Videoproduktionen sind gezwungenermaßen Weltmeister beim Sparen. Kaum eine Filmkalkulation muss nicht nach unten korrigiert werden. Dabei geht die Qualität flöten. Das ist verwerflich. Nicht wegen der Budgetkürzungen. Sondern weil es auch anders geht, behauptet Carlo P. Olsson.
Es gibt kein Filmbudget, bei dem nicht gespart werden muss. Umso erstaunlicher ist die Tatsache, dass Kostenreduktionen regelmäßig komplett falsch und losgelöst von jeglichem Filmwissen angegangen werden.
Videoproduktionen sind immer teuer. Die Ansprüche des Kunden sind nicht kongruent zum verfügbaren Filmbudget. Der Regisseur kümmert sich nicht um Zahlen. Ein verzweifelter Mitbewerber steigt mit einer surreal tiefen Offerte in den Pitch. Nun gilt: Wer die eigenen Kosten nicht reduziert, fällt aus den Rennen.
Den Kampf um die Gunst des Auftraggebers gewinnt, wer überzeugt. Auch bezüglich der Kosten.
Man mag es unlauter finden, aber ich plädiere für eine strikte Trennung zwischen Kunden mit Filmkompetenz und solchen, die davon unbelastet sind.
Fehlt auf Kundenseite das Verständnis für die Mechanik der Videoproduktion, muss man sich als Anbieter nur an zwei Fragen orientieren. Erstens: wie gewinne ich den Auftrag? Zweitens: kann ich meine Versprechen einhalten? Ob dazu taktisch an den Zahlen gearbeitet wird oder ob man mit einer Pauschale arbeitet, das Ziel heiligt die Mittel.
Moralisch vertretbar ist dabei alles. Außer, den Kunden anzulügen oder mit falschen Qualitätsversprechen für den in Aussicht stehenden Auftrag zu ködern.
Schwieriger wird es, wenn der Auftraggeber sachkundig ist. Nicht darum, weil dieser infolge seines Wissens besser in der Lage ist, ein Budget zu prüfen, als dies ein unwissender Kunde kann! Wer heute ein Video einkauft, arbeitet immer mit einer Kostenvorgabe seiner vorgesetzten Stelle.
Passt die Kalkulation nicht in die Budgetvorgabe, gibt es zwei Möglichkeiten. Der Kunde, möglicherweise auch vertreten durch einen Agency Producer, unterbreitet selbst Vorschläge zur Kostenreduktion. Oder er bittet die Produktionsfirma, die Zahlen in der Offerte zu überarbeiten.
Ungeachtet, welche dieser beiden Situationen eintritt, zeigt sich spätestens jetzt die hässliche Fratze der Mutlosigkeit. Ausnahmen bestätigen die Regel. Es wird hier ein wenig getrimmt, da einige Euros gespart und dort um einige Arbeitsstunden gekürzt. Der Effekt: der Kostenrahmen sinkt. Und die Qualität geht flöten, weil das auf Kundenliebe gestoßene Konzept nur minimal anders an das reduzierte Videobudget adaptiert wird.
Der Teufel will es, dass diese Art Tretmine kaum erkennbar ist. 100 × 10 Euro gespart, reduziert ein Angebot um 1000 €. In Theorie und in einer Budgetbesprechung erscheinen diese Einsparungen harmlos. Dennoch führt ein solches Vorgehen zum selben Effekt, wie wenn man Luft aus einem Fußball ablässt. Die Auswirkungen zeigen sich erst im Ernstfall auf dem Spielfeld.
Filmschaffende und deren Auftraggeber tun darum gut daran, beim Wunsch nach Kostenreduktion radikaler zu denken. Das erfordert Rückgrat und Mut, denn der Schlüssel liegt immer im Video Konzept oder Drehbuch. Das Budget ist nur ein Spiegel davon.
Entscheidend für jede erfolgreiche Kostenreduktion ist immer die Integrität der Production Values. Nicht die Angst vor Umstellungen in einem Filmkonzept. Videos mit Blutarmut und ohne Muskeln zeugen vom fehlenden Willen, Einsparungen durch das Weglassen oder Umschreiben von Szenen oder Handlungsorten vorzunehmen.
Letzten Endes geht es bei jeder Budgeteinsparung darum, nicht nur die Dinge richtigzumachen, sondern die richtigen Dinge zu machen.
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