche: Das Video berührt mich emotional

Ein Hinweis: Bei Online Werbevideos gilt es der Frage nach dem Filmformat und Videoformat ganz besondere Beachtung zu schenken. Beide Begriffe stehen für unterschiedliche Dinge und Vorgänge, die beide von Relevanz für die Qualität sind.

Netzwerk

Um den Blickwinkel der Zielgruppe in der DNA der Konzeption verankern zu können, werden für die Kreativarbeit und das Erstellen der Inhalte einzig Creative Directors aus dieser Altersgruppe verpflichtet. Weil der Pool an verfügbaren Talenten im erforderlichen Zeitraum klein ist, wird ein internationaler Kreativpool rekrutiert. Dem Auftraggeber kann die Filmproduktion so innerhalb von drei Wochen insgesamt acht Konzepte präsentieren. Daraus wird ein Favorit zur weiteren Verfeinerung und Ausarbeitung bestimmt.

Die Gewinner-Idee bricht mit dem Briefing: Sie setzt auf das Erstellen eines Kurzfilms mit starkem Storytelling und starker Musik, online flankiert von Videoclips und einem modularen, Reportage-ähnlichen Making-Of-Video, das unter anderem auch Testimonials mit Vertretern des Managements enthält.

Fazit

Drei filmische Maßnahmen werden schließlich zur Umsetzung freigegeben:

  • ein Kurzfilm (3 min)
  • ein Paket aus fünf Clips (3 × 15 Sekunden, 2 × 25 Sekunden) für ausgesuchte Kanäle
  • und zusätzlich ein Informationsfilm (5min) für Mitarbeitende und Stakeholder.

Der Informationsfilm soll im Stil einer TV-Reportage als Making-of die Ursachen und Hintergründe der Herstellung der Filme beleuchten und auch Vertretern des Top-Managements in Interviews eine Stimme geben.

Flankierende Maßnahmen

Kurzfilm und Making-of werden von einer Serie regelmäßig stattfindender Kunden-Events flankiert, für die sich der Endkunde anmelden kann und die für ihn kostenlos sind. In diesen wird ihm als potenziellen Neukunden das Unternehmen in Werbevideos nicht nur filmisch auf frische, überraschende Art präsentiert, sondern es wird ihm auch die Roadmap zur vollständigen Implementation der neuen Kundenansprache erläutert. Dieses duale Konzept wird auch in den Dialogmedien verfolgt.

Learnings Fallstudie Online Werbevideo

Die Auswertungen zeigen, dass die Ziele mit dem Werbevideo erreicht wurden. Stimmen aus dem Kreis von Mitarbeitenden weisen darauf hin, dass sich Innenbild und Realität im Unternehmen noch stark vom kommunizierten Außenbild unterscheiden. Die sich daraus ergebende Notwendigkeit einer verstärkten Dynamik wird vom Auftraggeber als in einem kompetitiven Markt zwingend und darum als wünschenswert und wichtig bezeichnet.

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 19.04.2016

Philippa von Wittgenstein 6 Artikel
Philippa von Wittgenstein war langjährige Produktionsleiterin und Producerin für Film und Fernsehen und ist heute Hoteldirektorin.

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