Erkan Acar: »Hätte ich beim Dreh mein Produzenten-Dasein ausgelebt, hätte das keinem gutgetan.«

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Leidenschaft und Loyalität: Filmemacher Erkan Acar | © Foto: Olaf Kroenke

Megaironische Kräfte wurden ihm vom SPIEGEL für seinen Kinofilm »Ronny & Klaid« attestiert. Aber nicht nur Ironie, auch Energie muss Erkan Acar im Übermaß besitzen. Anders ist es nicht zu erklären, wie der 1978 geborene Berliner erfolgreich gleich in vier Funktionen arbeiten kann: Als Produzent, Schauspieler, Regisseur und Autor. Im deutschen Kino gilt das Übertalent trotz prägender Mitarbeit an Filmen, die regelmäßig mit Kultpotenzial aufwarten, erstaunlicherweise noch immer als zu entdeckender Geheimtipp.

Mit »Schneeflöckchen« hat er Furore gemacht. In »Faking Bullshit« überzeugt er als Schauspieler und zieht zugleich hinter den Kulissen die Fäden mit seiner Filmproduktionsgesellschaft Mavie Films.

© Foto: Olaf Kroenke
Erkan Acar

fpi. 19 Jahre alt war Erkan Acar, als er damit begonnen hat, seine ersten Kurzfilme und Videoclips zu drehen. Mit verschiedenen Jobs sparte er sich das Geld für professionelles Filmequipment zusammen und gründete damit einen Materialverleih. Fortan konnte er auf diese Weise eigene Projekte einfacher realisieren. Der Verleih wuchs, wurde zur Produktionsfirma und die Karriere von Erkan Acar als Produzent, Regisseur, Autor und Schauspieler für Musikvideos, Werbung und Filme hatte ihren Anfang genommen.

2011 verkaufte Acar seinen Equipmentverleih und beschloss, sich fortan nur noch auf das Spielfilmgeschäft zu konzentrieren. Es folgten der Kultfilm „Schneeflöckchen“ (mit Acan als Produzent und Schauspieler), die Komödie „Ronny & Klaid“ (als Produzent, Regisseur, Co-Autor), „The Witch and the Ottoman“ (Produzent, Darsteller und Co-Autor) und „Faking Bullshit“ (Produzent und Schauspieler).

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Gestartet im Filmbusiness ist er mit einem Verleih für Film-Equipment. Erkan Acar ist ein Mann mit vielen Facetten. Im Interview mit Filmpuls erklärt das Multitalent, wie er es schafft, sich in allen Rollen treu zu bleiben.

Interview mit Erkan Acar

Filmpuls:Erkan, kann ein Jungtalent deinen Werdegang kopieren?

Erkan Acar:Kopieren kann man immer. Aber ob man dazu raten würde? Würde ich nicht empfehlen! (lacht) Spaß bei Seite. Natürlich würde ich mich freuen, wenn ich Jungtalenten mit meinem Werdegang aufzeigen kann, dass man sich gegen viele Widrigkeiten durchsetzen kann, wenn man lernt querzudenken, auf das eigene Gespür zu vertrauen, sowie gute Freunde und Kollegen um sich hat.

Filmpuls:Macht es die Dinge einfacher, wenn man nicht nur Produzent, sondern auch gleich Hauptdarsteller ist?

Erkan Acar:Ich würde es jetzt nicht als einfacher betiteln. Es ist aber auf jeden Fall angenehmer für mich, wenn ich die Zügel in der Hand habe. Dann kann ich mich natürlich auch im Vorfeld besser vorbereiten und alles so lenken, dass ich mit meiner Leistung wirklich selber zufrieden bin (lacht). Man fährt in diesem Fall dann natürlich mehrgleisig und dies bedeutet wiederum mehr Verantwortung. Ich persönlich liebe es so!

Filmpuls:Was wäre geschehen, wenn du als Produzent mit dir als Schauspieler bei „Faking Bullshit“ nicht zufrieden gewesen wärst? Hättest du dich selbst gefeuert?

Erkan Acar:Ich behaupte mal, dass ich schon sehr selbstreflektiert bin, sodass ich mich im Vorfeld nicht besetzen würde, wenn ich das Gefühl hätte, ich passe für die jeweilige Rolle nicht. Man sollte zwar nie Nie sagen, aber es würde nicht dazu kommen, dass ich mich feuere, weil ich mich gar nicht erst einstellen lassen würde, wenn die Rahmenbedingungen nicht stimmen!

Liebe was du machst und mache, was du liebst!
Erkan Acar

Filmpuls:Die wichtigsten Merkmale oder Eigenschaften, mit denen dich Regisseur Alexander Schubert von „Faking Bullshit“ beschreiben würde?

Erkan Acar:Da würde ich, glaube ich, eher Alexander  fragen! (lacht) Ich meine, wir sind mittlerweile gut befreundet… aber ich denke er würde mich als ehrgeizig, zuvorkommend, feinfühlig und sensibel beschreiben.

Filmpuls:Nenn uns bitte die wichtigsten Tricks, dank denen du Karriere gemacht hast!

Erkan Acar:Ich würde das nicht als Trick bezeichnen, aber es ist Leidenschaft! Ich liebe das, was ich mache. Und das würde ich auch jedem ans Herz legen: Liebe was du machst und mache, was du liebst!

Filmpuls:Mit wem möchte Sina „Tina“ Tkotsch lieber Party machen? Mit dem Produzenten Erkan  oder dem Schauspieler Erkan ?

Erkan Acar:Sina hat so eine tolle Persönlichkeit, dass es ihr egal ist, ob es der Produzent oder Schauspieler wäre. Sie würde nur mit dem Menschen Erkan Party machen.

Faking-Bullshit
„Faking Bullshit“ (v.l.n.r.: Adrian Topol, Sina Tkotsch, Erkan Acar, Bjarne Mädel, Sanne Schnap) | © Mavie Films

Filmpuls:Regisseur Alexander Schubert hatte bei „Faking Bullshit“ mit dir als Darsteller auch nonstop seinen Produzenten vor der Kamera. Kann das gut gehen?

Erkan Acar:Ja, klar. Im Vorfeld haben wir alle nötigen Themen, die zwischen Produktion und Regie anfallen besprochen, sodass davon nichts ans Set verlagert werden musste. Am Set bin ich wirklich nur Erkan, der Schauspieler. Ich glaube, das würde Alexander auch so bestätigen. Hätte ich beim Dreh auch noch mein Produzenten-Dasein ausgelebt, hätte das keinem von uns gutgetan.

Einen Film für das Kino zu machen ist etwas anderes als für das Fernsehen
Erkan Acar

Filmpuls:Was unterscheidet den Produzenten vom Darsteller?

Erkan Acar:Ich glaube der Darsteller freut sich, wenn man Überstunden macht und der Produzent nicht. (lacht) Als Produzent bist du auch für die Finanzierung verantwortlich.

Filmpuls:Wenn das Budget keine Rolle spielen würde – welche Geschichte würdest du mit Mavie Films als Nächstes produzieren?

Erkan Acar:Den allerersten Film, den ich in meinem Leben gesehen habe, würde ich gern noch mal neu verfilmen: ein Bollywood Film namens „Coolie“ aus dem Jahr 1983 mit Amitabh Bachchan. Ich musste damals ungefähr 7 Jahr alt gewesen sein und seitdem ist er mein absolutes Idol. Ja, den würde ich mit mir in der Hauptrolle noch mal neu verfilmen.

Filmpuls:Deine Produktionsfirma heißt Mavie. Was steckt hinter diesem Namen?

Erkan Acar:Mavie Films setzt sich aus dem türkischen Wort “mavi” (blau) und dem französischen “ma vie” (französisch für: mein Leben) zusammen.

Filmproduktionen von Mavie Films (Auswahl):

Filmpuls:Glaubst du, dass das Kino trotz Netflix & Co. überleben wird?

Erkan Acar:Ja auf jeden Fall! Ich meine Kino ist ein Event und ich liebe Events! Einen Film für das Kino zu machen ist tatsächlich etwas anderes als für das Fernsehen. Allein schon wegen der riesigen Leinwand und natürlich der Soundanlage. Ich erwähne ja immer wieder: ersteres ist aktives Film gucken und letzteres eher passives Film gucken.

Filmpuls:Vier gute Gründe, warum man sich Faking Bullshit unbedingt anschauen muss?

Erkan Acar:1. Wenn du das Original „Kops“ kennst, ein schwedischer Film aus dem Jahre 2003 und ihn mochtest, dann wirst du „Faking Bullshit“ lieben. 2. Weil es eine leichte Komödie ist und nicht unter die Gürtellinie geht, das heißt ein familientauglicher Film. 3. Weil es mutig war und er ohne Förderung entstanden ist. 4. Und, weil man die Kinos unterstützen sollte.

Offizieller Trailer: „Faking Bullshit – Krimineller als die Polizei erlaubt!“

FAKING BULLSHIT Trailer German Deutsch (2020) Exklusiv

Filmpuls:Ein Punkt, der in jedem deiner Filmprojekte zwingend gegeben sein muss?

Erkan Acar:Loyalität.

Filmpuls:Erkan, vielen Dank für die Zeit, welche du dir für dieses Gespräch und unsere Fragen zu „Faking Bullshit“ und deiner Karriere genommen hast. Wir sehen mit Spannung deinen nächsten Filmen entgegen, die wir uns – Ehrensache – im Kino ansehen werden!

Ein herzliches Dankeschön für die Vermittlung dieses Interviews geht an die Agentur 17durch2, Zetha Asafu-Adjaye und Johanna Bartsch.

Das im Lead dieses Artikels erwähnte Zitat stammt aus dem Spiegel vom 05. Oktober 2019 anlässlich des Kinostarts von „Ronnie & Klaid“. Das Nachrichtenmagazin stellte im selben Artikel für seine Leser fest: „Erkan Acin huldigt dem Genre des Buddy-Katastrophendramas mit einer im deutschen Kinogeschäft allenfalls von Helge Schneider übertroffenen Blödelleidenschaft.“

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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 07.10.2020

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