Entscheidungen prägen unser Dasein. Dieser Artikel erklärt, wie es mithilfe von 7 einfachen, wissenschaftlich fundierten Strategien und Methoden zur Entscheidungsfindung gelingt, die richtige Wahl zu treffen.
Privatleben wie Berufsleben stellen uns fortwährend, und nicht immer gewollt, vor eine Vielzahl von Möglichkeiten, über die es zu entscheiden gilt. Pro und contra, bei wichtigen Entscheidungen ist das Abwägen der verschiedenen Optionen oftmals eine Herausforderung. Besonders unter Zeitdruck. Darum sind Kenntnisse über Entscheidungsfindung-Methoden eine Schlüssel-Kompetenz für die menschliche Existenz und die damit einhergehenden nahezu unendlichen Wahlmöglichkeiten.
Wählen und entscheiden bedeutet, sich selbst sein zu können
Die Möglichkeit, auswählen zu können, ist ein wesentlicher Aspekt unserer Selbstdefinition und ein zentraler Teil unserer Individualität. Wählen heißt in den meisten Fällen, Verstand und Gefühle in Einklang zu bringen oder aber einem von beiden, Verstand oder Gefühl, den Vorrang zu geben.
Kann das gelingen?
Weil die meisten Entscheidungen vorwärts gerichtete Ereignisse betreffen und damit die Zukunft und Dinge, die noch gar nicht eingetreten sind, sind mit Entscheidungen immer auch Unsicherheiten verbunden. Kommt zum Entscheidungsdruck noch Zeitdruck dazu, bekommt die Frage nach der richtigen Entscheidung noch mehr Gewicht. Sie kann zur Last werden. Es ist darum hilfreich, über die mentalen Prozesse und Muster Bescheid zu wissen, die bei der Entscheidungsfindung in uns Menschen ablaufen.
Wie sich richtig entscheiden?
Ignatius von Loyola, ein Mitbegründer des Ordens der Jesuiten, hat bereits im 16. Jahrhundert einen Weg nach einem Weg gesucht, für die Entscheidungsfindung Emotionen und Verstand in Einklang zu bringen. Er entwickelte einen Weg, innerhalb einer Woche für jeden Entscheid die richtige Antwort zu finden!
Dazu riet er seinen Glaubensbrüdern, während dreier Tage so zu tun, als hätten sie ihren Entscheid bereits gefällt. In dieser Zeit sollen bei dieser Entscheidungsfindung Methode die eigenen Gefühle, Gedanken und Träume, die im Kontext des Entscheides stehen, akribisch notiert werden. Am vierten Tag muss derselbe Prozess nochmals für drei Tage wiederholt werden. Diesmal aber mit dem Entscheid, der zuvor verworfen wurde. Am Ende seien die Notizen nebeneinanderzulegen und die verschiedenen Alternativen mit kühlem Kopf zu vergleichen. Erst dann, so Loyola, dürfe man sich final entscheiden.
- Variante A
- Variante B
- Finaler Entscheid
Grafik 1: Entscheidungsmethode nach Ignatius von Loyola
7 bewährte Methoden für die Entscheidungsfindung
In der modernen Welt bieten sich zur Entscheidungsfindung sieben Methoden an. Sie alle beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die jeweiligen Quellen und Forscher sind mit Fußnoten am Ende des Artikels gekennzeichnet.
- Sorgfältig Recherchieren
- Auswahl eingrenzen
- Es gibt keinen zu 100 % perfekten Entscheid
- Keine Angst vor Folgen haben
- Bauchgefühl ist wichtig
- Vertrauen
- Entschieden ist entschieden
Diese sieben Methoden bieten zugleich verschiedene Alternativen und Wege, einen bereits getroffenen Entscheid nochmals zu hinterfragen. Darin gleichen sie dem Weg, welcher von Loyola begründete.
1Entscheidungsfindung Strategie 1: Recherchieren
Gefühle sind keine Behinderung bei der Entscheidungsfindung. Sondern ein integraler Bestandteil davon. Gefühle sind schnell. Unseren frühesten Vorfahren haben sie als automatische Reaktion dazu gedient, in lebensbedrohlichen Situationen blitzschnell, aber unbewusst, überlebenswichtige Entscheidungen zu treffen. Ohne Gefühle lässt sich, wissenschaftlich bewiesen, nicht entscheiden. Selbst, wenn die Entscheidung höchst rationaler Natur ist. Menschen mit schweren Verletzungen in der für das Gefühlsleben erforderlichen Hirnregion sind nicht in der Lage, selbst einfache und alltägliche Entscheidungen zu treffen.[1]
Recherchieren bedeutet auch, eine Entscheidung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Die Darstellung von alternativen Entscheidungsmöglichkeiten übt einen Rahmeneffekt auf einzelne Entscheide aus. Das Hirn versucht, ein der Entscheidung übergeordnetes Referenzsystem aus allen Entscheidungsoptionen zu bilden, einen „Rahmen“, der dann zu einer unbewussten Bewertung der einzelnen Entscheide führen kann.
Dieser Rahmen kann wertvoll sein. Nämlich dann, wenn ein alternativer Blickwinkel ganz bewusst diesen Rahmen erweitert und auch Argumente und Sichtweisen berücksichtigt, die man auf den ersten Blick und von vornherein schon als Negativargumente bei der Entscheidungsfindung zu erkennen glaubt. Auch das gehört zum Menschen: Wir suchen nicht Widerspruch. Sondern instinktiv nach Bestätigung für das, was wir schon zu wissen glauben. Übereinstimmende Argumente gewichtet unser Hirn unreflektiert höher als solche, die uns zu einer Gegenposition zwingen würden.
Wenn zu wenig Wissen und zu wenig Informationen vorliegen, verhindert beim Entscheiden zusätzlich der sog. Anker-Effekt gute Lösungen. Es liegt in der Natur des Menschen, immer nach Orientierung, nach einem Ankerpunkt, zu suchen.
Als Orientierungshilfe nehmen wir, was verfügbar ist. Notfalls und unbewusst verwenden wir dabei auch unvollständige, irrelevante oder falsche Informationen.[2] Diesen Effekt nutzt auch der Detailhandel zur Umsatzsteigerung. Wird ein Produkt im Umfeld des Angebots absichtlich teuer angepriesen, kaufen die Kunden verstärkt normalpreisige Produkte, weil sie diese im Vergleich zum „Informationsanker“ (das teure Produkt) instinktiv als Schnäppchen wahrnehmen.
2Entscheidungsfindung Strategie 2: Auswahl eingrenzen
Recherchen können umgekehrt aber auch zum Entscheidungskiller werden. Das droht immer dann, wenn die Recherche-Strategie keine Limite enthält. Wer alles zu allem wissen will, wird in der Flut der Informationen ganz einfach untergehen. Das Internet, oftmals die erste Anlaufstelle im Recherche-Prozess, ist eine allwissende Müllhalde. Davon profitieren kann nur, wer Informationen und Quellen zu gewichten weiß. Der Überblick macht den Meister.
Wer zu viele Informationen hat, kann diese nicht nur nicht auswerten und verwerten. Er wird damit auch nicht glücklich und ein Opfer vom sog. Wahlparadoxie-Effekt. Der Mensch will aus einer begrenzten Bandbreite an Möglichkeiten wählen können.
Wer aus fünf Schokoladen-Sorten auswählen kann, ist mit dem von ihm gewählten Produkt glücklich. Wenn man mehrere Dutzend Schokoladen im Supermarkt vor sich zur Auswahl hat, entscheidet sich am Ende der Entscheidungsfindung zwar auch für eine Schokolade, ist damit aber weniger glücklich.[3]
Ein guter Entscheid und eine weitere, willkommene Spielart von Eingrenzung ist es, den oftmals mit einer Entscheidung einhergehenden Gruppendruck zu vermeiden. Eine falsche Meinung wird nicht richtig, wenn sie von mehr als einer Person vertreten wird. Oder wenn sie das Resultat eines gruppendynamischen Prozesses ist.
3Strategie 3: Gut ist gut genug
Wer unendlich viele Informationen zur Verfügung hat und eine unendliche Menge an Wahlmöglichkeiten besitzt, trifft die schlechteren Entscheide als derjenige, der mit begrenzten Informationen limitierten Optionen gegenübersteht. Dieser Effekt ist als Wahlparadoxie bekannt.[4]
Die Wahlparadoxie trifft ganz besonders die Gruppe der Maximierer. Das sind diejenigen Menschen unter uns, die immer und überall die beste Wahl treffen und perfekt entscheiden wollen. Der Druck, die zumindest theoretisch beste Wahl treffen zu wollen, führt beim Entscheider zum regelmäßigen „Umsturz“ bereits gefällter Entscheide. Instabilität und Chaos sind die Folge.
Schön beobachten lässt sich dieser Effekt nicht nur bei komplexen Großproduktionen im Spielfilm mit unerfahrenem Produzenten. Sondern auch bei Singles, die mithilfe von Partnervermittlungsplattformen ihren Traumpartner optimieren wolle. Als Folge endloser Optionen führen sie, statt zu einer dauerhaften Beziehung, einzig zu einem emotionalen Burn-out.
4Entscheidungsfindung Strategie 4: keine Angst vor den Folgen
Nicht nur der Zwang nach Orientierung bestimmt das Verhalten des Menschen. Sondern auch die Angst. Wir wägen automatisch ab, ob ein Entscheid einen Gewinn „bringt“ oder einen Verlust bedeutet. Gewinn oder Verlust können ideeller Art sein. Oder eine materielle Natur haben.
Fies dabei ist, dass der westliche Mensch, wie unterschiedliche Studien belegen, seine Verlustängste viel höher gewichtet, als die Lust am Gewinn. Wer einer Wahl gegenüber steht, bei der er mit gleichem Risiko gleich viel verlieren oder gewinnen kann, entscheidet sich mit großer Wahrscheinlichkeit dafür, kein Risiko einzugehen!
Erst wenn der hypothetische Gewinn den potenziellen Verlust um Faktor 2 übersteigt, wird ernsthaft abgewogen. Viele Entscheidungen in diesem Bereich sind daher keine Entscheidungen. Sondern in den Worten der Psychologie sog. affektive Prognosen. Sie sind getrieben von Angst, statt von neutraler Betrachtung der Handlungsoptionen.[5]
Entscheider sollten sich vor diesem Hintergrund hinter die Ohren schreiben, was für erfolgreiche Produzenten und Start-ups selbstverständlich ist: Das größte Risiko besteht oftmals im Leben darin, kein Risiko einzugehen.
Der erfahrene Entscheider wird in einer Situation, in der er die Folgen seiner Entscheidung fürchtet, nicht sofort entscheiden. Sondern zuerst eine vertraute Person in seinem Umfeld, die in einer vergleichbaren Situation bereits so entschieden hat, wie es der Entscheider zu tun gedenkt, dazu befragen, wie dieser die Folgen erlebt hat. Und erst dann für sich persönlich die Wahl zu treffen.
5Entscheidungsfindung-Methode 5: Dem Bauchgefühl vertrauen
Tom Manings war einer der ersten Fallschirm-Instruktoren weltweit, der seine Schüler im Wortsinn im Freifall ausgebildet hat. Vorher mussten angehende Fallschirmspringer zuerst eine Anzahl Sprünge an einer Reißleine absolvieren, welche den Fallschirm sofort nach dem Absprung aus dem Flugzeug automatisch öffnete. Manings hatte die Maxime: „Wenn du im Extremsport nicht sicher bist, ob die Bedingungen gut genug sind, damit du den Tag überlebst, sind die Bedingungen nicht gut genug.“ Erst wenn das Bauchgefühl stimmte, gab es für ihn Anlass, eine Handlungsoption auch rational zu hinterfragen.
Kein Entscheider, kein Manager argumentiert gerne mit seinem Bauchgefühl. Tritt der Worst Case ein – eine falsche Entscheidung, erscheint eine diesbezügliche Argumentation fahrlässig und unprofessionell. Auch darum braucht es Entscheidungsfindung-Methoden. Das Zusammenspiel von Komplexität, Zeitdruck und Entscheidungsqualität im Kontext des Bauchgefühls wird je länger, desto mehr zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung. Bereits belegt werden konnte: Je komplexer die Entscheidung, desto besser sind Entscheidungen, die instinktiv getroffen werden.
Bei einfachen Entscheidungen verbessert die Ratio die Entscheidungsqualität. Dies aber nur, wenn ausreichend Zeit vorhanden ist, um alle Pro und Kontra gegeneinander abzuwägen. In allen anderen Fällen erwiesen sich Entscheide, die „aus dem Bauch heraus“ gefällt wurden, als qualitativ besser. Immer vorausgesetzt natürlich, dass der Entscheider das für die Ausübung seiner Tätigkeit notwendige Wissen besaß.[6]
Anders zu bewerten sind Entscheidungen, die unter Einfluss extremer Gefühle getroffen werden. Wer kurz entschlossen und wutentbrannt eine Wahl trifft, muss damit rechnen, dass er später seinen Entscheid und die daraus erwachsenden Folgen bereuen wird.[7]
6Entscheidungsfindung Strategie 6: Keine Wahl treffen
Entscheiden heißt wählen und die Wahl, die wird getroffen. Von einem selbst oder von Umständen und Faktoren, die ohne eigenes Zutun stattfinden. Wer eine Tätigkeit oder Funktion ausübt, bei der die aktive Entscheidungsfindung zum Berufsbild oder zum Aufgabenprofil gehört, wird gute Gründe benötigen, um eine Entscheidung auf die lange Bank zu schieben, statt aktiv an die Hand zu nehmen.
Auch die ebenso oft wie gerne praktizierte Taktik, einen eigenen Entscheid durch Rückdelegation an andere Stellen zu umgehen, ist selten karrierefördernd. Das Mantra der Managerklasse der Neunzigerjahre („Stelle sicher, dass gute Entscheide dir zugeschrieben werden – und schlechte Entscheide deinem Gegner“) trägt im Zeitalter flacher Hierarchien und sozialer Medien nicht mehr zur Akzeptanz von Führungskräften bei.
Anders sieht es aus, wenn über eine Problemstellung mit allen Beteiligten und Anspruchsgruppen diskutiert wird. Dies, um dann zu beschließen, keinen Entscheid zu fällen. Sich bewusst gegen eine Wahl oder gegen eine Lösung eines Problems zu entscheiden, ist in vielen Fällen besser, als sich festzulegen, ohne vorher über die Optionen diskutiert zu haben.
Wer nicht auswählen kann oder nicht darf, kann sich damit trösten, dass rückblickend die Nichtentscheider zu einem fremden Entscheid die größere Zufriedenheit äußern, als die Entscheider selbst.[8]
7Strategie 7: Entschieden ist entschieden
Wir leben vorwärts und erkennen rückwärts. Entschieden ist entschieden. Nur wenige Entscheide haben unumstößliche Folgen, die dann – weil unumstößlich – auch nicht mehr zu ändern sind. Und darum nach einer Analyse auch keine Energie mehr binden dürfen. Denn ob richtig oder falsch, gut oder schlecht, einfach oder schwer, eines ist sicher: Der nächste Entscheid, der wiederum Energie kosten wird, kommt bestimmt.
8Bonus: Strategie 8
Für alle, die sich nicht für eine der vorangehend vorgestellten Strategien begeistern, offeriert Filmpuls hier unentgeltlich noch eine exklusive, zusätzliche achte Option mit einem Augenzwinkern: Verzichte auf Ausreden und entscheide, die sich im Zweifel einfach für das Richtige!
- Entscheidungen sind immer mit Unsicherheiten verbunden. Es gibt keine Möglichkeit, dies zu ändern. Allerdings ist es möglich, Annahmen zu treffen und diese mit seinen eigenen Gefühlen zu verbinden.
- Die Wissenschaft kennt sieben moderne Entscheidungsfindung-Methoden. Abhängig von der eigenen Persönlichkeit, kann jede dieser Strategien für sich allein, oder in Kombination mit einem anderen Modell beim Entscheiden helfen.
- Es gibt Situationen und Fälle, da ist es besser, einen Entscheid zu fällen, als keine Entscheidung zu treffen.
Edward de Bono ist ein Coach, Forscher und Spezialist für kreatives Denken. Er ist Erfinder der 6-Hüte-Methode. Dabei stehen 5 (symbolische) Hüte für fünf unterschiedliche Perspektiven in der Wahrnehmung eines zu lösenden Problems. Der sechste Hut ist das verbindende Element zwischen den anderen Hüten. De Bono’s 6-Hüte-Prinzip gilt als besonders geeignet zur Entscheidungsfindung bei Problemen, bei denen sich eine singuläre Betrachtungsweise (fälschlicherweise) gefestigt hat.
Deine Erfahrung ist gefragt!
Kennst du weitere Methoden bei der Entscheidungsfindung? Wenn ja, bitte lass es uns mit einem Kommentar wissen. Dasselbe gilt, wenn du eigene Erfahrungen, Tipps und Tricks mit unseren Lesern teilen und diskutieren möchtest. Wir freuen uns über jede Rückmeldung!
Verweise und Quellen: Entscheidungsfindung-Methoden
- [1] Antonio Damasio, Neurobiologe, University of Southern California
- [2] Daniel Kahneman /Amos Tversky, Kognitionswissenschafter
- [3] Sheena Lyengar, Psychologin, Columbia University, New York
- [4] Barry Schwartz, Psychologe, Swarthmore College, Pennsylvania
- [5] Hal Arkes, & Catherine Blumer, Ohio State University / Daniel Gilbert, Harvard
- [6] Ap Dijksterhuis, Universität Amsterdam
- [7] Daniel Fessler, UCLA
- [8] Simona Botti, Cornell University / Ann McGill, University of Chicago
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Dieser Artikel wurde erstmals publiziert am 13.12.2016